Regelungen zur Transparenz bei Kooperationen von Unternehmen und Hochschulen müssen einen Ausgleich zwischen der Möglichkeit zur gesellschaftlichen Meinungsbildung einerseits und der Forschungsfreiheit und dem Schutz von Hochschul- und Unternehmensinteressen andererseits finden. Zugleich dürfen Transparenzregeln die Vielfalt und den Erfolg der Kooperationsbeziehungen nicht beeinträchtigen. Der Stifterverband hat dazu im April 2016 Empfehlungen veröffentlicht.
Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen widmen sich neuen Forschungsfragen und sichern eine praxisnahe Ausbildung der nächsten Generation. Wissenschaftlern ermöglichen sie den Zugang zu interessanten und relevanten Themen, Partnern, Forschungsdesigns und Drittmitteln. Unternehmen schätzen die wissenschaftliche Expertise, den Zugang zu potenziellen Nachwuchskräften und zur vorhandenen Forschungsinfrastruktur der Hochschulen. Forschungskooperationen schaffen die Grundlage für innovative Produkte und Dienstleistungen.
Die Kooperationen beruhen auf gegenseitigem Vertrauen und der Beachtung der Interessen beider Partner. Regelungen zu einer größeren Transparenz für Kooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen sollten dieses gewachsene Vertrauen und die Interessen beider Seiten schützen. Die aktuelle Debatte hat bereits zu einigen gesetzlichen Veränderungen in einzelnen Bundesländern und zu ersten gerichtlichen Urteilen geführt.
Aus den bisherigen Erfahrungen und Rechtsprechungen lassen sich für die vielfältigen Kooperationsbeziehungen Empfehlungen für die Herstellung und Sicherung von Transparenz ableiten. Diese sollen einerseits eine öffentliche Diskussion über die Aktivitäten staatlicher Institutionen ermöglichen, andererseits aber auch die Forschung vor äußerer Einflussnahme schützen und die betrieblichen Interessen von Unternehmen wahren.
Hochschulen handeln als autonome Institutionen auf der Basis der grundgesetzlich geschützten Forschungsfreiheit. Wissenschaft ist ein grundsätzlich von Fremdbestimmung freier Bereich autonomer Verantwortung. Die Forschungsfreiheit soll den Bereich der Wissenschaft vor politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Einflussnahme schützen und den wissenschaftlichen Wettbewerb ermöglichen. Forschungsfreiheit erstreckt sich auf alle Bereiche der Forschung, also auch auf angewandte und Auftragsforschung. Sie umfasst Planung, Entwicklung, Methodik, Durchführung, Veröffentlichung und Verwertung von Forschung. Sie umschließt auch die Freiheit, mit Partnern außerhalb der Wissenschaft gemeinsam zu forschen. Diesem Freiheitsrecht liegt die Erfahrung zugrunde, dass eine von gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Zweckmäßigkeitsvorstellungen freie Wissenschaft Staat und Gesellschaft im Ergebnis am besten dient.
Hochschulen sind als autonome Institutionen staatlich finanzierte Einrichtungen mit dem Auftrag von Forschung und Lehre. Als solche unterliegen sie wie auch andere Einrichtungen dem grundgesetzlich formulierten Transparenzgebot. Um die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und die Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen, wird im Grundgesetz ein Recht auf ungehinderten Zugang zu allgemein zugänglichen Quellen eingeräumt. Ein allgemeiner Informationsanspruch für jedermann wird dadurch nicht konstituiert, jedoch das Recht, sich ungehindert aus einer für die allgemeine Zugänglichkeit bestimmten Quelle zu unterrichten. In Informationsfreiheits- beziehungsweise Transparenzgesetzen ebenso wie in neuen Hochschulgesetzen wird derzeit auf Länderebene geregelt, welche Quellen für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Im Bereich Wissenschaft soll insbesondere ein größerer Zugang zu Informationen über Kooperationen von privaten Akteuren und Hochschulen geschaffen werden.
