Als Basis für die (Weiter-)Entwicklung von unternehmensinternen Methoden und Modellen steht den internen Entwicklerinnen und Entwicklern der eigene Datenbestand selbstverständlich zur Verfügung. In der akademischen Forschung und Lehre hingegen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oft keinen Zugang zu realen Wirtschaftsdaten. Stattdessen greifen sie auf veraltete Informationen, Datensätze aus anderen Ländern oder fiktive Daten zurück – oder sie verlagern ihre Forschung auf andere Bereiche, in welchen Daten leichter zugänglich sind. Dies führt zu einem Mangel an empirischer Forschung in bestimmten Branchen, was für alle Beteiligten großes Verbesserungspotenzial birgt. Außerdem wird in der Lehre die Gelegenheit verpasst, Studierenden durch die Arbeit mit realen Wirtschaftsdaten spannende Einblicke in spezifische Berufsfelder zu ermöglichen, obwohl dies die Sichtbarkeit und Attraktivität dieser Branchen als Arbeitgeber erheblich steigern.
Trotz der Bedeutung der in Unternehmen verfügbaren Daten bestehen erhebliche Barrieren hinsichtlich ihrer Zugänglichkeit und ihrer Nutzung für die wissenschaftliche Gemeinschaft. Ein zentraler Punkt dabei sind laut Erhebungen des Stifterverbandes1 rechtliche Beschränkungen, die von Datenschutzgesetzen bis hin zu Bestimmungen zum Schutz geistigen Eigentums reichen. Sie hemmen frühzeitig die Datenteilungsprozesse, schon in der Anbahnungsphase, also vor der konkreten Konzeption und Abwägung eines solchen Prozesses. Die Lücke zwischen dem theoretischen Potenzial dieser Daten und ihrer tatsächlichen Verfügbarkeit für Forschungszwecke wird dadurch vergrößert.
Bilaterale Kooperationen zwischen Unternehmen und wissenschaftlichen Institutionen haben dennoch eine lange Tradition. In diesen Partnerschaften ist der Datenaustausch zwar üblich, wird jedoch eher als projektspezifisches Werkzeug betrachtet und vertraglich durch strikte Nutzungsbedingungen geregelt. Projekte, die auf eine breite Datenfreigabe abzielen, sind selten, jedoch entscheidend, um den Datenzugang über konventionelle Kooperationsrahmen hinaus zu erweitern.
Dieses Papier beleuchtet das Beispiel des Datenbankprojekts der Deutschen Gesellschaft für Versicherungs- und Finanzmathematik (DGVFM). Dabei werden vor allem die rechtlichen Herausforderungen in den Blick genommen und zugleich praktikable Lösungsansätze vorgestellt. Das Beispiel soll als Wegweiser für Organisationen und Forschungseinrichtungen mit ähnlichen Herausforderungen dienen und Anhaltspunkte bieten, um diese zu meistern.
AUS DEM INHALT
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
DATA-GROUP BUSINESS 2 SCIENCE
Der Stifterverband hat mit der "Data-Group Business 2 Science" eine Initiative gestartet, deren Ziel es ist, den Datenaustausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu stärken, um mehr Innovationen für die Gesellschaft voranzubringen. Mehr als 100 Organisationen haben sich daran bislang beteiligt. Seit 2023 engagiert sich die DGVFM in der Data-Group, um durch deren Netzwerk Partner und Unterstützung für ihr Datenbankprojekt zu erhalten. Durch die Vernetzung von Akteuren aus verschiedenen Sektoren fördert die Initiative das Verständnis der aktuellen Situation, macht Herausforderungen sichtbar und bietet anhand praktischer Beispiele Lösungsansätze an. Das Projekt der DGVFM, eine versicherungs- und finanzmathematische Datenbank aufzubauen, dient als Pilotprojekt innerhalb dieser Initiative und kann als Orientierung für Fachgesellschaften, wissenschaftliche Institutionen und Unternehmen dienen. Zudem leistet die Data-Group einen Beitrag zu datenpolitischen Diskussionen, wie der Debatte um das Forschungsdatengesetz, unterstreicht dabei die Wichtigkeit der Datenverfügbarkeit für Forschung und Innovation und unterstützt mit konkreten Handreichungen die Entwicklung politischer Maßnahmen in diesem Bereich.