University:Future Festival 2023

Der Stifterverband war Unterstützer des University:Future Festivals, das vom 26. bis 28. April 2023 stattfand und mit mehr als 5.500 Anmeldungen und knapp 4.000 aktiven Teilnehmerinnen und Teilnehmern die bislang größte Veranstaltung zur Zukunft der universitären Bildung in Deutschland gewesen ist.

Das vom Hochschulforum Digitalisierung und der Stiftung Innovation in der Hochschullehre organisierte Hybrid-Event fand nicht nur online und in Berlin statt, sondern erstmalig auch auf Partnerbühnen in Bochum und Heilbronn – letztere betreut durch den KI-Campus. Künstliche Intelligenz und Future Skills waren laut einer Befragung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer die beliebtesten Inhalte des Festivals.

Wo stehen die deutschen Hochschulen aktuell im Prozess der digitalen Transformation und was müssen sie tun, um Studierende auf eine digitalisierte Lebens- und Arbeitswelt vorzubereiten? Diese Fragen waren Thema der Podiumsdiskussion "Hochschulen nach Corona – Zwischenbilanz und Entwicklungsperspektiven". Zunächst wurde festgehalten, dass die meisten Hochschulen sich strategisch mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen. Eine weitere Erkenntnis aus dem Monitor Digitalisierung 360 Grad: Zwei Drittel der Studierenden wünschen sich eine multimedialere und interaktivere Lehre. Die Teilnehmenden der Diskussion waren sich einig, dass hybride synchrone Vorlesungen keine ausreichende Antwort auf diesen Wunsch sind.

Podiumsdiskussion: Hochschulen nach Corona - Zwischenbilanz und Entwicklungsperspektiven für das deutsche Hochschulsystem

Video abspielen>
Hochschulen nach Corona - Zwischenbilanz & Entwicklungsperspektiven für das deutsche Hochschulsystem (Video)

Digitale Tools sollten eher genutzt werden, um neue Lehrformate zu entwickeln. Die Freiheit der Lehre dürfe hierbei keine Ausrede sein: "Freiheit der Lehre bedeutet nicht Freiheit für schlechte Lehre", betonte Julius-David Friedrich (HFD/CHE). Alina Dieminger, Teilnehmerin des DigitalChangeMaker-Programms des HFD, wünschte sich, dass die Einbindung von Studierenden nicht nur vom Wohlwollen einzelner Lehrender abhängt, sondern auch auf strategischer Ebene systemisch verankert wird. Stärkere Kollaboration wurde auch hochschulübergreifend gefordert: Ein Dialog zwischen Politik, Hochschulleitungen und Lehrenden sei die Grundlage, um gemeinsame Ziele zu definieren und Unterstützungsstrukturen zu schaffen. Eine große Herausforderung sei dabei das föderale Bildungssystem. Andrea Frank (Stifterverband) plädierte für neue Formen der länderübergreifenden Zusammenarbeit, etwa bei Infrastruktur-Themen: "Nicht nur voneinander lernen, sondern miteinander handeln!"

 

Future Skills

Talk: Digital Future Skills im Unternehmen – Digitales Können für die Zukunft aufbauen

Video abspielen>
Digital Future Skills im Unternehmen (Video)

Großer Handlungsbedarf besteht in Bezug auf Future Skills. Das Bildungssystem muss sich, um mit aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten, stärker in Richtung kompetenzorientiertes Lehren und Lernen orientieren. Doch was genau sind Future Skills? In seinem Talk "Digital Future Skills im Unternehmen – Digitales Können für die Zukunft aufbauen" stellte Simon Klug (Bosch) die Meinung in Frage, dass es sich dabei um isolierte, eigenständige Fähigkeiten handelt. Stattdessen betonte er die Bedeutung von digitalen Kompetenzen für berufliche und gesellschaftliche Teilhabe. Er beschrieb die Herausforderungen, vor denen sein Unternehmen aufgrund der Digitalisierung steht. Das Unternehmen möchte alle Beschäftigten mitnehmen und ihr Fachwissen um digitale Kompetenzen erweitern. Dafür wurden erfolgreiche Programme zur Weiterbildung und Qualifizierung entwickelt, die auf Zusammenarbeit, projektorientiertem Lernen und praktischen Beispielen basieren. Klug stellte ein Beispiel für ein Programm zur Weiterbildung von Data Scientists vor. Weit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie zahlreiche Rückfragen im Chat dokumentieren, dass das Thema die Community bewegt.