Unternehmen sind bei der Zusammenarbeit mit Hochschulen insbesondere auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen angewiesen. Die Gewährleistung dieses Schutzes leitet sich auf nationaler Ebene ebenfalls aus dem Grundgesetz und auf europäischer Ebene aus der europäischen Grundrechtecharta ab. Bei kooperativen Forschungsvorhaben gilt es insbesondere, zu verhindern, dass Wettbewerber Rückschlüsse auf Marktstrategien sowie auf aktuelle und zukünftige Forschungsprojekte ziehen können. Bei einer Veröffentlichung von Kooperationsverträgen wäre für Wettbewerber ersichtlich, unter welchen Bedingungen ein Unternehmen bereit ist, Forschungskooperationen einzugehen. Darüber hinaus wird in Forschungsprojekten oft das Unternehmen selbst Gegenstand der Forschung.
Weitgehende Formen der Transparenz (Veröffentlichung von Kooperationsverträgen, zentrale Datenbanken über Forschungsvorhaben) stellen sowohl für Hochschulen, beispielsweise in Hinblick auf Schutzrechtsaspekte, als auch für Unternehmen, beispielsweise in Hinblick auf die Offenlegung von Betriebsgeheimnissen, eine Belastung für ihre Kooperationen dar. Transparenzregelungen sollten die vielfältige und erfolgreiche Tradition der Kooperation zwischen Unternehmen und Hochschulen in Deutschland stärken und nicht beeinträchtigen.
Als öffentlich finanzierte Einrichtungen sind Hochschulen verpflichtet, regelmäßig und in angemessener Weise die Öffentlichkeit über ihre Forschungstätigkeiten zu informieren. Dazu gehören auch die Forschungsprojekte mit privaten Partnern, also vor allem Stiftungen und Unternehmen. Als autonome Institutionen entscheiden Hochschulen darüber, in welcher Form, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Maße sie über Drittmittelprojekte berichten. Hochschulen müssen dabei sicherstellen, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Unternehmen gewahrt werden. Die Informationspflicht liegt bei der Hochschulleitung. Entsprechende Regelungen wurden beispielsweise in die Landeshochschulgesetze von Nordrhein-Westfalen und Hessen aufgenommen.
Empfehlungen zum Umgang mit Transparenz:
Unternehmen und Hochschulen kooperieren in unterschiedlichen Formen miteinander. Diese Formen, die auf unterschiedlichen Zielen, Organisations- und Finanzierungsstrukturen beruhen, bedingen auch unterschiedliche Anforderungen an Transparenz. Hier sind spezifische Mindeststandards festzulegen.
Bei der Auftragsforschung handelt es sich um von privater Seite finanzierte Forschungsprojekte an Hochschulen, bei der der Auftraggeber Projektziel, Projektthemen und -methoden festlegt. Die Rechte an den Ergebnissen liegen beim Auftraggeber. Auftragsforschung ist für Unternehmen hoch wettbewerbsrelevant, weil sie zu neuen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen führt. Gleichzeitig ist die öffentliche Hand besonders wenig involviert, weil die Forschung vom privaten Auftraggeber finanziert wird. Bisher haben sich keine transparenten Standards für die Preisbildung durchgesetzt. Durch die hohe Wettbewerbsrelevanz der Auftragsforschung und die geringe staatliche Beteiligung daran sind Informationen über Auftragsforschung besonders zu schützen.
Bei FuE-Kooperationen handelt es sich um meist längerfristig angelegte Forschungsvorhaben, die gemeinsam von Hochschulen und Unternehmen durchgeführt werden. Projektziel, Projektthemen und -methoden werden hier gemeinsam vereinbart und auch die Weiterverwendung der Erkenntnisse in Form von Patenten, Lizenzen oder Publikationen müssen einvernehmlich geregelt werden. Die Finanzierung erfolgt durch beide Partner, nicht selten unterstützt auch die öffentliche Hand kooperative Forschungsvorhaben. Im Falle solcher öffentlich geförderter FuE-Kooperationen stellen die Transparenzforderungen des Fördermittelgebers bereits ein hohes und ausreichendes Maß an Transparenz sicher (EU, Bund, Land). Darüber hinaus wird die Kommunikation (intern/extern) über das Vertragswerk der geförderten Kooperationsforschung abgestimmt.
