„Ich liebe dich auch nicht mehr“ ist so ein trotziger Spruch, der in verschiedenen Phasen der deutsch-französischen Beziehungen immer wieder gerne hervorgeholt wurde, um plakativ zu verdeutlichen, dass man sich irgendwie lieben muss, aber eigentlich nicht mag. Jetzt ist es einmal wieder Zeit für so eine deutsch-französische Trotzphase, die diesmal aber ein Zerwürfnis zur Folge haben könnte. Ein halbes Jahr lang haben Frankreich-Interessierte und Europa-Beobachter – darunter ich in dieser Kolumne – argumentiert, dass es endlich einer deutschen Antwort auf Emmanuel Macrons Reden zu Europa und seine Vorschläge zur Eurozonenreform bedarf.
Macrons Vorschläge sind weder weitreichend noch radikal, sondern eher alter Wein in neuen Schläuchen. Wenn nun derzeit darüber spekuliert wird, ob die Eurozonen-Reform nun endlich in die Gänge kommt, dann gilt es zunächst festzustellen, dass es hier nicht etwa um eine neue, überraschende Dynamik geht, sondern eher um eine fahrlässige Reformverschleppung, die seit Jahren überfällig ist. Macrons Pläne entsprechen fast eins zu eins jenen Plänen einer Genuine Monetary and Economic Union (GMEU), die bereits im Juni 2012 von der EU-Kommission vorgelegt, dann im „Fünf-Präsidenten-Bericht“ der EU im Dezember 2012 verabschiedet und schließlich, vor allem wegen deutscher Obstruktion, in sehr abgeschwächter Form im Juni 2015 neu aufgelegt wurden.
Zentral geht es dabei um die Weiterentwicklung der Eurozone und ihre vier „Building-Blocks“, eine Haushalts-, Wirtschafts-, Fiskal- und Politische Union mit ihren Kernbegriffen Eurozonen-Parlament, Eurozonen-Budget und Eurozonen-Finanzminister. Dies wird im deutschen Diskurs immer verkürzt als Weg in die „Haftungsgemeinschaft“ oder „Transferunion“ wiedergegeben.