Deutsche Unternehmen hoffen auf eine Kombination aus flexiblen Arbeitszeiten mit höheren Gehältern, um Spitzenkräfte im IT-Bereich in die Festanstellung zu locken.
Ob das genügen wird? Man muss kein Data-Science-Experte sein, um sich schon heute seinen Arbeitgeber unter allen möglichen Interessenten aussuchen zu können. Den wenigsten Unternehmen gelingt es noch, ein Paket zu schnüren, das für Toppersonal im Tech-Bereich auf Dauer attraktiv ist. Die „Unattraktivitätsprämien“, die viele Konzerne für High Potentials bezahlen müssen, sind bereits absurd hoch. Bei einer Generation, die den abnehmenden Grenznutzen von Geld – des eigenen Einkommens – verstanden hat, läuft diese Strategie letztendlich ins Leere.
Immerhin gründeten DAX-30 und Co. viele neue Hubs für digitale Innovation, auch viele Mittelständler in Deutschland bemühten sich um mehr IT-Expertise, um erste eigene digitale Produkte zu entwickeln.
Das sind nur die ersten notwendigen Schritte. Man muss als Unternehmer vor allem eines begreifen: Die Digitalisierung stellt vermeintliche Gewissheiten über Wert, Wertschöpfung und Marktmacht durch neue Geschäftsmodelle grundlegend infrage. Die Zeiten, in denen sich Corporates hart erarbeiteter Wettbewerbsvorteile sicher sein konnten, weil Wissensvorsprung und hohe Markteintrittsbarrieren vor neuer Konkurrenz schützten, sind im Zeitalter der digitalen Plattformökonomien unwiederbringlich vorbei. Gemessen an der Veränderungsgewalt, die da auf uns zukommt, erscheinen die Initiativen, die Sie beschreiben, zu zaghaft. Digitalisierung muss Chefsache, die absolute Priorität jedes CEO sein. Ein gutes Beispiel ist die Transformation von Axel Springer: Dieses Unternehmen hatte sich rechtzeitig klargemacht, dass es hier nicht mehr darum geht, ob man in zehn Jahren 10 Prozent mehr oder weniger verdient, sondern ob das eigene Unternehmen überhaupt noch existieren wird! Deswegen hat Springer in den letzten Jahren sein Kerngeschäft konsequent und radikal neu definiert.
Ob Automobilindustrie oder Banken – ganze Branchen geraten gerade in Schieflage. Warum geschieht das plötzlich so schnell?
Digitalisierung bedeutet im Kern eine drastische Verschärfung des Wettbewerbs- und Effizienzdrucks. Es entsteht eine von Grund auf gewandelte Wettbewerbsarchitektur. Die radikale Kundenzentrierung, die die Silicon-Valley-Giganten groß gemacht hat, macht vor keiner Branche halt. Aus Automobilherstellern beispielsweise werden Mobilitätsdienstleister. Ein Autobauer wie VW konkurriert plötzlich nicht mehr nur mit BMW oder Mercedes, sondern auch mit neuen, innovativen Playern wie Tesla oder Byton um das Fahrzeug der Zukunft. Plötzlich befindet man sich mit Google oder Apple im Wettbewerb um die neue „Plattform Auto“, um das beste User-Interface, sowie mit Uber oder Lyft um die Plattformisierung neuer Mobilitätsdienstleistungen. Die Antworten der Etablierten, ob sie nun Moia oder SHARE NOW heißen, kommen spät. Sie lassen die Akteure der Automobilindustrie eher wie Getriebene des Wandels erscheinen.