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Mindestlohn für Praktika: Mehr Geld, weniger Plätze

10.03.2017

Unternehmen investieren in Hochschulen und Studierende mehr als drei Milliarden Euro jährlich. Ihre Ausgaben für Praktikantenlöhne haben sich fast verdoppelt.

Gleichzeitig hat jedes sechste Unternehmen Praktikumsplätze wegen des Mindestlohns abgebaut, nach Berechnungen sind bis zu 53.000 Praktikumsplätze weggefallen. Das sind die Ergebnisse der Studie Bildungsinvestitionen der deutschen Wirtschaft, die vom Stifterverband zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) durchgeführt wurde.

Deutsche Unternehmen gaben im Jahr 2015 rund 3,3 Milliarden Euro für akademische Bildung aus. Im Jahr 2012 waren es noch rund 2,2 Milliarden Euro. Damit stiegen die Ausgaben der Wirtschaft für akademische Bildung jedes Jahr um durchschnittlich mehr als sieben Prozent. Die Verzahnung von akademischer Bildung und beruflicher Praxis ist für Unternehmer nach wie vor ein fundamentales Anliegen. Fast drei Viertel ihrer Investitionen fließen in duale Studiengänge und Praktika.

Dabei hatte die Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 erhebliche Auswirkungen: Praktikantenlöhne stiegen, das Angebot von Praktikumsplätzen sank.

Bildungsinvestitionen der Wirtschaft 2015
Quelle: IW Köln/IW Consult, Stifterverband
Bildungsinvestitionen der Wirtschaft 2015
Quelle: IW Köln/IW Consult, Stifterverband, Statistisches Bundesamt
Bildungsinvestitionen der Wirtschaft 2015
Quelle: IW Köln/IW Consult, Stifterverband
Bildungsinvestitionen der Wirtschaft 2015
Quelle: IW Köln/IW Consult, Stifterverband

 
Jedes sechste Unternehmen hat nach eigenen Angaben seine Praktikumsplätze wegen des Mindestlohns reduziert. Nach Berechnungen des Stifterverbandes und des IW Köln sind bei steigender Studierendenzahl bis zu 53.000 Praktikumsplätze von 2014 auf 2015 verloren gegangen. Das ist vor allem auf große Unternehmen zurückzuführen, die hauptsächlich längere und mindestlohnpflichtige Praktika anbieten. Mittelgroße Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern haben ihr Angebot an Kurz- oder Pflichtpraktika - bei denen der Mindestlohn nicht greift - aufrechterhalten.

Dabei hat die Wirtschaft aber ihre Investitionen in Praktika von 2012 auf 2015 um mehr als 50 Prozent erhöht (2012: 642 Mio. Euro; 2015: 975 Mio. Euro). Der starke Anstieg ist vor allem auf die höheren Praktikantenlöhne zurückzuführen. Anspruch darauf hat zwar nur eine Minderheit der Praktikanten, nämlich jene, die ein freiwilliges Praktikum absolvieren, das länger als drei Monate dauert. Trotzdem hat die Mindestlohneinführung insgesamt zu einer signifikanten Erhöhung des Lohnniveaus für studentische Praktika geführt.

"Die Ergebnisse zeigen, Praktikum ist nicht gleich Praktikum. Wir erkennen eine Tendenz zu einer Zweiteilung des Praktikumsangebots", resümiert Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. "Längere Praktika sind  sehr gut bezahlt, bieten die Möglichkeit des eigenständigen Arbeitens, werden aber aufgrund der Kosten immer seltener angeboten. Bei Kurzpraktika unter zwölf Wochen haben die Praktikanten dagegen seltener die Möglichkeit, aufgrund der Kürze eigene Projekte zu übernehmen oder selbständig verantwortungsvoll zu arbeiten."

"Die Ergebnisse der Studie geben Anlass darüber nachzudenken, wie mehr Studierende profitieren können, ohne dass weitere Praktikumsplätze bedroht sind", sagt Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes. "Die Dauer und somit die Qualität eines Praktikums sollte nicht nach Vergütung festgelegt werden, sondern nach dem Praktikumsziel. Bei der Entlohnung wäre zu beachten, dass Praktika halb Lern- und halb Arbeitsphasen sind. Der Stifterverband empfiehlt daher, dass sich die Bezahlung am halben Mindestlohn oder alternativ am BAföG-Höchstsatz orientieren sollte."

Die Studie Bildungsinvestitionen 2015 ist die größte Erhebung zu den Ausgaben der Wirtschaft für Hochschulen und Studierende in Deutschland. Sie wird seit 2009 im dreijährigen Turnus von Stifterverband und Institut der deutschen Wirtschaft Köln gemeinsam durchgeführt. An der Befragung nahmen 1.095 Unternehmen im Zeitraum Februar bis Mai 2016 teil.

 

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Mathias Winde (Foto: Damian Gorczany)
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