Auf dem Forschungsgipfel Roundtable 2020 Ende letzten Jahres haben hochrangige Wissenschaftler, Unternehmer und Politiker diskutiert, wie die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie genutzt werden können, um Stärken des deutschen Forschungs- und Innovationssystems auszubauen. Andreas Barner, Präsident des Stifterverbandes, Gerald Haug, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Uwe Cantner, Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), und Georg Schütte, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, haben in einem Ergebnispapier die wichtigsten Empfehlungen zusammengefasst.
Die zentralen Ergebnisse:
Europa stärken, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden. Globale Lieferketten von Unternehmen werden in weltweiten Krisensituationen zur „Achillesverse der Wirtschaft“. Zugleich hat sich gerade während der Pandemie die Kreativität gleichberechtigt kooperierender, internationaler Partner in Forschung, Zulieferung und Vertrieb als großer Gewinn für Resilienz und Agilität erwiesen. Deutschland und Europa müssen daher einerseits ihre technologische Souveränität stärken, andererseits braucht es offene Grenzen, weltweite Arbeitsteilung und Kooperation sowie die strategische Abstimmung von Forschungs- und Innovationsprogrammen zwischen Deutschland und der Europäischen Union. Nachhaltigkeit und Digitalisierung sollten hierbei ganz oben auf der Agenda stehen. Die innereuropäische Zusammenarbeit in anwendungsorientierter Forschung für Schlüsseltechnologien soll beschleunigt und gestärkt werden. Dafür muss der Staat die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.
Internationale Kooperation in der Wissenschaft stärken. Eine offene Innovationskultur und internationale Zusammenarbeit haben die schnelle Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen ermöglicht. Offene Grenzen, Mobilität von Wissenschaftlern und international geteilte Forschungs- und Produktionsplattformen gelten als wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Krisenbewältigung. Deshalb sollen diese auch künftig gefördert werden.
Gesellschaftliche Bedeutung herausragender Wissenschaft Rechnung tragen. Standards für Transparenz und Qualität von Forschungsarbeiten müssen überprüft und international verankert werden. So wird das Vertrauen der Menschen in Forschungsergebnisse gestärkt. Die Wissenschaft soll sich gerade im transformativen Wandel weiter „mit Ad-hoc-Stellungnahmen in der evidenzbasierten, interdisziplinären und unabhängigen Beratung von Politik und Öffentlichkeit engagieren“. Hierfür ist der Rückgriff auf einen immerwährend aktualisierten Wissensspeicher die zentrale Voraussetzung.
Begeisterung schaffen für mehr Mut kreativ Denkender. Für exzellente Forschung und Entwicklung „made in Germany“ oder „made in Europe“ sollen Schulen und Hochschulen mehr Experimentierräume schaffen. Junge Menschen hätten hier die Chance, Ideen von der Theorie in die Praxis umzusetzen. Wichtig ist der intensive Ausbau der Förderung von Sprunginnovationen durch gezielte Vergabe von Fördergeldern für risikoreiche Forschungsvorhaben und durch einen radikal vereinfachten Wissenstransfer. Deutschland braucht eine neue Innovationskultur, „die Mut zum Risiko honoriert und auf Fokussierung statt auf Breitenförderung setzt“.
Chancen der Digitalisierung nutzen. Deutschland braucht einen offeneren und schnelleren Zugang zu öffentlichen Daten. Voraussetzung dafür ist eine sichere wie leistungsstarke technische Infrastruktur und exzellent ausgebildetes Personal. Die Europäische Union soll Standards setzen, „die die gemeinwohlorientierte Nutzung von Daten zu Zwecken der Forschung, des Gesundheitsschutzes und der Krisenbewältigung besser ermöglichen als bisher.“ Diese sind auch in eine übergeordnete Data-Governance-Architektur einzubinden.
Zum Forschungsgipfel Roundtable
Aufgrund der Absage des regulären Forschungsgipfels 2020 wegen der Corona-Pandemie haben die Initiatoren des Forschungsgipfels ein neues, exklusives Format ins Leben gerufen. Am 17. November 2020 haben sie den ersten Forschungsgipfel Roundtable veranstaltet. Rund 30 hochrangige Entscheider aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik haben über die Auswirkungen der Corona-Krise auf Forschung und Innovation und über die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen debattiert. Der nächste reguläre Forschungsgipfel ist für den 19. Mai 2021 geplant.