Talk: Wie macht man einen globalen Standard for Data and AI Literacy?

Video abspielen>
Wie macht man einen globalen Standard for Data and AI Literacy? (Video)

Im Talk "Wie macht man einen globalen Standard for Data and AI Literacy?" von Katharina Schüller und Henning Koch (Stifterverband) ging es darum, ein gemeinsames Verständnis von Datenkompetenz zu entwickeln, die Bedeutung von Daten und Künstlicher Intelligenz (KI) in der Gesellschaft deutlich zu machen und ethisch vertretbar zu gestalten. In diesem Zusammenhang stellten die beiden die Data-Literacy-Charta vor, die zu einem internationalen Standard ausgebaut werden soll.

 

KI-Kompetenzen

Es überrascht kaum, dass KI-Kompetenzen zu den meistdiskutierten Future Skills gehörten. Ein zentrales Thema war natürlich der konkrete Umgang mit generativen KI-Tools wie ChatGPT  – nicht nur, aber natürlich ganz besonders auch auf der KI-Campus-Stage.

Talk: Kompetenzorientiertes Prüfen im Zeitalter von KI Schreibtools

Video abspielen>
Kompetenzorientiertes Prüfen im Zeitalter von KI Schreibtools (Video)

Julia Philipp und Nadine Lordick (Ruhr-Universität Bochum) zeigten in ihrem Talk "Kompetenzorientiertes Prüfen im Zeitalter von KI-Schreibtools", wie Chatbots für das wissenschaftliche Schreiben eingesetzt werden können. Sie betonten, dass das Schreiben vielfältige Aufgaben erfüllt, zum Beispiel zur Kommunikation von Forschungsergebnissen, aber auch als Denk- und Lerninstrument. Daraus ergab sich eine Diskussion: Wie unterscheiden sich Herangehensweise und Lerneffekte beim Schreiben mit und ohne KI-Tools? Und wie können entsprechende Kompetenzen vermittelt und geprüft werden?

Talk: KI-Kompetenzen in der interdisziplinären Lehre

Video abspielen>
KI-Kompetenzen in der interdisziplinären Lehre (Video)

Im Talk "KI-Kompetenzen in der interdisziplinären Lehre" von Andreas Mauthe, Henning Pätzold, Carolin Metz und Christian Schneiderwurde (Universität Koblenz) wurde demonstriert, wie vielfältig KI in der interdisziplinären Lehre eingesetzt werden kann, etwa in Anwendungsgebieten wie E-Commerce, Bildung, Gesundheit und Industrie. Als mögliche Problemfelder wurden ethische Fragen, Verantwortlichkeit und Anfälligkeit für Manipulationen und Angriffe genannt. Herausforderungen wie diese machen die Vermittlung von Kompetenzen und weitere Forschung für eine effektive und ethische Nutzung erforderlich.

Talk: KI-Sprachmodelle, Recommender & Learning Analytics

Video abspielen>
KI-Sprachmodelle, Recommender & Learning Analytics (Video)

Matthias Bandtel (Hochschulnetzwerk Digitalisierung der Lehre Baden-Württemberg) und Alexander Klein (Universität Konstanz) diskutierten in ihrem Talk "KI-Sprachmodelle, Recommender & Learning Analytics" Anwendungsbeispiele von KI-Tools in der Lehre sowie die Datensouveränität von Studierenden und Lehrenden. Wie können Nutzerinnen und Nutzer zum Beispiel feststellen und sichergehen, dass Algorithmen keinen Fehlentscheidungen unterliegen, und welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Täuschung durch Sprachmodelle zu verhindern?

