Die Sprengmeisterin

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Foto: iStock/ graphorama
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Unter den deutschen Ökonomen ist Silja Graupe wahrlich eine Außenseiterin. Ihre Spezialität: Sie sprengt die Grenzen ihres Wissenschaftsgebietes mithilfe der Philosophie auf. Und weil ihr die herkömmliche Ökonomiebildung an staatlichen Hochschulen zu weltfremd und starr ist, gründete Graupe mit anderen eine eigene Hochschule.

Als Studentin musste Silja Graupe an einer japanischen Hochschule auf die harte Tour lernen, dass ein wissenschaftliches Paradigma nicht einfach so verletzt werden darf, schon gar nicht von einer Grünschnabel-Ökonomin. Ihre Studienarbeit zur japanischen Finanzkrise zerriss der betreuende Professor damals in der Luft. Er brüllte sie auf dem Campus urplötzlich an – und sie hatte keinen blassen Schimmer, was das sollte. Später, in Berlin, erkannte ein Professor dann genau diese Arbeit mit einer sehr guten Note an. Dort war das japanische Ökonomie-Paradigma kein Thema. Da gibt es ein anderes.

„Wie kann sich das Ökonomische mit sozialen und ökologischen Ideen verbinden? Das wird in staatlichen Strukturen in der Ökonomie weder gelehrt noch erforscht, was ich Staatsversagen nenne.“

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Silja Graupe
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Silja Graupe
Präsidentin der Cusanus Hochschule

Heute ist Silja Graupe Professorin für Ökonomie und Philosophie – und eine wahre Spezialistin für Denkverbote in Wissenschaft und Bildung. Wenn sie solche wittert, erwacht ihr Tatendrang: Wie weit lassen sich diese imaginären Verbotsschilder in Wissenschaft und Lehre verschieben, bis man tatsächlich an problematische Grenzen stößt, wie beispielsweise juristische Grenzen? Sie probiert es nicht nur selbst immer wieder aus. Sie motiviert auch andere, es ihr gleichzutun. Längst fand sie heraus: Die Angst anzuecken, sei beim Gros der Wissenschaftler größer als der Schaden, der entstehen könne, wenn man über Denkverbote hinaus gehe.

Graupe schwimmt nicht nur gegen den Strom der Marktideologen. Sie erfindet an der privaten Cusanus Hochschule in Bernkastel-Kues gemeinsam mit ihren Mitstreitern auch die ökonomische Bildung neu. Experimentiert wird mit Lehrinhalten und Lernformen, die weitaus mehr Freiräume im Denken und Handeln zulassen als in der herkömmlichen Ökonomielehre sonst üblich. An der Cusanus Hochschule sollen Studierende einen schöpferischen Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit lernen. Sie sollen unbedingt auch selbst handeln und nicht bloß Erkenntnisse sammeln: Wie lassen sich soziale und ökologische Ideen in die weltweite Ökonomie integrieren, wie kann man selbst verantwortlich wirtschaften, der Gesellschaft ein weitaus verträglicheres Wirtschaftssystem ermöglichen? 

Für Silja Graupe sind ein freies, kreatives, unverfügbares Denken und das ökonomische Wissensfeld keine unüberwindbaren Gegensätze – sie gehören zusammen. Algorithmen und mathematische Modelle findet sie gut. Die Professorin kritisiert aber, wie diese derzeit in Bildung und Wissenschaft dargestellt und vermittelt werden. Immer mehr Studierende könnten zwischen Modell und Realität gar nicht mehr unterscheiden, was Graupe bedenklich findet. Ihr geht es darum, den freien, schöpferischen Geist wieder in Wirtschaftsprozesse zurückzuholen. 

Hören Sie hier das Gespräch mit Silja Graupe

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Illustration: Graphorama
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