Trotz großer Beliebtheit: Sportvereine in Deutschland suchen Ehrenamtliche

Eine neue Sonderauswertung des ZiviZ-Surveys 2023 beleuchtet die aktuelle Situation von Sportvereinen in Deutschland.

24.09.2024

Sportvereine in Deutschland stehen weiterhin im Zentrum des gesellschaftlichen Zusammenlebens und fungieren als wichtiger Integrationsanker, insbesondere im ländlichen Raum. Zugleich fällt es Sportvereinen immer schwerer, Ehrenamtliche zu gewinnen. Dies sind zentrale Ergebnisse der neuen Studie "Sportvereine unter Druck: Gesellschaftliche Integrationsanker mit Problemen in der Mobilisierung von Ehrenamtlichen". Sie basieren auf einer Sonderauswertung des ZiviZ-Surveys 2023 im Auftrag des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Der ZiviZ-Survey ist eine repräsentative Befragung von knapp 13.000 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus ganz unterschiedlichen Engagementfeldern. Der Fokus der Studie liegt insbesondere auf dem Vergleich der Entwicklungen und Herausforderungen von Sportvereinen mit jenen in anderen Engagementfeldern, wie Bildung, Kultur, Freizeit und Soziales.

 

Zentrale Akteure der gesellschaftlichen Integration mit hohem Zuspruch

Die Ergebnisse der neuen ZiviZ-Studie zeigen: Sportvereine machen 22 Prozent aller zivilgesellschaftlichen Organisationen aus. In keinem anderen Feld – ob Bildung, Kultur oder Soziales – verorten sich mehr Organisationen in Deutschland. Und auch die Mitgliederstatistik des DOSB zeigt, dass der Zuspruch und die Nachfrage nach Sportvereinsangeboten ungebrochen hoch sind. So meldet der organisierte Vereinssport im DOSB mit 27,8 Millionen Mitgliedschaften für das Jahr 2023 ein neues 10-Jahres-Hoch. Hier scheinen vor allem die Kampagnen und Maßnahmen für den Vereinssport nach der Corona-Zeit, ihre positive Wirkung zu entfalten.

Gegenläufig ist allerdings der Trend bei der Gesamtzahl der Sportvereine. Die ZiviZ-Studie zeigt, dass der Anteil der Sportvereine an allen zivilgesellschaftlichen Organisationen seit 2012 von 25 auf 22 Prozent gesunken ist. Auch die Daten der DOSB-Bestandserhebung deuten im Längsschnitt auf einen leichten, kontinuierlichen Rückgang der eingetragenen Vereine von über 91.000 im Jahr 2011 auf unter 87.000 im Jahr 2023 hin. Gründe hierfür könnten Fusionen, die Bildung von Spielgemeinschaften und die Auflösung von kleineren Vereinen sein. Diese gegenläufige Entwicklung – mehr Vereinsmitgliedschaften im Sport, aber weniger Sportvereine insgesamt – gilt es in Zukunft noch stärker in den Blick zu nehmen. 

 

Mobilisierung von Ehrenamtlichen: Ein wachsendes Problem

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist die zunehmende Schwierigkeit, Ehrenamtliche zu mobilisieren. Im Vergleich zu anderen Engagementfeldern berichten Sportvereine besonders häufig von Problemen bei der Gewinnung von Freiwilligen. 27 Prozent der Vereine verzeichnen zwischen 2017 und 2022 einen Rückgang der Engagierten, während nur 17 Prozent von einem Anstieg berichten. Besonders herausfordernd ist die Gewinnung von Personen für dauerhafte Engagements und ehrenamtliche Leitungs- und Führungspositionen: Nur 13 Prozent der Vereine geben an, dass ihnen dies leichtfällt. Ähnliche Befunde sind aus den Ergebnissen der Sonderauswertung Sport des Freiwilligensurveys sowie der Sportentwicklungsberichte zu entnehmen.

 

Öffnung für Engagierte, die keine Mitglieder sind – ein langsamer Prozess

Während sich viele zivilgesellschaftliche Organisationen zunehmend für Engagierte öffnen, die keine Mitglieder sind, verläuft dieser Prozess in Sportvereinen langsamer. 2022 arbeiteten 76 Prozent der Sportvereine ausschließlich mit Mitgliedern als Engagierten – ein Rückgang vergleichen mit 86 Prozent im Jahr 2012, jedoch langsamer als in anderen Bereichen wie den sozialen Diensten oder im Umweltschutz. Ein Grund dafür könnte die hohe Anforderung an Dauerhaftigkeit und Qualifikation für viele Engagementformen sein, etwa Trainerämter oder im Kampf- und Schiedsrichterwesen, die die Einbindung von Nicht-Mitgliedern erschweren.

 

Zunahme alternativer Sportvereine mit neuen Konzepten

Interessanterweise zeigt die Studie auch, dass immer mehr "alternative" Sportvereine entstehen, die sich bewusst vom klassischen Sportmodell abgrenzen. Diese neuen Vereine und Organisationsformen verfolgen häufig andere Ziele und Angebote, die weniger auf streng reglementierte Sportarten, Leistungssport oder die Teilnahme an von Verbänden organisierten Wettkämpfen ausgerichtet sind.

Umso mehr müssen sich die bestehenden und traditionellen Sportvereine die Frage stellen, wie sie ihre Rolle in einer sich wandelnden Gesellschaft zukünftig definieren: Was für eine Organisation wollen und können wir sein? Wo liegen unsere Ziele, Schwerpunkte und Inhalte? Welche Zielgruppen möchten wir ansprechen? Wie können wir uns aufstellen, dass die Engagierten den Aufgaben und der Erwartungshaltung der Mitglieder besser gerecht werden können?

 

Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) ist ein Think&Do-Tank im Stifterverband, der mit Datenerhebungen und -analysen evidenzbasierte Entscheidungen ermöglicht. ZiviZ unterstützt Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik auf ihren Wegen zu einem wirksamen Engagement. ZiviZ arbeitet sektorenübergreifend und deckt mit dem ZiviZ-Survey und dem Monitor Unternehmensengagement die volle Bandbreite zivilgesellschaftlichen Engagements ab.

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Peter Schubert (Foto: Damian Gorczany)
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Dr. Peter Schubert

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