Außerschulische Angebote fest in der Schule verankern

Prof. Dr. Elke Völmicke, Geschäftsführerin bei Bildung & Begabung und Leiterin der Allianz für Schule Plus, im Gespräch mit Stifterverbands-Generalsekretär Volker Meyer-Guckel

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Elke Völmicke im Gespräch mit Volker Meyer-Guckel (Video)
Elke Völmicke im Gespräch mit Volker Meyer-Guckel (Video)
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Außerschulische Angebote ergänzen mit ihren Ressourcen und Methoden den Unterricht, können das Lernen bereichern und junge Menschen in ihrer individuellen Entwicklung begleiten. Doch wie gelingt es, dass Schulen mehr und besser mit außerschulischen Initiativen zusammenarbeiten? Wie können Schulen und Lehrkräfte bei ihren vielfältigen Aufgaben durch Kooperation und Integration in das Schulleben klug unterstützt werden?

Mit Prof. Dr. Elke Völmicke, Geschäftsführerin bei Bildung & Begabung und Leiterin der Allianz für Schule Plus in der Zukunftsmission Bildung – einer Initiative des Stifterverbandes mit 40 Jahren Erfahrung im Bereich außerschulischer Bildungsangebote – hat Stifterverbands-Generalsekretär Volker Meyer-Guckel über diese Fragen gesprochen:

  • Was sind die Erfahrungen von außerschulischen Bildungsangeboten?
  • Wie lassen sich die vielen Lernorte außerhalb der Schule besser mit dem verbinden, was in der Schule selbst passiert?
  • Worum geht es bei außerschulischen Angeboten – welche Herausforderungen der Schulen könnte sie lösen?

Mit dem Recht auf Ganztagsbetreuung ab 2026 besteht nun die Chance, außerschulische Angebote fest in der Schule zu verankern. Genau hier setzt der Stifterverband mit der Allianz für Schule Plus an. Das Ziel: die Kooperationen zwischen Sekundarschulen und außerschulischen Partnern bis 2030 verdreifachen.

 

Transkript des Videos

(Volker Meyer-Guckel)
Guten Tag. Die Zukunft unserer Gesellschaft wird in unseren Schulen vorbereitet. Die Ergebnisse aus dem Bildungstests zeigen, dass wir da nicht immer gut aufgestellt sind. Unsere Schulen müssen gestärkt werden. Darüber herrscht Einigkeit in der Politik, bei unseren Bildungsexperten. Die Frage ist: Wie gelingt uns das? Wir glauben als Stifterverband, dass die Schule auch dadurch gestärkt werden können, indem sie mit außerschulischen Bildungsanbietern mehr zusammenarbeiten – und besser zusammenarbeiten als in der Vergangenheit. Hier gibt es viele Initiativen, und wir könnten diese Initiativen noch fruchtbarer machen. Die Chancen dazu sind da. Ab 2026 gibt es das Recht auf Ganztagsbetreuung. Und wenn uns es gelingt, die Ganztagsbetreuung zu einem Bildungskonzept zu entwickeln, dann kommen wir gut voran. Das ist unsere feste Überzeugung. Und deshalb haben wir in der Zukunftsmission Bildung eine Allianz gegründet unter dem Titel "Schule Plus". Und mit dem “Plus” ist gemeint die Zusammenarbeit zwischen außerschulischen und schulischen Partnern. Ich spreche heute mit Elke Völmicke, Geschäftsführerin von Bildung & Begabung, einer Institution, die schon lange Bildungsangebote, außerschulische Bildungsangebote anbietet und damit den Schulunterricht ergänzt. Elke, was sind die Erfahrungen aus diesen 20, 25 Jahren, in denen Bildung & Begabung Wettbewerbe, Schülerakademien angeboten hat? Was sind die Erfahrungen von außerschulischen Bildungsangeboten in Bezug zu der Verknüpfung mit dem Schulunterricht?

