Männlich – deutsch – MINT

Diversität als Chance für Forschung und Entwicklung in Unternehmen

Männlich - deutsch - MINT (Cover)

Der Stifterverband hat die forschenden Unternehmen in Deutschland nach ihrem Fachkräftebedarf befragt. Die forschungsstarken Branchen Kfz, IKT und Maschinenbau erwarten schon in den nächsten Jahren Engpässe bei der Fachkräfteversorgung ihrer Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Das deutsche Innovationssystem braucht also in den nächsten Jahrzehnten dringend qualifizierte Zuwanderung – und zwar mehr als in den vergangenen Jahren. Denn der Bedarf an intelligenten Lösungen für gesellschaftliche, technologische oder klimatische Herausforderungen ist so groß wie niemals zuvor.

Daher wetteifern Unternehmen weltweit um die Steigerung ihrer Innovationsleistung. Die Erhöhung von Diversität im Unternehmen kann hierfür ein relevanter Baustein sein. Leider sind Strategien zur Steigerung der Diversität für die meisten forschenden Unternehmen in Deutschland noch selten relevant. Dabei sind vor allem Teams mit diversen Erfahrungswelten und Kenntnissen eher in der Lage, intelligente und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Dies kommt Wirtschaft und Gesellschaft zugute.

Diese Publikation ist im Januar 2016 erschienen.

 

Zentrale Ergebnisse

Homogener Forscherpool: männlich, deutsch, MINT
Das wissenschaftliche Forschungspersonal in den Unternehmen Deutschlands ist vorrangig männlich, kommt aus Deutschland und hat ein abgeschlossenes Studium in den Fachbereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (MINT). Rund 81 Prozent sind Forscher, also männlich. Mehr als 95 Prozent der Forscherinnen und Forscher in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der forschenden Unternehmen haben die deutsche Staatsangehörigkeit – nur 2 Prozent sind aus EU-Ländern und weitere zwei Prozent aus Nicht-EU-Ländern. Das gilt nicht nur für kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten, sondern auch für große Unternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten. Und 82 Prozent des forschenden Personals haben Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik/Ingenieurwissenschaften (MINT) studiert.

Anhaltende Nachfrage in den forschenden Unternehmen
Die Unternehmen suchen noch mehr Forschungspersonal aus dem Bereich MINT: Fast die Hälfte möchte innerhalb der nächsten drei Jahre neues Forschungspersonal einstellen, nur drei Prozent planen einen Personalabbau. Und in Zukunft wünschen sich die forschenden Unternehmen sogar mehr als 90 Prozent MINT-Absolventen für ihr wissenschaftliches Personal.

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Engpässe in Sichtweite
Nach wie vor gilt: Der Fachkräftemangel ist bisher auch in Forschung und Entwicklung kein Flächenbrand: Neun von zehn Unternehmen erwarten, ihren Bedarf an Forschungspersonal in den nächsten drei Jahren noch decken zu können – obwohl schon heute zwei von drei Unternehmen angeben, dass das geringe Angebot an Forschungspersonal und dessen hohe Gehaltsforderungen ihnen Schwierigkeiten bei der Personalakquise bereiten. Der demografische und wirtschaftliche Wandel führt dazu, dass nicht mal 85 Prozent der forschenden Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT-Branche), der Kfz-Branche und des Maschinenbaus erwarten, auch in den nächsten drei Jahren noch ausreichend Forscherinnen und Forscher zu finden. Die Suche wird umso schwieriger, je geringer die Bekanntheit und je unattraktiver der Standort des Unternehmens ist.

Bei der Anwerbung wissenschaftlichen Forschungspersonals zeigt sich eine hohe Arbeitsmarktakzeptanz für Bachelors: Sie sind in Forschung und Entwicklung in Zukunft gefragter als Promovierte. 26 Prozent des künftigen wissenschaftlichen Forschungspersonals sollten einen Bachelorabschluss haben; nur elf Prozent sollten promoviert sein. Ein Grund für die hohe Nachfrage nach Bachelors könnte in deren etwas geringeren Einstiegsgehältern liegen. Denn das knapper werdende Angebot lässt die Löhne steigen. Die forschenden Unternehmen versuchen, ihr Forschungspersonal mit immer höheren Einstiegsgehältern zu locken. Als weitere relevante Strategien, um neues Forschungspersonal anzuwerben, nennen die befragten forschenden Unternehmen vor allem vielfältige Aufgabenbereiche, Weiterbildungsmöglichkeiten und unbefristete Verträge.

Diversitätsstrategien als Chance für FuE
Unternehmensstrategien, die die Diversität des wissenschaftlichen Forschungspersonals erhöhen oder berücksichtigen, werden noch nicht flächendeckend als relevant betrachtet. So sieht maximal ein Drittel aller forschenden Unternehmen internationale Teams, eine verstärkte Anwerbung von Frauen und nichtdeutschen Fachkräften oder Englisch als Unternehmenssprache als relevante Anwerbestrategien, um ihren Bedarf an Forschungspersonal zu decken. Innovative Köpfe könnten von den Unternehmen auch mit altersgemischten Teams, mit Auszeiten oder Sabbaticals angeworben und gehalten werden. Doch diese Instrumente werden ebenfalls nur selten eingesetzt. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen liegt in der Intensivierung ihrer Diversitätsstrategien eine Chance, um heute und auch noch morgen ausreichend talentiertes Forschungspersonal zu finden.

 

Kontakt

Gero Stenke (Foto: Marcel Schwickerath)
Gero Stenke (Foto: Marcel Schwickerath)
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Dr. Gero Stenke

ist Leiter und Geschäftsführer der Wissenschaftsstatistik im Stifterverband.

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