Das Energiepotenzial ist riesig: Unsere Erde ist im Kern 6.000 Grad Celsius heiß. Sie erzeugt damit einen Wärmestrom bis hin zur Erdoberfläche. „Diese Geothermie ist eine unerschöpfliche Energiequelle für die Beheizung von Wohngebäuden, Büros und Produktionshallen“, weiß Stiftungsprofessor Ingo Sass. Der Leiter des Fachgebiets Angewandte Geothermie an der Technischen Universität Darmstadt bedauert indes: „Trotz vieler positiver Eigenschaften wird sie in Mitteleuropa noch viel zu wenig eingesetzt.“
Impact of Science
Gute Zeiten für Geothermie

Ingo Sass will durch seine Lehrund Forschungstätigkeit dazu beitragen, die Akzeptanz der Geothermie bei Immobilienbesitzern, Baubehörden, Energieanbietern und Unternehmen zu steigern sowie für die notwendige Planung zu sensibilisieren. Dafür sieht er drei Ansatzpunkte: fundiertes Wissen über Geothermie vermitteln, technische Risiken bei deren Nutzung minimieren, Deutschland zum wissenschaftlichen Top-Player auf diesen Gebieten machen. Der Diplom-Geologe arbeitete lange Zeit als Vorstand eines der größten Consulting-Büros Deutschlands im Bereich des Bauingenieurwesens – mit Schwerpunkt Tunnelbau, Wasserversorgung, Geothermie. Dort war er beispielsweise für die geologische und technische Erkundung des Brennerbasis-Tunnels verantwortlich. Bereits 2005 übernahm Sass eine Professur für Ingenieur-Geologie an der TU Darmstadt: „Ich wollte mich damit auch ein Stück selbst verwirklichen.“
Extrem vielseitig
Heute vermittelt Ingo Sass Ingenieuren der Angewandten Geowissenschaften im Rahmen ihres Masterstudiums die dafür erforderlichen Kenntnisse. „Unsere Abgänger sind extrem vielseitig ausgebildet“, sagt Sass, „sie haben eine breite geowissenschaftliche Basis und eine dezidierte quantitative ingenieurwissenschaftliche Vertiefung.“ Ein solches Lehrangebot stößt bei den Studierenden auf großes Interesse: Jedes Jahr melden sich bis zu 150 Bachelor-Graduierte aus der gesamten Bundesrepublik für den Studiengang an.
Dort treffen sie auf extrem günstige Voraussetzungen: Den Studierenden steht für die Hightech-Analytik ein interdisziplinär aufgebautes Forschungs- und Lehrlabor zur Verfügung, das HydroThermikum. Aus den Stiftungsgeldern finanziert Sass zusätzliche Mitarbeiterstellen sowie Vorlaufkosten für künftige Forschungsvorhaben. Mit öffentlichen Forschungsgeldern könnte sein Lehrstuhl kaum rechnen. „Das Thema Geothermie, so wie wir es betreiben, ist bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft leider noch nicht angekommen“, sagt Sass. Bei seinen Besuchen an amerikanischen Elitehochschulen aber sieht er, dass es auch anders geht: „Dort ist Industrieförderung ein Teil des Universitätssystems.“ Er plädiert deshalb für den weiteren Ausbau von Stiftungen und Stiftungsprofessuren in Deutschland: „Die Arbeit des Stifterverbandes in dieser Richtung ist für mich ein optimaler Weg dahin.“
Der Erfolg zeigt sich schon nach gut zwei Jahren: „Die TU Darmstadt hat in der Wissenschaftsszene wie auch in Unternehmerkreisen inzwischen einen exzellenten Ruf als Forschungs- und Lehrstätte für Geothermie“, beobachtet Ingo Sass. Er ist fest davon überzeugt: „Eine Stiftungsprofessur beschleunigt den Prozess exorbitant, ein Fachthema an einer Universität, in einem Bundesland oder sogar weltweit wahrnehmbar zu etablieren.“ Das sind gute Zeiten für die Geothermie.