(Elke Völmicke)
Zum einen ist die Erfahrung, dass für die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, außerschulische, entsprechend ihrer Interessen entsprechend ihres Lernstandes sich auszuprobieren, sich in neuen Rollen zu bewegen, in Sozialkontakt mit anderen Jugendlichen zu kommen, extrem befruchtend ist und sehr hilfreich, also positive Effekte auch auf das schulische Lernen hat. Das ist jetzt auch keine Behauptung, die ich einfach in den Raum stelle, sondern wir haben so viele Rückmeldungen nach den Veranstaltungen oder nach zum Beispiel einer Sommerakademie, einem Wettbewerb von Jugendlichen selbst, aber auch von Eltern, dass sich, glaube ich, sagen kann, das ist wirklich empirisch belegt, dass es so ist. Also die Wirkung für die Kinder und Jugendlichen ist sehr, sehr förderlich. Dann haben wir, um jetzt mal auf den kritischen Teil zu kommen, aber auch die Erfahrung gemacht, dass die Frage, ob Kinder an diesen Programmen partizipieren können, ob sie überhaupt davon erfahren, dem Zufall geschuldet ist. Oft.

(Volker Meyer-Guckel)
Zufall heißt?

(Elke Völmicke)
Zufall, heißt: Kümmert sich eine Lehrperson an einer Schule, ist sie engagiert, hat sie den Überblick. Nimmt sie überhaupt zur Kenntnis, dass es außerschulische Angebote gibt? Das ist ja ein Riesenspektrum, was dort verfügbar ist. Wenn sie es tut, schön, dann erfahren die Kinder davon. Geht eine solche Person in Rente oder ist nicht mehr da, dann bricht oft der Kontakt weg. Und so erreichen wir dann auch viele Schulen nicht, was im Endergebnis für die Kinder traurig ist, weil sie nicht partizipieren können. Das ist also tatsächlich ein Problem auch von Teilhabegerechtigkeit. Und deswegen wollen wir ja, weil wir wissen, es wirkt, es hilft, und gleichzeitig, weil wir sehen: Nicht jeder kann in den Genuss davon kommen, dass die Form der Zusammenarbeit auch gut gerahmt wird, also dass die Strukturen, die dafür nötig sind, sich verbessern.

(Volker Meyer-Guckel)
Also weniger abhängig von engagierten Personen zu machen, sondern versuchen, so verstehe ich es, gewisse systemische Nachhaltigkeit auch zu bringen.

(Elke Völmicke)
Genau.

(Volker Meyer-Guckel)
Welche Hebel gäbe es denn, um die vielen Angebote außerhalb der Schule besser mit dem zu verbinden, was in der Schule selbst passiert?

(Elke Völmicke)
Drei Punkte würde ich mal nennen. Zentral die Schulen besser in die Lage zu versetzen. Das kann bedeuten, einmal klarer
auf der Ebene der Gesetze zu formulieren. Teilweise ist es, glaube ich, unklar, dass Schulen nicht so genau wissen, was dürfen wir auch im Zusammenhang mit Kooperation oder was dürfen wir nicht? Also Gesetzeslage klären. Dann, was brauchen Schulen an Ressourcen? Braucht es da noch Anteile von Stunden, von Menschen, die sich ausschließlich um die Kooperationen kümmern? Wie bekommt man das Mindset ins Lehrerkollegium? Das ist ja durchaus etwas, was vielleicht nicht selbstverständlich ist, wenn Kooperation auch mal zum Momentum von Schulentwicklung werden soll, also Qualifikationsangebote. Und das Dritte ist, glaube ich, das Auffinden, das wechselseitige Auffinden von Schulen und außerschulischen Angeboten. Das muss erleichtert werden, und zwar so, dass Schulen sich auch sicher sein können: Da habe ich jemanden, der nach bestimmten Qualitätsstandards arbeitet. Und wir sehen jetzt so im Ansatz, dass es gerade auch im Zusammenhang mit dem Startchancen-Programm eine große Herausforderung ist und dass solche Strukturen auch noch fehlen.

(Volker Meyer-Guckel)
Wir haben mit der Allianz für Schule Plus uns vor allen Dingen bemüht, möglichst viele Partner, die schon in solchen Kooperationsbeziehungen mit Schulen stecken, zusammenzuführen. Unter anderem auch, um aus guten Beispielen zu lernen, aber auch zu lernen, was möglicherweise an Vorbehalten auch immer wieder auftaucht in der Kooperation. Warum ist das so wichtig, dass man mit vielen Partnern dann auch an dieses Thema herangeht?

