Der Lehrkräftetrichter – Länderausgabe

Schwund im Studium und die Relevanz der Lehrkräftebildung

Die vom Stifterverband im November 2024 vorgelegte Analyse schafft erstmals einen transparenten Vergleich zum Schwund – und Zuwachs – an allen Stationen der Lehrkräftebildung auf Länderebene und zeigt dabei erhebliche Unterschiede. Dies sind die zentralen Aussagen des dazu veröffentlichten Policy Papers:

Lehrkräftetrichter - Länderausgabe (Cover)
Lehrkräftetrichter - Länderausgabe (Cover)
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  • Mehr als 40 Prozent der angehenden Lehrkräfte scheiden während der Lehrkräftebildung aus; Maßnahmen der Bundesländer zur Bewältigung des Lehrkräftemangels müssen hier ansetzen.
  • Der Schwund ist im Osten größer, aber auch teils im Westen substanziell: Berlin verliert zwei von drei potenziellen Lehrkräften zwischen Anfang und Ende des Studiums; Nordrhein-Westfalen jede zweite.
  • Schwund auch noch gegen Ende des Studiums: Sieben Bundesländer verlieren mehr als jeden fünften Lehramtsstudierenden zwischen Mitte und Ende des Studiums: Sachsen-Anhalt sogar jeden dritten.
  • Zuwachs und Schwund zum Referendariat zeigen hohe Mobilität der Referendariate: Berlin, Sachsen-Anhalt und Hamburg verlieren im Laufe des Referendariats jede fünfte potenzielle Lehrkraft.
  • Der Seiteneinstieg ist vor allem im Osten unverzichtbar: In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg ist jede dritte neue Lehrkraft Seiteneinsteigerin oder Seiteneinsteiger.

In Deutschland besteht akuter Mangel an Lehrkräften: Es wird davon ausgegangen, dass in den nächsten zehn Jahren 68.000 bis 81.000 Lehrkräfte fehlen. Obwohl alle Bundesländer betroffen sind, variiert das Ausmaß des Mangels deutlich. Während in Schleswig-Holstein in absoluten Zahlen insgesamt mehr Lehrkräfte ausgebildet werden, als eingestellt werden müssten – allerdings nicht in den Fächern und Schulformen mit dem größten Mangel –, decken die ausgebildeten Lehrkräfte in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen oder Sachsen nur jeweils die Hälfte des aktuellen Einstellungsbedarfs ab.

Frühere Prognosen zum Lehrkräftebedarf und -angebot der Kultusministerien stellten sich im Nachhinein als zu optimistisch heraus. Noch konnte der Lehrkräftemangel trotz großer Anstrengungen und aller bis jetzt auf den Weg gebrachten Maßnahmen nicht gedeckt werden. Ein wichtiger Faktor: Die Lehrkräftebildung. Denn obwohl der Lehrberuf weiterhin beliebt ist – von zwölf Erstsemstern studiert eine Person auf Lehramt – scheiden noch zu viele potenzielle Lehrkräfte zwischen Studienbeginn und Berufseintritt aus.

Um Problemlagen an den unterschiedlichen Stationen der Lehrkräftebildung identifizieren zu können, hilft der Vergleich zwischen den Bundesländern. Damit sollen Kultusministerien und Verantwortliche in der Lehrkräftebildung unterstützt werden, datenbasierte Entscheidungen für Maßnahmen innerhalb Lehrkräftebildung treffen zu können. Zu diesem Zweck schaffen wir erstmals Transparenz über die Zu- und Abgänge auf dem gesamten Weg zur Lehrkraft von Studienanfang bis zur Festanstellung auf Ebene der Bundesländer. Dabei werden insbesondere Unterschiede in Bezug auf den Schwund während des Lehramtsstudiums, das Verhältnis von Lehramtsabsolventinnen und -absolventen zu neu eingestellten Referendarinnen und Referendaren und die Seiteneinstiegsquote aufgezeigt. Basis für diese Analysen bietet der Lehrkräftetrichter. Ergänzend dazu werden Handlungsempfehlungen aus dem Masterplan "Lehrkräftebildung neu gestalten" an den einzelnen Stationen der Lehrkräftebildung skizziert.

Der Lehrkräftetrichter veranschaulicht die jährliche Anzahl von Personen an allen wichtigen Übergängen der Lehrkräftebildung von Studienbeginn bis Berufseintritt. Aus verschiedenen Gründen – zum Beispiel Mehrfachimmatrikulationen – werden bestimmte Personengruppen in der Lehramtsausbildung statistisch doppelt gezählt. Mit dem Lehrkräftetrichter werden erstmals Zahlen dargestellt, die von diesen Doppelzählungen bereinigt sind.

47.400 Studienanfängern stehen nur 34.300 neu eingestellte Lehrkräfte gegenüber (Grafik)
47.400 Studienanfängern stehen nur 34.300 neu eingestellte Lehrkräfte gegenüber (Grafik)
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Vereinfachte Darstellung | Quellen: Destatis (GENESIS; Sonderauswertungen) 2019-2023, KMK (Einstellung von Lehrkräften) 2019-2023

Die Lehrkräftebildung bis zum Berufseintritt wird in zwei Phasen aufgeteilt:

  • Die erste Phase, das Lehramtsstudium, wird bundeslandabhängig entweder als Bachelor/Master oder als Staatsexamen absolviert. Für die meisten Lehramtsabschlüsse liegt die Regelstudienzeit bei fünf Jahren. Bundesweit nahmen im Durchschnitt von 2019 bis 2023 jährlich rund 47.400 Personen ein Lehramtsstudium auf; im selben Zeitraum schlossen rund 27.800 Personen ein Lehramtsstudium ab. Mit anderen Worten, 41 Prozent der potenziellen Lehrkräfte schieden während – und verstärkt zu Beginn – des Studiums aus.
  • Die zweite Phase, das Referendariat, dauert, abhängig vom Bundesland, ein bis zwei Jahre. Zu Beginn des Referendariats können Personen, die ein unterrichtsrelevantes Fach studiert haben, im sogenannten Quereinstieg dazustoßen. Die Schwundquote im Referendariat lag bei fünf Prozent, was in etwa dem Anteil an Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern entspricht. Es liegen allerdings keine Daten vor, zu welchem Anteil diese ausschieden und zu welchem Anteil Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums.

Zwischen 2019 und 2023 wurden jährlich rund 34.300 Lehrkräfte neu eingestellt. Davon waren 3.400 Personen Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, die bei akuter Mangellage direkt in den Schuldienst eingestellt werden können. Sie erhalten in der Regel berufsbegleitend eine pädagogisch-didaktische Nachschulung. Es liegen keine Daten vor, zu welchem Anteil Absolventinnen und Absolventen des Referendariats in den Schuldienst übernommen werden, aber selbst bei einer Einstellungsquote von 100 Prozent bleiben etwa 2.900 neu eingestellte Lehrkräfte, deren Qualifizierungsart nicht eindeutig festgestellt werden kann.

 

KONTAKT

  • Dr. Lukas Antoine
    Referent für Datenanalyse im Bereich Schule und empirische Öffentlichkeitsarbeit im Stifterverband
  • Dr. Felix Süßenbach
    Wissenschaftlicher Referent im Bereich "Programm und Förderung"
  • Bettina Jorzik
    Programmleiterin für Hochschullehre, Lehrkräftebildung und Diversität