Keynote: Mutige Studierende gesucht! KI-Gründertum als Karrierechance

Video abspielen>
Mutige Studierende gesucht! KI-Gründertum als Karrierechance (Video)

KI-Kompetenzen sind auch ökonomisch relevant. Vanessa Cann (KI Bundesverband) zeigte in ihrer Keynote "Mutige Studierende gesucht! KI-Gründertum als Karrierechance" die Potenziale von KI-Gründertum nach dem Studium auf und ermutigte insbesondere weibliche Studierende, diesen Karriereweg einzuschlagen. Als Unterstützung für gründungsinteressierte Studierende und KI-Start-ups stellte sie verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten vor.

 

Künstliche Intelligenz im Bildungssystem

Keynote: Correctness, complexity and collaboration:​ A new era of AI​

Video abspielen>
Correctness, complexity & collaboration:​ A new era of AI​ (Video)

Mit generativer KI revolutioniert eine neue Generation von Künstlicher Intelligenz die Wissensarbeit. Wie können wir das neue Mensch-Maschine-Paradigma in der Arbeitswelt und in der Bildung aufbauen? Welche Fähigkeiten brauchen die Menschen, um dieses Zeitalter zu meistern und wie können wir die KI nutzen, um unseren Bildungssektor zu verbessern? In der Keynote "Correctness, complexity and collaboration:​ A new era of AI" ging Jonas Andrulis (Aleph Alpha) diesen Fragen nach. Die KI-Systeme von Aleph Alpha werden als europäische Alternative zu ChatGPT gehandelt.

Talk: Micro-Degrees zu Künstlicher Intelligenz

Video abspielen>
Micro-Degrees zu Künstlicher Intelligenz (Video)

Kürzere Online-Zertifikats- und Qualifizierungsprogramme auf digitalen Lernplattformen bieten als flexible, innovative Formate Potenzial für mehr Individualisierung, Modularisierung und Durchlässigkeit im Bildungsbereich. In ihrem Talk "Micro-Degrees zu Künstlicher Intelligenz" stellten Dana-Kristin Mah und Mike Bernd (KI-Campus/Stifterverband) den Status quo nationaler, europäischer und internationaler Aktivitäten zu Micro-Credentials und Micro-Degrees vor. Am Anwendungsfall des KI-Campus, der Lernplattform für Künstliche Intelligenz, wurden aktuelle Entwicklungen und Perspektiven aus der Praxis präsentiert. Es wurde betont, dass es viele Chancen für Micro-Credentials und Micro-Degrees gibt. Gleichzeitig bestehen weiterhin Herausforderungen wie die Qualitätssicherung und die fehlende Kohärenz auf politischer Ebene.

Keynote: Who's afraid of GPT?

Video abspielen>
Who’s afraid of GPT? (Video)

Manuel Dolderer (CODE University, Kernteam-Mitglied des HFD) stellte in seiner Keynote die Frage "Who's afraid of GPT?" und gab einen Ausblick, wie die KI-gestützte Hochschule der Zukunft aussehen könnte. Dolderer betonte die Verantwortung von Bildungseinrichtungen, um Menschen aller Altersgruppen mit KI-Tools vertraut zu machen und ihnen so die Möglichkeit zu geben, ihre Zukunft mitzugestalten. Er sprach über die Notwendigkeit, Lernergebnisse neu zu definieren und Lernkonzepte sowie Lernumgebungen neu zu gestalten.

