Katharina Anna Zweig von der Technischen Universität Kaiserslautern erhält die Auszeichnung für ihre engagierte und vielseitige Kommunikation zu den ethischen, politischen und gesellschaftlichen Implikationen von Algorithmen und deren Einsatz.
Mit einer gut durchdachten Kommunikationsstrategie und einer großen Breite an Formaten und Kanälen gelinge es Zweig, sehr unterschiedliche Zielgruppen mit dieser komplexen und zugleich gesellschaftlich hoch relevanten Thematik in Berührung zu bringen. Sie versuche nicht nur, Einblick in die Entwicklung und den Einsatz von Algorithmen zu ermöglichen, sondern vor allem auch eine differenzierte Debatte über ihren Einsatz zu erreichen. Zweig betreibe ihre Aktivitäten in überaus engagierter Weise, um den medialen und öffentlichen Dialog über die digitale Transformation und deren gesellschaftliche Folgen voranzutreiben.
Nach einem Doppelstudium der Biochemie und der Bioinformatik in Tübingen, Postdoc-Studien zur Analyse komplexer Netzwerke in Budapest und Heidelberg ging sie 2012 an die TU Kaiserslautern und leitet am dortigen Fachbereich Informatik das Algorithm Accountability Lab. Hier schuf sie den deutschlandweit ersten Studiengang "Sozioinformatik", der die Auswirkungen der Digitalisierung, namentlich der Algorithmen, auf Individuum, Organisationen und Gesellschaft untersucht. Dabei ist es ihr ein besonders Anliegen, Wissenschaftskommunikation auch in die Lehre zu integrieren und ihre Studierenden für den Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen zu sensibilisieren. Der innovative Studiengang wurde 2017 mit dem Ars-legendi-Fakultätenpreis in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik ausgezeichnet.
Als Informatikerin hat sich Zweig durch interdisziplinär ausgerichtete und öffentlich geförderte Forschungsvorhaben einen Namen gemacht. Seit 2014 ist sie auch Projektleiterin im DFG-Schwerpunktprogramm "Algorithms for Big Data". Sowohl mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit als auch mit deren öffentlicher Vermittlung gilt sie als Wegbereiterin eines wissensbasierten und kritischen Dialogs zu Algorithmen/Software und gesellschaftlichem Wandel.
Viele von Zweigs Forschungsthemen sind von hoher gesellschaftlicher und politischer Aktualität, etwa bei Debatten um Fake News oder dem aktuellen Streit über die Urheberrechtsreform in Europa. Zweig setzt bei ihrer kommunikativen Arbeit auf klassische und neue Medienformate: Das Spektrum reicht von Interviews und Beiträgen in Print, TV und Hörfunk über Social-Media-, speziell Twitter-Aktivitäten, Unterrichts- und Lehrmaterialien bis zur Mitarbeit an Ausstellungen ("(Ohne) Schlüssel und Schloss – Chancen und Risiken von Big Data", Kaiserslautern 2018). Zusammen mit Journalisten hat sie die Bürgerinitiative und Plattform Algorithm Watch mit dem Ziel gegründet, die Öffentlichkeit über die Wirkungsweise von Algorithmen aufzuklären, diese gemeinsam zu beobachten sowie an einer sinnvollen Regulierung von algorithmischen Entscheidungssystemen mitzuwirken. Das Projekt und seine Initiatoren erhielten 2018 die Theodor-Heuss-Medaille.
Über ihre Medienarbeit und zahlreiche Vortrags- und Veranstaltungsbeiträge hinaus bringt Zweig ihre Expertise in Gremien, Kommissionen und Organisationen ein, unter anderem in die Enquete-Kommission "Künstliche Intelligenz" des Deutschen Bundestages, in den ITA-Beraterkreis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung oder als Sachverständige in die Bund-Länder-Kommission "Intermediäre". Sie selbst versteht ihre Forschungsarbeit und deren Kommunikation als zivilgesellschaftliches Engagement, wobei es eines ihrer Anliegen ist, gesellschaftliche Akteure – seien es Journalisten, Bürger oder Schüler – aktiv einzubinden.
Die offizielle Preisverleihung fand am 1. Juli 2019 im Rahmen der Jahresversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Rostock statt. DFG-Präsident Peter Strohschneider und der Präsident des Stifterverbandes, Andreas Barner, haben Katharina Anna Zweig ein vom Künstler Michael Bleyenberg gestaltetes Hologramm überreicht, das die Bedeutung der Transparenz in der Wissenschaft symbolisiert.