(Elke Völmicke)
Ja, also, das ist ganz zentral, weil wir ja gerade die Erfahrungen aus der Praxis brauchen. Und die sind ebenteilweise unterschiedlich. Wenn ich ein Angebot mache, das in den Unterricht geht, dann habe ich andere Erfahrungen, andere Herausforderungen, als wenn ich Kinder an den außerschulischen Lernort hole. Wir haben Partner, die in großem Umfang mit Schulen kooperieren. Da wollen wir genau wissen: Was sagen uns diese Schulen, was bringt ihr mit an Erkenntnis? Oder was können wir auch gemeinsam parallel ganz lokal auf  Länderebene ausprobieren? Und dieses Netzwerk ist eigentlich zentral für den Erfolg der Allianz.

(Volker Meyer-Guckel)
Ich will noch mal ein bisschen reinzoomen in diese Kooperation. Was mir in vielen Gesprächen auffällt, ist, dass es einerseits eine Bereitschaft in den Schulen gibt, sich zu öffnen und diese Ressourcen auch zu nutzen, stärkt ja die Schule. Andererseits aber auch gesagt wird: Wir müssen aufpassen, wir sind die Experten für den Unterricht – und außerschulisch ist nicht immer diese Expertise gewährleistet. Also, dass die Qualitätsfrage auch oft gestellt wird. Wie würdest du dazu Stellung nehmen?

(Elke Völmicke)
Es wäre ein Missverständnis zu glauben, dass die außerschulischen Akteure den besseren Unterricht machen wollen. Es geht darum, den Jugendlichen einfach neue Möglichkeitsräume zu eröffnen, in denen sie sich ausprobieren können, in denen sie natürlich nach Qualitätsstandards betreut werden, aber frei von Qualifikationsdruck, so dass sie auch in eine neue Rolle kommen. Die Effekte auf das Lernen im Unterricht, die sind gleichwohl nach Erfahrung – und ich habe es am Anfang gesagt – sehr positiv. Und mit dieser Haltung gibt es Angebote, die in den Unterricht gehen, die die Lehrperson ja auch in den Unterricht integrieren. Und eben die Angebote, die außerunterrichtlich stattfinden.

(Volker Meyer-Guckel)
Wir haben jetzt über die Chancen gesprochen. Wie würdest du noch mal die Ziele zusammenfassen der Allianz für Schule Plus, die wir ja mit vielen, vielen Partnern versuchen zu organisieren und auch mit Maßnahmen zu unterlegen? Was sind die zentralen Ziele der Allianz?

(Elke Völmicke)
Also, am Ende wollen wir darauf hinaus, dass mehr Jugendliche partizipieren können an den Angeboten. Und dafür ist es eben wichtig, sowohl auf der Ebene der Gesetzeslage die Rahmenbedingungen zu verbessern. Wir müssen wissen, an welchen Hebeln ist zu drehen, damit Schulen ausgestattet sind. Und drittens: Welche Strukturen müssen wir schaffen, damit Schulen und außerschulische Akteure sich finden? Also, auf drei Ebenen die Gelingensbedingungen für das Kooperationsgeschehen zu verbessern und es damit als festen Bestandteil von Schulentwicklung auch verfügbar zu machen.

(Volker Meyer-Guckel)
Das sind die Chancen, die mit dieser Allianz verknüpft sind. Das sind die Ziele. Die Allianz besteht aus vielen, vielen Partnern, ich habe es bereits erwähnt. Wir brauchen noch mehr, um flächendeckend auch die Erfahrungen aus unseren Ländern hier einzubringen und mit der Politik zu diskutieren. Und ich lade Sie alle ein, Teil zu sein von der Allianz für Schule plus. Herzlichen Dank, Elke.

(Elke Völmicke)
Gerne, Danke.

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Der Stifterverband verfolgt mit der Zukunftsmission Bildung das Ziel, ein Bildungssystem für eine Welt im Wandel zu schaffen, das schnell mehr Menschen mit den notwendigen Kompetenzen aus- und weiterbildet. Sie bringt Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in einer Gemeinschaftsinitiative zusammen.

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