Studie "Lehrkräftetrichter – Länderausgabe"
Der Lehrkräftetrichter zeigt für die 16 Bundesländer, wo das Bildungssystem während Studium und Referendariat potenzielle Lehrkräfte verliert.
Eine exzellente Lehramtsausbildung ist langfristig ein Schlüsselfaktor im Kampf gegen den massiven Lehrkräftemangel. Bei dem aktuellen Bedarf ist der Schwund an potenziellen Lehrkräften vor allem während der Studienzeit bundesweit zu hoch. Mehr als 40 Prozent der Studierenden orientieren sich vor allem in den ersten Semestern noch einmal neu. Dabei gibt es gravierende regionale Unterschiede. Für schnelle Lösungen haben sich Seiten- und Quereinstiege als Normalfall etabliert.
Der Lehrkräftemangel ist massiv und wird sich weiter zuspitzen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) schätzt, dass bis zum Jahr 2035 bis zu 68.000 Lehrkräfte fehlen. Ein Schlüssel, diesen Mangel zu bekämpfen, ist die Lehrkräftebildung. Das verdeutlicht der aktuelle Lehrkräftetrichter des Stifterverbandes: Auf dem Weg von Studienbeginn bis zum Berufseinstieg gehen zu viele potenzielle Lehrkräfte verloren, die dringend gebraucht werden. Im Durchschnitt schreiben sich jedes Jahr bundesweit 47.400 Personen für ein Lehramtsstudium ein. Doch nur 28.000 absolvieren auch das Referendariat; 41 Prozent der Studierenden entscheiden sich im Verlauf ihres Studiums für einen anderen Karriere. Dabei gibt es erhebliche regionale Unterschiede. Die Analyse des Stifterverbandes Der Lehrkräftetrichter - Länderausgabe. Schwund im Studium und die Relevanz der Lehrkräftebildung ermöglicht erstmals einen transparenten Bundesländer-Vergleich zu Schwund und Zuwachs angehender Lehrkräfte während der einzelnen Etappen der Lehrkräftebildung.
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt: Zwischen Anfang und Ende des Studiums ist der Schwund von Lehramtsstudierenden im Osten höher, regional aber auch im Westen substanziell. Besonders dramatisch ist die Lage in Berlin. Die Schwundquote liegt hier bei 64 Prozent, das heißt zwei von drei Studierenden brechen das Lehramtsstudium ab oder wechseln in ein anderes Bundesland; in Nordrhein-Westfalen gilt das für jeden Zweiten. Sieben Bundesländer verlieren mehr als jeden fünften Studierenden zwischen Mitte und Ende des Studiums, wobei Sachsen-Anhalt mit einem Schwund von einem Drittel auffällt. Während der Studierendenschwund im Lehramtsstudium größtenteils einem Abbruch dieses Studiums entspricht, ist er im Referendariat vor allem auf einen Wechsel in ein anderes Bundesland zurückzuführen. In Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg liegt hier die Quote mit mehr als 20 Prozent besonders hoch. Bundesweit brechen fünf Prozent der angehenden Lehrkräfte ihr Referendariat ganz ab.
"Mit den Lehrkräftetrichtern der Bundesländer wird erstmals transparent, wann potenzielle Lehrkräfte verloren gehen, die wir so dringend benötigen. Hochschulen können nun datenbasiert Entscheidungen treffen. Sie müssen jetzt alles daransetzen, dass Studierende, die ein Lehramtsstudium beginnen, dieses auch erfolgreich absolvieren", sagt Bettina Jorzik, Programmleiterin für Hochschullehre, Lehrkräftebildung und Diversität im Stifterverband. "Das kann funktionieren, in dem die Ausbildungsqualität und der Theorie-Praxis-Bezug gestärkt werden. Durch eine attraktivere Lehramtsbildung mehr Menschen für den Beruf zu begeistern, benötigt allerdings Zeit und hilft nicht, den aktuellen Lehrkräftemangel zu beseitigen."
Dafür stellen die Bundesländer seit Jahren Seiteneinsteiger (Personen mit oder ohne Masterabschluss eines Studienganges und ohne Referendariat) sowie Quereinsteiger (Personen mit Referendariat, aber ohne lehramtsbezogenen Studienabschluss) ein. Im Nordosten, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist der Anteil von Seiteneinsteigern besonders hoch, jede dritte Lehrkraftstelle wird so besetzt. Ein Ausnahmezustand etabliert sich zum Normalzustand. Viele Bundesländer sind auf Personen, die sich für einen Seiteneinstieg entschieden haben, angewiesen, um den Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten. Deshalb sollte der Seiteneinstieg als regulärer dritter Weg in den Lehrberuf anerkannt werden. Vorausgesetzt, dass es begleitende Qualifizierungsprogramme, eine Mindest-Qualifizierung vor dem Schuleinsatz und auch Qualitätskontrollen gibt.
Die Analyse der Lehrkräftetrichter aller Bundesländer bietet die Chance, gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrkräftebildung zu treffen. Es wird empfohlen, den Theorie-Praxis-Bezug in der Lehramtsausbildung zu weiter zu stärken, um Studienabbrüche und Studiengangswechsel aufgrund von unzureichendem Praxisbezug zu verringern. Auch eine bessere Abstimmung zwischen Studium und Referendariat könnte erfolgsversprechend sein. Darüber hinaus sind weiterführende Daten erforderlich, die die genauen Ursachen für den Abbruch des Lehramtsstudiums aufzeigen, um fundierte Anpassungen vornehmen zu können.
Die Studie "Der Lehrkräftetrichter – Länderausgabe" wurde im Rahmen der Zukunftsmission Bildung des Stifterverbandes erstellt. Mit der Zukunftsmission Bildung will der Stifterverband ein Bildungssystem für eine Welt im Wandel gestalten, das schnell mehr Menschen mit den notwendigen Kompetenzen aus- und weiterbildet. Ziel ist es, Lösungen zu finden, um den Lehrkräftemangel zu bekämpfen, Bildungspotenziale zu heben, MINT-Fachkräfte zu sichern und Future Skills zu fördern. Dafür initiiert der Stifterverband verschiedene Aktivitäten und bringt relevante Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in vier starke Allianzen zusammen.
Denn für die großen Herausforderungen braucht es relevante Partnerschaften – die gegenüber der Politik mit einer Stimme sprechen, die gemeinsam Rahmenbedingungen gestalten und damit langfristig eine Veränderung im Bildungssystem bewirken.
Allianz für Lehrkräfte auf der Website der Zukunftsmission Bildung
ist Wissenschaftlicher Referent im Bereich "Programm und Förderung".
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