Der österreichische Expeditionsschreiber Dr. Karl von Scherzer brachte im Jahr 1858 vier Wochen in Sydney mit der Erforschung „der Australier” zu: „Zu gewissen Zeiten versammeln sich mehrere Familien oder Stämme, um beim Lichte des Vollmondes Tänze, sogenannte Korropori’s, aufzuführen. Diese Tänze sind eben so sinn- als zwecklos; man springt oft ganze Nächte lang bis zur vollkommensten Ermüdung herum, und dies ist zugleich die einzige lebhafte Äusserung ihres Gemüthes, welches sonst in thierischer Dumpfheit befangen dahinbrütet.”[1] So konnte man im 19. Jahrhundert noch schreiben – jedenfalls, wenn man nicht damit rechnen musste, nach Sinn und Zweck der Wiener Gesellschaftstänze befragt zu werden. Später sahen die Ethnografen dann das Licht und wurden anständige, vorurteilslose Bürger, nannten die Bewohner anderer Gegenden nicht mehr wild und auch nicht primitiv und brachten nur noch gründlich Beobachtetes und von einheimischen Fachleuten Bestätigtes zu Papier.
So hatte ich mir das jedenfalls vorgestellt, bevor ich mit dem Schreiben dieses Beitrags begann. In der Ethnografie arbeitet man schon lange nicht mehr so, wollte ich sagen, und nur beim Schreiben über fremde Kulturen im Netz ist es immer noch erlaubt und üblich. Aber geschichtliche Entwicklungen benehmen sich vor dem Betrachter wie ein Wurf Kätzchen beim Fotografen, sie sitzen nicht gern in einer Reihe und halten still, und falls man sie doch einmal so aufs Bild bekommt, dann hat man einen irreführenden Ausschnitt aus dem Geschehen festgehalten.