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Stifterverband und Plan Inter­national warnen: Deutschland könnte UN-Nachhaltigkeits­ziele verpassen

08.01.2019

Nicht einmal jedes zehnte Unternehmen in Deutschland kooperiert beim gesellschaftlichen Engagement mit international agierenden Nichtregierungsorganisationen. Das zeigt eine neue Studie von Stifterverband und der Kinderhilfsorganisation Plan International.

Die beiden Organisationen warnen: Die noch geringe Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und internationaler Zivilgesellschaft könnte den Erfolg der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie gefährden, die vor zwei Jahren am 11. Januar verabschiedet wurde. Mit dieser Leitlinie will Deutschland die von der Weltgemeinschaft definierten globalen Entwicklungsziele bis 2030 erreichen.

Kooperationen mit internationalen NGOs (Cover)

Ausgerechnet der Exportweltmeister Deutschland hat deutlichen Nachholbedarf, wenn es um die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und internationaler Zivilgesellschaft geht. Das zeigen die Zahlen aus einer Sonderauswertung von Stifterverband und Plan International, die erstmals für Deutschland repräsentative Daten zu dieser Fragestellung erhoben hat. Danach arbeiten fast alle Unternehmen in Deutschland (98 Prozent) im Rahmen ihres sozialen Engagements mit gesellschaftlichen Partnern zusammen. Die überwiegende Mehrheit der engagierten Unternehmen in Deutschland bringt sich jedoch vorwiegend auf lokaler (55 Prozent) und regionaler (28 Prozent) Ebene ein. Am häufigsten entscheiden sich die Firmen dabei für eine Kooperation mit lokalen Vereinen. Nur ein kleiner Anteil (9 Prozent) ist auch oder vorwiegend auf europäischer oder internationaler Ebene engagiert. Damit ist klar: Die Debatte um die globalen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen ist in der Breite der deutschen Wirtschaft noch nicht angekommen.

Bei der Kooperation zwischen Unternehmen und internationalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) spielt die Größe des Unternehmens keine entscheidende Rolle: Es gibt sowohl Kleinstunternehmen und kleinere Mittelständler, die eine internationale gemeinnützige Organisation unterstützen, wie auch mittelgroße Betriebe, die solche Kooperationen sorgfältig pflegen. Überdurchschnittlich häufig arbeiten nur Großkonzerne mit Standorten in verschiedenen Ländern mit internationalen NGOs zusammen. Besonders ausgeprägt ist die Kooperation von Unternehmen mit internationalen NGOs, wenn es um globale Themen wie Armut, Klimaschutz oder Menschenrechte geht.

"Die von den Vereinten Nationalen formulierten 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung können nur durch eine intensive Zusammenarbeit globaler Partnerschaften erreicht werden. Dafür wünschen wir uns ein Umdenken bei den Unternehmen", sagt Maike Röttger, Geschäftsführerin von Plan International, "Gerade größere und international agierende Unternehmen sollten sich zielgerichtet mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung auseinandersetzen und ihr Engagement möglichst langfristig aufsetzen."

Basis für die Studie ist der "Corporate Citizenship Survey" von Stifterverband und Bertelsmann Stiftung, die größte bundesweit repräsentative Befragung zum gesellschaftlichen Engagement von in Deutschland ansässigen Unternehmen.

"Unternehmen stehen in der Verantwortung, sich mit Augenmaß und auf gesellschaftliche Bedarfe ausgerichtet zu engagieren", sagt Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes. "Engagement für Bildung und Innovation in Deutschland einerseits und das Engagement für die von der Weltgemeinschaft ausgerufenen Entwicklungsziele andererseits gehören zusammen. Viele unserer Mitgliedsunternehmen verfolgen deshalb konkrete Projekte in Deutschland und darüber hinaus."

 

Der Corporate Citizenship Survey ist die größte bundesweit repräsentative Befragung zum gesellschaftlichen Engagement von in Deutschland ansässigen Unternehmen. Die neuen Daten bilden die Grundlage einer von Stifterverband und Bertelsmann Stiftung angeführten Gemeinschaftsinitiative zu Stärkung des gesellschaftlichen Engagements der deutschen Wirtschaft. Für den CC-Survey 2018 wurden zwischen September 2017 und Januar 2018 rund 120.000 Unternehmen angeschrieben. 7.368 Fragebögen konnten ausgewertet werden. Die auf diese Weise entstandenen Daten machen Aussagen über das Unternehmensengagement aufgeschlüsselt nach Bundesländern, Unternehmensgrößen, Branchen, Engagementbereichen und -themen möglich. Es wird ein CC-Survey 2020 folgen, um Verlaufsentwicklungen in den behandelten Themenfeldern nachzeichnen zu können.  

Bei der Veröffentlichung "SDGs konkret: Wie arbeitet die Wirtschaft mit internationalen NGOs zusammen?" handelt es sich um eine Sonderauswertung des entstandenen Datensatzes. Im Mai und im Dezember 2018 wurden auf Basis der erhobenen Daten bereits erste Ergebnisse zum gesellschaftlichen Engagement der deutschen Wirtschaft veröffentlicht. 

In 2019 planen die Projektbeteiligten, den Datensatz des CC-Survey 2018 für wissenschaftliche Zwecke aufzubereiten und zu veröffentlichen. Forscher können die Daten dann nutzen, um weitere Analysen vorzunehmen.

Im Stifterverband haben sich rund 3.000 Unternehmen, Unternehmensverbände, Stiftungen und Privatpersonen zusammengeschlossen, um Wissenschaft und Bildung gemeinsam voranzubringen. Mit Förderprogrammen, Analysen und Handlungsempfehlungen sichert der Stifterverband die Infrastruktur der Innovation. Der Stifterverband ist darüber hinaus einer der wichtigsten Förderer des Stiftungswesens in Deutschland. Er setzt sich für eine starke und lebendige Zivilgesellschaft ein und ermutigt und unterstützt Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren wollen.

ZiviZ im Stifterverband ist eine Tochtergesellschaft des Stifterverbandes. Als Think & Do Tank kanalisiert ZiviZ das Engagement des Stifterverbandes für die Zivilgesellschaftsforschung und -praxis.

Plan International ist eine religiös und weltanschaulich unabhängige Hilfsorganisation, die sich weltweit für die Chancen und Rechte der Kinder engagiert: effizient, transparent, intelligent. Seit mehr als 80 Jahren arbeitet sie daran, dass Mädchen und Jungen ein Leben frei von Armut, Gewalt und Unrecht führen können. Dabei bindet Plan Kinder in über 70 Ländern aktiv in die Gestaltung der Zukunft ein. Die nachhaltige Gemeindeentwicklung und Verbesserung der Lebensumstände in den Partnerländern ist das oberste Ziel. Plan reagiert schnell auf Notlagen und Naturkatastrophen, die das Leben von Kindern bedrohen. Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen bestärken Plan in seinem Engagement für die Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen. Das globale Ziel: 100 Millionen Mädchen sollen lernen, leiten, entscheiden und ihr volles Potenzial entfalten.