Die Sprachen der Erde lassen sich danach einteilen, welche ihrer Nominalausdrücke einen Plural bilden. Hat eine Sprache überhaupt den Plural, dann bildet sie ihn auf jeden Fall beim Personalpronomen mit Sprecherbezug (ich – wir), danach für den Adressaten (du – ihr), es folgen die Pronomina der dritten Person (er – sie, mancher – manche, viel – viele …), dann Bezeichnungen für Verwandtschaft, für Personen, für Belebtes und schließlich für Nichtbelebtes. Offenbar ist die Bildung der Mehrzahl umso wichtiger, je näher das Bezeichnete auf den Menschen bezogen ist. Man spricht hier von einer Belebtheitshierarchie, nach der die Nominalausdrücke, allen voran die Pronomina und Substantive, geordnet werden können. Diese Hierarchie liegt zahlreichen und sehr unterschiedlichen grammatischen Strukturierungen in vielen Sprachen zugrunde. Sie ist uns in einer früheren Kolumne beispielsweise als verantwortlich für die Grundreihenfolge der Satzglieder des Deutschen begegnet.
Das Deutsche gehört zu den Sprachen, die im Prinzip für sämtliche Nominale einen Plural bilden. Einschränkungen sind möglich, etwa wenn die Bedeutung eines Wortes keine Mehrheit zulässt wie bei den Pronomina einer und jeder. Eben dies unterstellt man auch für bestimmte Substantive. Wenn das Bezeichnete in irgendeinem Sinn einzig zu sein scheint, wird auf Plurallosigkeit des Wortes geschlossen. So kommt es zur Rede von „falschen Pluralen“, von Pluralen also, die es eigentlich nicht geben sollte. In älteren Grammatiken, Wörterbüchern und Sprachratgebern tauchen sie häufiger auf als in neueren, aber ausgestorben sind sie nicht. Es geht im ersten Schritt nur um die Frage, welche Substantive einen Plural bilden können, und nicht schon darum, wie er gebildet wird.