Sowohl bei Auftrags- als auch bei FuE-Kooperationen gibt es weitreichende Formen der Kontrolle und Aufsicht. Die rechtliche Kontrolle wird von den Landesministerien ausgeübt, welche im Normalfall die Rechtsaufsicht über die Hochschulen besitzen. Die finanzielle Kontrolle übernehmen unter anderem die Landesrechnungshöfe und bei Bundesförderung der Bundesrechnungshof. Zu den internen Kontrollinstanzen gehören die Hochschulleitungen, mit Vertragsgestaltung und Drittmittelforschung befasste Gremien in der Hochschule sowie die Rechts- und die Haushaltsfachabteilungen in den Hochschulen.
Empfehlungen zum Umgang mit Transparenz:
Bei strategisch angelegten Kooperationen wird eine längerfristige Zusammenarbeit privater und öffentlicher Partner institutionell verankert. Beispiele für diese Kooperationsform sind das Katalyselabor CaRLa an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg oder das Energiewirtschaftliche Institut EWI an der Universität zu Köln. Stiftungsprofessuren sind häufig Teil solcher langfristigen Partnerschaften. Diese auf längere Zeit ausgelegten Kooperationsformen bieten zahlreiche Vorteile, da sie komplementäre Stärken in Forschung und Entwicklung langfristig zusammenführen. Sie sind dazu geeignet, Themen in die Hochschulen einzubringen, die beispielsweise wegen ihrer Interdisziplinarität unterrepräsentiert sind. Häufig erstrecken sich die Kooperationen auf mehrere Aufgabenfelder einer Hochschule: Forschung und Transfer ebenso wie Studium und Nachwuchsentwicklung.
Mit der Berufung von (Stiftungs-)Professuren werden die Themenstellungen auch langfristig an Hochschulen verankert. Häufig werden Beratungs- oder Lenkungsgremien geschaffen, in denen Hochschule und Unternehmen vertreten sind.
Empfehlungen zum Umgang mit Transparenz:
Im Rahmen von FuE-Kooperationen zwischen Hochschulen und Industrieunternehmen entstehen häufig sogenannte Qualifizierungsarbeiten, das heißt Bachelor-, Master- und Promotionsarbeiten, als Teil der wissenschaftlichen Ausbildung. Die Studierenden beziehungsweise Doktoranden erstellen ihre Arbeiten dabei gegebenenfalls auch im Unternehmen oder werden dort fachlich betreut. Teilweise arbeiten sie dabei mit schützenswerten Informationen oder erarbeiten diese. Gleichzeitig sind Qualifizierungsarbeiten Teil des wissenschaftlichen Diskurses und sollten im Regelfall veröffentlicht werden. Die Balance der Interessen gelingt, wenn beide Seiten bereits vor Beginn der Kooperation feste Regelungen vereinbaren.
Bei FuE-Kooperationen zwischen privaten Mittelgebern und Hochschulen entstehen darüber hinaus häufig wissenschaftliche Publikationen und Gutachten. Um diese nicht dem Vorwurf auszusetzen, interessengeleitet zu sein, hat es sich im anglo-amerikanischen Raum bewährt, bei Publikationen die Finanzierungsstrukturen der zugrundeliegenden Forschung offenzulegen.
Empfehlungen zum Umgang mit Transparenz:
Als autonome Institutionen sind Hochschulen für die Kontrolle und Qualitätssicherung ihrer Vertragsabschlüsse selbst verantwortlich. Dafür ist es notwendig, hochschulweite Prozesse für die Aushandlung und den Abschluss von Verträgen ebenso wie hochschulweite Standards für die zu treffenden Regularien festzulegen. Hochschulen müssen darüber hinaus über ihre Drittmittelprojekte mit privaten Partnern in geeigneter Weise Auskunft geben können.
