Die Corona-Krise hat den Fort- und Weiterbildungsmarkt in Deutschland beschleunigt digitalisiert: Vor Beginn der COVID-19-Pandemie standen 35 Prozent der Angebote digital zur Verfügung, heute sind es 54 Prozent. Die deutsche Wirtschaft hat die Bedeutung von Qualifizierung in Krisenzeiten erkannt. Doch obwohl der Vermittlungsbedarf in Zukunftsfähigkeiten wie digitalen und technologischen Kompetenzen rasant wächst, sinkt aufgrund der eingetrübten Wirtschaftslage das Qualifizierungsbudget bei 21 Prozent der Unternehmen; bei 49 Prozent stagniert es. Sie brauchen eine konkrete Fort- und Weiterbildungsstrategie und für deren Umsetzung mehr Unterstützung von Politik und Verbänden. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie "Die Zukunft der Qualifizierung in Unternehmen nach Corona". Die Verfasser Stifterverband und McKinsey & Company haben dafür im August 550 Unternehmen in Deutschland befragt.
"Die Corona-Pandemie erhöht den Veränderungsdruck auf Unternehmen – und damit auch auf ihr Personal", resümiert Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes. "Egal wo – ob im Einzelhandel, in der Logistik oder im Handwerk – fast alle Berufe werden künftig digital geprägt sein. Das heißt, Zukunftskompetenzen müssen in großem Maße ausgebildet werden. Nachdem die Unternehmen während der Krise gut reagiert haben, benötigen sie nun langfristige Strategien, die auf die Unternehmensziele abgestimmt sind."
Seit März 2020 ist allein der Anteil an Weiterbildungen in den digitalen Schlüsselqualifikationen um 75 Prozent gestiegen. Mitarbeiter mussten schnell geschult werden, um digital lernen und arbeiten zu können. Künftig wird auch die Weiterentwicklung in den technologischen Fähigkeiten wie nutzerzentriertes Designen oder komplexe Datenanalyse im Fokus stehen.
Um den weiter rasant wachsenden Qualifizierungsbedarf erfolgreich zu bewältigen, brauchen Unternehmen klare Fort- und Weiterbildungsstrategien. Für deren Umsetzung bedarf es innovative Lernformate, genaue Kenntnis über tatsächlich benötigte Fähigkeiten und eine IT-Infrastruktur, um dezentrales Lernen zu ermöglichen. Am Ende bedarf es auch eine systematische Messung von Lernerfolgen. Lediglich 36 Prozent der befragten Unternehmen loten aus, welche Wirkung ihre Weiterbildungsangebote haben.
"Unternehmen stehen bei dem Thema Qualifizierung vor einem großen Transformationsprozess", fasst McKinsey-Partnerin Julia Klier die Ergebnisse der Studie zusammen. "Die künftigen Weiterbildungsstrategien müssen auf eine integrale und unternehmensweite Kultur des lebenslangen Lernens ausgerichtet sein. Daran kommen erfolgreiche Unternehmen im digitalen Zeitalter nicht vorbei."
Für die Umsetzung der Qualifizierungsstrategien benötigen die Unternehmen nach Ansicht von Stifterverband und McKinsey nicht nur die Unterstützung der Politik, sondern auch die Begleitung von Verbänden und Sozialpartnern. Diese könnten branchenspezifische Future-Skills-Anforderungen definieren. Julia Klier: "Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen ist es eine große Herausforderung, den konkreten Kompetenzbedarf zu benennen."
Die gezielten Qualifizierungsangebote sollten auf einer gemeinsamen Plattform gebündelt werden. Die von der Bundesregierung angestoßene Verknüpfung von Kurzarbeit und Qualifizierung müsse gestärkt sowie ein leichterer Zugang zu Fördermitteln gemäß des Qualifizierungschancengesetzes ermöglicht werden. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die steuerlich Absetzbarkeit von Homeoffice sowie die steuerlichen Begünstigungen der Anschaffung von privaten Endgeräten für die Arbeit und Qualifizierung zu Hause noch zeitgemäß sind.