Andrea Frank, stellvertretende Generalsekretärin des Stifterverbandes, zieht eine Zwischenbilanz zur Nationalen Strategie für Soziale Innovationen. Untersuchungen zeigen, dass die Orientierung am Gemeinwohl zum Wirtschaftsfaktor wird. Es gibt aber auch noch einiges zu tun. Vier Bereiche brauchen besondere Aufmerksamkeit.
Erstveröffentlichung in Table.Research am 1. Oktober 2024
Klimakrise, demografischer Wandel und wirtschaftliche Unsicherheiten: Für die Lösung dieser komplexen gesellschaftlichen Herausforderungen brauchen wir nicht nur technologische, sondern auch soziale Innovationen. Um diese zu stärken, hat die Bundesregierung im letzten Jahr die "Nationale Strategie für soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen (Sigu)" verabschiedet. In ihr wurden elf politische Handlungsfelder sowie konkrete Vorschläge definiert, um die Entwicklung von sozialen Innovationen zu fördern. Zeit für ein Zwischenfazit: Ist die Strategie mehr als ein Lippenbekenntnis?
Soziale Innovationen wie innovative Bildungsprogramme, nachhaltige Stadtentwicklung oder neue Ansätze in der Gesundheitsversorgung treiben positive gesellschaftliche Veränderungen voran. Insbesondere Geschäftsmodelle wie Social Business und Impact Start-ups gewinnen in politischen Strategien immer mehr an Bedeutung. Mit dem Fokus auf soziale und ökologische Wirkungen entwickeln sie sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor: Laut dem Deutschen Social Entrepreneurship Monitor 2024 erwarten 90 Prozent dieser Unternehmen einen Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro. Jeder zehnte Arbeitsplatz in Deutschland ist der Social Economy zuzurechnen, wobei der Anteil innovativer und von Frauen mitgegründeter Unternehmen in diesem Sektor besonders hoch ist.
Trotz der transformativen Effekte sozialer Innovationen liegt Deutschland im EU-Vergleich bei deren Förderung zurück. Die Finanzierung ist im Allgemeinen das größte Hindernis für Gründerinnen und Gründer. Hier setzt die Sigu-Strategie der Bundesregierung mit dem verbesserten Zugang zu öffentlichen Förderprogrammen für soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen an: Unter den 300 Innovationssprints, die beispielsweise im Rahmen von "DATIpilot" gefördert werden, sind immerhin 20 Prozent soziale Innovationen.
Auch der Ideenwettbewerb des BMBF "Gesellschaft der Innovationen – Impact Challenge an Hochschulen" richtet sich gezielt an solche Projekte. Und mit "Nachhaltig wirken" veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium im August die bisher umfangreichste Förderrichtlinie für gemeinwohlorientierte Unternehmen. Mit der Plattform für soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen ist zudem eine großartige Wissensressource mit vielen Aspekten online gegangen.
Trotzdem fehlt es nach wie vor an ausreichenden Zugängen zu Finanzierungen, insbesondere zu privaten Mitteln nach der Pilotphase einer neuen Geschäftsidee. Soziale Innovationen benötigen oft längere Zeiträume, um messbare Erfolge zu erzielen. Sie werden deshalb von Investorinnen und Investoren als riskanter wahrgenommen. Im Vergleich zu Ländern wie den USA oder Großbritannien ist die Impact-Investment-Szene in Deutschland unterentwickelt, es gibt weniger spezialisierte Fonds und Netzwerke.
Trotz vieler wirksamer Initiativen der Bundesregierung – die Skepsis gegenüber dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beitrag sozialer Innovationen bleibt hoch. Umso wichtiger ist es, dass sie weiterhin konsequent gestärkt werden und die Sigu-Strategie der Bundesregierung konsequent umgesetzt wird. Die drängendsten Herausforderungen liegen dabei in vier Bereichen:
Fazit: Ein Jahr nach der Einführung der "Nationalen Strategie für soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen" zeigen sich erste Erfolge. Sie ist mehr als ein Lippenbekenntnis. Dennoch bleibt die Aufgabe, auch die großen Hindernisse zu überwinden: Wirkungsindikatorik, dauerhafte Finanzierung, rechtliche Rahmenbedingungen und klare politische Zuständigkeiten. Für diese Herausforderungen braucht es schnellstmöglich Lösungsansätze. Nur so kann die Förderung sozialer Innovationen effektiv gestaltet werden. Die Zeit drängt, denn nur im Zusammenspiel von technologischen und sozialen Innovationen werden wir den komplexen Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte begegnen können.