Ein paar Kilometer von dem Büro entfernt arbeitet Harald Danne. Er ist Professor an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) und einer derjenigen, die hinter der Erfolgsgeschichte von Nils Lange stehen: „Vor 15 Jahren habe ich mit der Industrie- und Handelskammer und einigen örtlichen Unternehmen darüber nachgedacht, wie man die Hochschule weiter in der Region verankern könnte“, erzählt er. Bald war die Idee auf dem Tisch, ein Duales Studium zu etablieren – jenes Modell, bei dem die jungen Leute zu einer Hälfte an der Hochschule ausgebildet werden und zur anderen in Unternehmen. „StudiumPlus“ nannte Danne das Konzept, das schon früh Unterstützer fand. „Dass unser Modell zu einem solchen Erfolg werden würde, hätte anfangs niemand gedacht“, erinnert sich der Professor, und es klingt Stolz mit in seiner Stimme. Heute nehmen 1.200 Hochschüler in acht Studiengängen daran teil. Längst melden sich jedes Jahr weitaus mehr Bewerber, als die Partnerunternehmen Plätze anbieten können. Immer wieder wird das Konzept der Hessen wegen seiner Innovationskraft mit regionalen und überregionalen Preisen ausgezeichnet – und in bundesweiten Hochschulrankings taucht StudiumPlus auf den Spitzenplätzen auf.
Ähnliche Konzepte haben sich inzwischen in vielen Bundesländern etabliert. Das Duale Studium ist eine Antwort auf die häufige Kritik von Arbeitgebern, dass bei vielen Hochschulabsolventen die Kluft zwischen Theorie und Praxis zu groß sei. Im Dualen Studium wird diese Lücke geschlossen, indem die Unternehmen von Anfang an in die Ausbildung einbezogen werden – die Studierenden absolvieren ihre Lernphasen wechselweise im Seminarraum und im Unternehmen, wo sie das neu erworbene Wissen gleich im Arbeitsalltag erproben können. Wer in eines der Programme hinein will, muss das Auswahlverfahren bei seinem künftigen Arbeitgeber durchlaufen; wer ausgewählt wird, bekommt in der Regel automatisch einen Studienplatz. Die drei Jahre bis zum Bachelor-Abschluss sind zeitlich prall gefüllt, dafür bekommen die Studierenden jeden Monat von ihrer Firma ein Gehalt.
„Auf unserer Internetseite mit den offenen Stellen haben wir Tag für Tag mehr als 1.000 Besucher“, sagt Harald Danne – eine stolze Bilanz für die Technische Hochschule Mittelhessen. Und vor allem: Während viele andere kleinere Hochschulen primär Studierende aus der näheren Umgebung anziehen, kommen bei StudiumPlus etwa 20 Prozent der Absolventen aus anderen Bundesländern. Für ihn sei das einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren, urteilt Norbert Müller. Er ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung Advacon und engagiert sich für das Duale Studium der THM, weil es helfen könne, ein immer drängenderes Problem zu lösen: „Wir haben viele starke Unternehmen in der Region, die aber immer schwerer Nachwuchs finden. Diejenigen, die hier ihr Abitur machen, schreiben sich oft an einer Universität irgendwo in einem Ballungsraum ein – und wenn sie dann erst mal wegziehen, kommen sie meistens nicht wieder zurück.“ Die Abwanderung sei für manche Firmen in der ländlichen Region inzwischen bedrohlich geworden. – „Uns geht es nicht um Standortentwicklung“, sagt Müller mit ernster Stimme, „uns geht es schlicht um Standortsicherung.“