Keynote: KI-Chatbots als Lern- und Lehrassistenten an der Hochschule

Video abspielen>
KI-Chatbots als Lern- und Lehrassistenten an der Hochschule (Video)

Christian Spannagel (Pädagogische Hochschule Heidelberg) befasste sich in seiner Keynote "KI-Chatbots als Lern- und Lehrassistenten an der Hochschule" mit dem konstruktiven Einsatz von KI-Systemen in der Lehre jenseits von Verboten. Er zeigte, dass KI-Chatbots an Hochschulen eingesetzt werden können, um den Lern- und Lehrprozess zu unterstützen. Die Diskussion konzentrierte sich auf die Auswirkungen auf Lernziele, Unterrichtsmethoden und Prüfungen. Es wurden verschiedene Beispiele und Ideen präsentiert, um den Einsatz von KI in der Hochschulbildung zu fördern und die Lernumgebung zu verbessern. Passend zum Thema stellte Christian Spannagel den neuen Kurs "Sprachassistenzen als Chance für die Hochschullehre" auf dem KI-Campus vor.

Talk: Made in Europe: Responsible AI und die Zukunft der Bildung

Video abspielen>
Made in Europe: Responsible AI und die Zukunft der Bildung (Video)

Alois Krtil (ARIC) betonte in seinem Talk "Made in Europe: Responsible AI und die Zukunft der Bildung" die Bedeutung von verantwortungsvoller KI für die Bildung. Er forderte ein angemessenes Ökosystem, um das Thema KI in Europa voranzutreiben. Um die gesamte Gesellschaft einzubeziehen, plädierte er dafür, Ängste abzubauen und eine informierte Diskussion über KI zu fördern.

Statements von der KI-Campus-Stage zum Thema Künstliche Intelligenz und Bildung

Video abspielen>
Statements von der KI-Campus-Stage (Video)

Hinter den Kulissen des Festivals hat der KI-Campus in Heilbronn Interviews zu KI und Bildung geführt. Die befragten Expertinnen und Experten waren sich einig, dass Offenheit für neue KI-Tools, aktives Ausprobieren und der Aufbau von KI-Kompetenzen zentral sind, um Künstliche Intelligenz sinnvoll in der Bildung einsetzen zu lernen.

 

Ein hybrider Raum für Diskussionen

Durch seinen hybriden Ansatz einschließlich Community Spaces und virtuellen Ausstellungsräumen verkörperte das Festival selbst die Weiterentwicklung zukunftsfähiger Lehr-Lern-Räume. Florian Rampelt (KI-Campus/Stifterverband) twitterte dazu: "What I really love at UFFestival is how hundreds of participants participate in sessions and discuss on the online platform whilst others are joining regional events in different cities around Germany. This is how the NewNormal of education conferences looks like."

Auf der Lobby-Bühne des University:Future Festivals 2023 sprach Lara Kolbert (Stifterverband) über das Programm "Lernarchitekturen – Raum für zukunftsorientierte Bildung". Das Programm, das vom Stifterverband und der Dieter Schwarz Stiftung initiiert worden ist, zielt darauf ab, zukunftsorientierte Lernräume an Hochschulen zu gestalten, die den Wandel von der Lehre zum Lernen fördern und digitale Lernmöglichkeiten integrieren. Es umfasst Raumlabore, die experimentelle Lernumgebungen schaffen, sowie die Auszeichnung von Best-Practice-Beispielen in Hochschulen. Ziel ist es, Lernorte zu schaffen, die die Bedürfnisse der Lernenden und Lehrenden berücksichtigen und auf den Kompetenzen Kreativität, kritisches Denken, Kommunikation und Kollaboration basieren.

 

Fazit

War das University:Future Festival ein Erfolg? 92 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, neue Impulse für ihre Arbeit erhalten zu haben, 86,5 Prozent gaben an, neue Kenntnisse gewonnen zu haben. Inhaltlich wurde deutlich: Future Skills sind eigentlich Presence Skills. Dennoch war auf dem Festival, namentlich beim abendlichen "Get:together" der KI-Campus-Stage, auch etwas (KI-generierte) Zukunftsmusik zu hören.