Eine neue Kolumne, die sich auch an Wirtschaftsmenschen richtet, ausgerechnet über commons zu schreiben, ist schon eine etwas verrückte Idee. Commons, das sind Gemeingüter, die jeder unentgeltlich nutzen kann. Ihr Prototyp ist eine gemeinschaftlich genutzte Wiese oder Weide (Allmende). Gemeingüter stehen in niemandes oder in Gemeinschaftseigentum und die Nutzung ist meistens auch nicht rechtlich und schriftlich, sondern sozial und informell geregelt. Ein modernes Beispiel, das jeder kennt, sind Pilze im Wald. Jeder nimmt sie und es gibt einige wenige Regeln, an die man sich zu halten hat; vor allem reißt man sie nicht mitsamt Wurzel heraus, weil das allen Pilzsammlern schadet.
Gemeingüter sind also auf den ersten Blick ein Gegenmodell zu einer privatwirtschaftlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die viele „Kapitalismus“ nennen. Auf den zweiten Blick ist diese verbreitete Auffassung aber ein Kategorienfehler, denn Gemeingüter sind kein Gegenmodell, sondern einfach nur anders, und sie können gut neben privatwirtschaftlichen Formen von Eigentum existieren. Dass die eine Sache von allen genutzt werden darf und eine Person über die andere Sache die volle Herrschaft hat, ist kein Widerspruch und kann sich wirtschaftlich ergänzen.
Wenn sich jeder an einem begrenzten Gut bedient und es hierzu keine Regeln gibt, geht ein Gemeingut unter (sogenannte „Tragödie der Commons“, ein Diktum von Garrett Hardin aus dem Jahr 1968 [Garrett Hardin: „The Tragedy of the Commons.“ Science Nr. 162 (1968), Seite 1243 bis 1248], ähnlich dem Trittbrettfahrerproblem, wenn öffentliche Güter ohne Gegenleistung genutzt werden). Gemeingüter an Dingen und Grundstücken spielen heute keine nennenswerte Rolle mehr, weil das Eigentum als Institution die mitunter zerstörerische Über- und Unternutzung verhindert, indem es den Eigentümer für zuständig erklärt, sich um die Sache zu kümmern (Haftung, gegebenenfalls Steuern), ihm aber auch Rechte gibt (Übertragung, Sachnutzung und -besitz, selbst oder delegiert an Dritte). Bei Bedarf kann eine gemeingutähnliche Nutzung durch Miteigentum mehrerer Menschen oder durch Eigentum einer Organisation geschaffen werden, an der mehrere Menschen beteiligt sind (Fuhrpark in Genossenschaften, Geräte in Vereinen et cetera). Eigentum glänzt einerseits durch Ordnung der Beziehungen, wirkt also einer Verantwortungsdiffusion entgegen, und andererseits durch eine Vielfalt der Nutzungsordnungen, sodass es die Gemeingüter in ihrer Reinform praktisch verdrängt und durch komplexere und formellere Konstellationen ersetzt hat.