Informatikunterricht kommt weiterhin zu kurz

Immer mehr Kinder erhalten Informatikunterricht im Laufe ihrer Schullaufbahn. Im Schuljahr 2024/25 leben knapp drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler in Bundesländern, in denen Informatik als Pflichtfach eingeführt wurde. Für die meisten von ihnen bleibt es allerdings bei einer einzigen Stunde Informatikunterricht pro Woche in einem oder maximal zwei Schuljahren. Das ist bei Weitem nicht genug, um die Schule mit den grundlegenden digitalen und informatischen Kompetenzen zu verlassen. Welchen Umfang es braucht und wo die dafür benötigten Lehrkräfte herkommen, zeigt der aktuelle Informatik-Monitor 2024/25 von Gesellschaft für Informatik, Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung.

16.10.2024

Jedes Jahr erhebt der Informatik-Monitor, wie es um den Informatikunterricht in Deutschland steht: Mit Beginn des Schuljahres 2024/25 wird die Zahl der Bundesländer, die einen verpflichtenden Informatikunterricht eingeführt haben, von sieben auf neun steigen. Nach aktuellen Ergebnissen erhalten somit 71 Prozent der Schülerinnen und Schüler während der gesamten Sekundarstufe I in Deutschland verpflichtenden Informatikunterricht im Umfang von mindestens einer Wochenstunde (das entspricht mindestens einer Stunde pro Woche in einem einzigen Schuljahr). Fünf Jahre zuvor traf dies auf 33 Prozent der Schulkinder zu.

Mehrheitlich findet der Unterricht im Pflichtfach Informatik jedoch nur in geringem Umfang von ein bis zwei Wochenstunden statt. Sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler erhalten den von der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz empfohlenen Umfang von sechs Wochenstunden in der Sekundarstufe I (also beispielsweise eine Stunde pro Woche über sechs Schuljahre). Somit besteht weiterhin großer Handlungsbedarf, verpflichtenden Informatikunterricht sowohl in der Breite als auch in der Tiefe zu etablieren.

 

Best Cases gegen den Lehrkräftemangel

Bei der Einführung des Pflichtfachs stellt der Lehrkräftemangel im Fach Informatik eine erhebliche Herausforderung dar. Allerdings zeigen einzelne Bundesländer vielversprechende Beispiele dafür, wie der Bedarf durch Weiterbildungsmaßnahmen gedeckt werden kann. Nordrhein-Westfalen bildete beispielsweise im letzten Jahr 336 Lehrkräfte für eine Lehrbefähigung in Informatik in der Sekundarstufe I weiter, das Saarland 88. Bundesweit machten diese Weiterbildungen bereits angestellter Lehrkräfte rund drei Viertel aller neuen Informatiklehrkräfte aus. Ein Viertel setzte sich aus Neueinstellungen grundständig ausgebildeter Lehrkräfte oder Quer- und Seiteneinsteigern zusammen.  

Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes: "Das häufigste Argument der Landesvertreterinnen und -vertreter gegen eine Einführung des Pflichtfachs Informatik ist der Lehrkräftemangel. Viele Bundesländer haben aber beeindruckende Erfolge bei der Weiterbildung von Informatik-Lehrkräften. Unsere Analysen zeigen: Das Problem ist lösbar, wenn man es anpackt."

Anna Sarah Lieckfeld, Teamleitung Bildung und Gesellschaft der Gesellschaft für Informatik: "Flächendeckender, verpflichtender Informatikunterricht baut Bildungsungleichheit ab, da er allen Kindern einen Zugang zu zeitgemäßer Bildung ermöglicht. Zukünftigen gesellschaftlichen Anforderungen können wir nur gerecht werden, indem wir allen Facetten digitaler Bildung den entsprechenden Stellenwert in den Schulen einräumen. Dies kann nur durch eine Verbindlichkeit der Informatik im Fächerkanon erreicht werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Mädchen und junge Frauen frühzeitig mit informatischen Themen wie Algorithmen und Problemlösen in Kontakt kommen. Und es ist an der Zeit, dass dies selbstverständlich wird."

Horst Nasko, Vorstand der Heinz Nixdorf Stiftung: "Junge Menschen wachsen heute in einer digitalen Welt auf und Schulen müssen sie darauf vorbereiten. In vielen Bundesländern wird Informatik allerdings nur eine oder zwei Stunden gelehrt – über die gesamten sechs Jahre der Sekundarstufe I hinweg. Das ist viel zu wenig. Informatik sollte in jedem Schuljahr eine Stunde auf dem Stundenplan stehen, also sechs Stunden in der gesamten Sekundarstufe I."

 

Raum schaffen in der Stundentafel

Um den Ausbau des Pflichtfachs Informatik weiter voranzutreiben, muss vor allem Raum in den Stundentafeln geschaffen werden. Um eine Überbelastung der Schülerinnen und Schüler zu vermeiden, kann eine Aufstockung der Gesamtstundenzahl nicht die einzige Lösung sein. Durch eine Aufstellung der Stundentafeln der verschiedenen Schularten in den Bundesländern schafft der Informatik-Monitor Transparenz über Unterschiede zwischen den Ländern und zeigt, wie einzelne Bundesländer den Informatikunterricht integriert haben.

Zudem müssen auch andere Möglichkeiten zur Gewinnung von Informatiklehrkräften ausgeschöpft werden. Über www.informatiklehrerin.de bietet die Gesellschaft für Informatik einen Überblick über die unterschiedlichen Wege in den Beruf sowie Beratungsangebote zu Weiterbildungen für bestehende Lehrkräfte. Erfolgreiche Modelle einzelner Bundesländer können dabei als Blaupause dienen.

 

Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) ist die größte Fachgesellschaft für Informatik im deutschsprachigen Raum. Seit 1969 vertritt sie die Interessen der Informatikerinnen und Informatiker in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik und setzt sich für eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung ein. Mit 14 Fachbereichen, über 30 aktiven Regionalgruppen und unzähligen Fachgruppen ist die GI Plattform und Sprachrohr für alle Disziplinen in der Informatik. Die GI hat sich Ethische Leitlinien gegeben, die Ihren Mitgliedern als Orientierung dienen.

Der Stifterverband ist eine Gemeinschaft von rund 3.500 engagierten Menschen, Unternehmen und Organisationen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Ziel seiner Arbeit ist, Bildung und Wissenschaft neu zu denken und zu gestalten, um die Innovationskraft der Gesellschaft nachhaltig zu stärken. Als zentraler Impulsgeber analysiert er aktuelle Herausforderungen, fördert Modellprojekte und ermöglicht deren Verbreitung in vielfältigen Netzwerken. Er vernetzt Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, entwickelt gemeinsam Ideen und stößt politische Reformen an. In seinem Wirken konzentriert er sich auf zwei Handlungsfelder: "Bildung und Kompetenzen" sowie "Kollaborative Forschung und Innovation".

Die Heinz Nixdorf Stiftung unterstützt unterschiedliche soziale Projekte rund um Themen wie Technologie und Technik in Deutschland. Die Heinz Nixdorf Stiftung mit Sitz in München ist eine gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts, welche aus dem Nachlass des 1986 verstorbenen Geschäftsmannes Heinz Nixdorf hervorgegangen ist. Sie ist eng mit der Stiftung Westfalen verbunden, welche ebenfalls durch den Nachlass des Namensträgers begründet wurde.

 

Pressekontakt

Alexandra Resch

Gesellschaft für Informatik e.V. (GI)
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