Die Ausbildung muss so angelegt sein, dass sie mit der traditionellen Standardisierung der Ausbildungsinhalte nicht gänzlich bricht. Die Standardisierung ermöglicht die horizontale, aber auch die vertikale Mobilität der späteren Arbeitnehmer und erlaubt zudem die nötige Durchlässigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung in beide Richtungen. Diese Offenheit ist ein wesentliches Gebot, wenn wir über eine Gleichwertigkeit sprechen.
Gute Ausbildungssysteme müssen anschlussfähig über den Lebensverlauf in einem sich ändernden Arbeitsmarkt sein. Wenn wir die heutige Diskussion um die Auswirkung der Digitalisierung auf den Fachkräftemangel und Fachkräfteüberschuss verfolgen, wissen wir, dass wir eigentlich nichts wissen. Die Berechnungen und Prognosen liegen viel zu weit auseinander. Wir brauchen daher vernetzbare Systeme, an die man anschließen, die man aber im Lebensverlauf auch ganz neu ansteuern kann. Anpassungsfortbildung und Entwicklungsfortbildung sind hier die Schlagworte. Für die Personalentwicklung in Unternehmen bedeutet dies eine neue Herausforderung. So habe ich das letzte halbe Jahr darauf verwendet, für das WZB ein Personalentwicklungskonzept zu entwerfen, welches den wissenschaftsunterstützenden Bereich systematisch mit dem wissenschaftlichen Bereich verbindet und diese Wechsel im Lebensverlauf zulässt.
Einige der notwendigen Anpassungen müssen wir nicht neu erfinden. Wir können von Entwicklungen in anderen Ländern lernen, insbesondere von jenen, die mit uns die Tradition der dualen Ausbildung teilen. In Österreich und in der Schweiz bestehen heute hybride Organisationsformen, die berufliche und akademische Bildung sowie Sekundär- und Hochschulbildung systematisch verbinden.
„Hybridität bedeutet hier eine Form der institutionellen Durchlässigkeit, da inhaltliche und regulative Elemente aus den Bereichen Bildung und Hochschule als gleichwertig angesehen und miteinander verzahnt werden.“ (Graf, Lucas, 2013: Besser verzahnt. Berufs- und Hochschulbildung in Österreich und der Schweiz. WZBrief Bildung 24. Berlin 2013, Seite 2.) Der Schweizer Weg führt von der dualen Lehre über eine Berufsmaturität an eine Fachhochschule. In Österreich haben sich die berufsbildenden höheren Schulen entwickelt, die eine gezielte Mischung aus klassischer Berufs- und Hochschulbildung anbieten. Beide Wege beginnen in der Sekundarstufe und bauen von dort eine direkte Brücke zu den Hochschulen.
Will man solche Wege auch in Deutschland gehen, so müssen wir über die staatliche und private Finanzierung von Bildung und Ausbildung sprechen und darüber, in welche Bereiche die Gelder hauptsächlich fließen. Und wir brauchen die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten, also von Bund, Ländern, Arbeitgebern, Gewerkschaften, Bildungsbürgertum und Hochschulen.