Hochschulen sind deshalb gefordert, ihr Kooperationsmanagement zu zentralisieren und zu vereinheitlichen. Sie müssen durch entsprechende Verfahren und Strukturen eine hohe Qualität des Umgangs mit privaten Mitteln sicherstellen und Missbrauch ausschließen. So hat beispielsweise die Goethe-Universität Frankfurt einen Stiftungskodex verabschiedet, der den Umgang mit privaten Spenden regelt. Die Technische Universität München hat sich sowohl einen Fundraising-Kodex als auch einen Research Code of Conduct für Drittmittelforschung gegeben. An einigen Hochschulen wurden Richtlinien erlassen, dass Verträge nur durch die Hochschulleitung oder von ihr bevollmächtigte Personen abgeschlossen werden können. Einige Hochschulen führen derzeit hochschulinterne Register ein, die bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten oder Korruption eine interne Kontrolle ermöglichen. Dies kann beispielsweise durch eine Ombudsperson geschehen.
In Unternehmen sind häufig eine Vielzahl von Personen aus unterschiedlichen Abteilungen an der Anbahnung und vertraglichen Gestaltung von Hochschulkooperationen beteiligt. Unternehmen sollten deshalb ihre Schnittstellen zu Hochschulen überprüfen und gegebenenfalls ein Hochschulkooperationsmanagement aufbauen. Dieses sollte mit den Spezifika von Hochschulkooperationen vertraut sein, die internen Abstimmungsprozesse unter anderem zwischen den Rechts- und Forschungsabteilungen koordinieren und als zentraler Ansprechpartner für die Hochschulen auftreten. Durch solche Maßnahmen können Unternehmen das für Kooperationen erforderliche Wissen und die notwendige Managementkompetenz aufbauen und Zuständigkeiten bündeln.
Empfehlungen zum Umgang mit Transparenz:
Private Mittelgeber unterstützen durch Zuwendungen Forschung und Lehre an Hochschulen. Bei Zuwendungen müssen zwei grundsätzlich unterschiedliche Arten unterschieden werden:
Bei beiden Arten von Zuwendungen an Hochschulen – Spenden und Sponsoring – besteht seitens des Geldgebers kein Anspruch auf Nutzung von Forschungsergebnissen. Geistiges Eigentum aus den geförderten Aktivitäten bleibt bei der Hochschule, es kann auch nicht teilweise auf Unternehmen übertragen werden. Mit der Förderung dürfen keine Erwartungen hinsichtlich des Abschlusses von Umsatzgeschäften oder Beschaffungsvorgängen verknüpft werden.
Bei Zuwendungen hat der Mittelgeber nur sehr eingeschränkte Rechte. Der Zuwendungsgeber hat die Möglichkeit, die Zuwendung für einen bestimmten Zweck vorzusehen (Zweckbestimmung), zum Beispiel für ein bestimmtes Forschungsprojekt. Er darf mit der Hochschule vereinbaren, dass die Hochschule für diesen Zweck ebenfalls Leistungen erbringt, beispielsweise Räumlichkeiten für ein An-Institut stellt oder die Weiterfinanzierung einer gestifteten Professur übernimmt. Der Geldgeber hat auch das Recht, die Mittelverwendung für den bestimmten Zweck zu kontrollieren. Dies kann beispielsweise durch Berichte über die Tätigkeit der geförderten Einrichtung oder des geförderten Projekts erfolgen, die Beobachtung des Berufungsverfahrens etc.
Dem Transparenzgebot zuwider läuft eine derzeit um sich greifende Steuerpraxis, die die Steuergesetze so auslegt, dass bereits das Nennen des Spenders eine Gegenleistung für den Spender darstellt, die aus einer gemeinnützigen Spende ein umsatzsteuerpflichtiges Sponsoring macht. Der Spender hat demnach keine Möglichkeit, vom Empfänger vertraglich Transparenz dahingehend einzufordern, dass der Name des Spenders bei Bekanntmachungen zur Spende genannt werden soll.
Empfehlungen zum Umgang mit Transparenz: