Sie haben mit dem StreetScooter sehr erfolgreich einen elektrischen Transporter entwickelt und damit klassische Hersteller im Nutzfahrzeugbereich überholt. Was machen Sie als Wissenschaftler anders?
Wir haben grundsätzlich einen anderen Ansatz gewählt und diesen sehr methodisch umgesetzt. Wir wollten nicht nur ein Produkt, ein Fahrzeug, entwickeln, sondern auch die Methoden, das Handwerkszeug dazu, mit dem es schneller geht und mit dem man trotzdem bei den Investitionskosten günstig bleibt. Das ist unsere Forschungsleistung. Daran arbeiten wir nach wie vor.
Dafür haben wir uns eine Nische herausgepickt, die Idee der Branchenlösung. Es gibt heute das Zustellfahrzeug für die Post, aber auch den Pick-up und den Kipper für den städtischen Fuhrpark und das Lieferfahrzeug für den britischen Lebensmittellieferanten Milk & More. Wir suchen bei einer Branche immer nach den besonderen Anforderungen, die dann Alleinstellungsmerkmale beim StreetScooter sein können, beispielsweise die gute Be- und Entladung oder die in Summe geringen Kosten bei Reparatur und Wartung. Wir haben eine Methode entwickelt, wie man das für jede neue Branche schnellstmöglich mit dem gleichen Reifegrad entwickeln kann. Und wir haben dabei immer kleinere Serien von Zehntausender-Stückzahlen im Blick.
Während es beim klassischen Hersteller um hunderttausende geht.
Ja, sie haben andere Strukturen, andere Prozesse aufgebaut, die auf sehr viel höhere Stückzahlen abzielen. Das kleinteiligere Denken fällt ihnen dadurch deutlich schwerer und ist auch von den Kostenstrukturen her nicht so einfach möglich.
Das Unternehmen StreetScooter gibt es seit 2010, seit 2015 gehören Sie zur Post. Da hätten Sie als Wissenschaftler doch längst sagen können: „Die Gründung hat geklappt, das war’s jetzt für mich.“ Warum ist es Ihnen wichtig, zu bleiben?
Das hat zwei Seiten. Aus der Forscherperspektive ist es wichtig, weil es im Kern nicht nur um das Produkt geht, sondern um die Entwicklungsmethodik dahinter. Daran müssen wir natürlich weiterarbeiten und wir lernen ständig dazu. Wenn ich das nächste Produkt, das nächste Derivat daraus ableite, funktioniert das dann immer noch? Was muss ich eventuell bei meiner Entwicklungsmethodik anpassen? Sprich, das Ganze muss von der Prozesslandschaft her weiterentwickelt werden und da ist die Reise noch nicht zu Ende.
Und was sagt der Geschäftsführer Kampker?
Der weiß, dass wir, wenn wir einmal einen Prototypen entwickelt und hundert Stück gebaut haben, längst noch kein erfolgreiches Produkt haben. Das muss man so weitertreiben, bis man den Beweis eines funktionierenden Unternehmens antreten kann. Deshalb ist es mir persönlich auch noch mal ein Anliegen, den Beweis anzutreten, dass das Gesamtkonstrukt funktioniert.