Cyber and the City
Ausgezeichnet wurde ein interdisziplinäres Team mit einer Informatikerin und zwei Kulturwissenschaftlern aus Tübingen.
Ulrike von Luxburg, Professorin für die Theorie des Maschinellen Lernens an der Universität Tübingen, Tim Schaffarczik, Doktorand am Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen, und Thomas Thiemeyer, Professor für Empirische Kulturwissenschaft, ebenfalls am Ludwig-Uhland-Institut, bilden gemeinsam das Team "Cyber and the City". Sie erhalten die Auszeichnung für ihre herausragende und vielfältige Wissenschaftskommunikation zur Entwicklung und Umsetzung der Ausstellung "Cyber and the City: Künstliche Intelligenz bewegt Tübingen", die modellhaft auch für den Dialog zu anderen kontrovers diskutierten Wissenschafts- und Technologiethemen ist.
Die Jury aus Wissenschaftsjournalistinnen und Wissenschaftsjournalisten, Kommunikations- und PR-Fachleuten unter dem Vorsitz von DFG-Vizepräsident Prof. Dr. Johannes Grave würdigte bei ihrer Entscheidung, dass das Team "Cyber and the City" das so abstrakte wie kontroverse Thema Künstliche Intelligenz in die Lebens- und Erfahrungswelt der Menschen holt. Zudem eröffne es einen Dialograum, in dem sehr unterschiedliche Positionen und Interessen verhandelt werden können.
Dazu habe das Team in einer erfolgreichen interdisziplinären Zusammenarbeit von Informatik und Empirischer Kulturwissenschaft eine Ausstellung im Tübinger Stadtmuseum und ein Begleitprogramm entworfen. Studierende der beiden Disziplinen erarbeiteten die Grundlagen für die Ausstellung und die weiteren Kommunikationsformate und bezogen dabei Interessengruppen, Bürgerinnen und Bürger, Aktivistinnen und Aktivisten oder auch Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in die Konzeption und Umsetzung ein. Auf diese Weise sei eine Kommunikationsplattform entstanden, die eine gemeinsame Sprache zu Herausforderungen und Chancen von Künstlicher Intelligenz findet und sowohl Befürworterinnen und Befürworter als auch Skeptikerinnen und Skeptiker von KI zu Wort kommen lässt.
Flankiert wurde die Ausstellung von einem umfangreichen Begleitprogramm, in das sich die an der Ausstellung beteiligten Akteurinnen und Akteure mit eigenen Veranstaltungen einbringen konnten. Zu den Veranstaltungen zählten etwa die "Retro Gaming Night meets KI" sowie die in Kooperation mit dem SWR veranstaltete Podiumsdiskussion "Wer kontrolliert KI?". Die Ausstellung zog von Februar bis Anfang Dezember 2023 rund 40.000 Besucherinnen und Besucher unterschiedlicher Altersgruppen an – in einer Stadt mit rund 90.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Durch Ausstellung und Begleitprogramm entstand so insgesamt ein Dialograhmen, der die am Standort sehr kontrovers geführte Diskussion rund um Künstliche Intelligenz versachlicht hat, ohne dabei Emotionen und Positionierungen zu ignorieren.
Die Jury für den Communicator-Preis hob hervor, dass die lokale Verortung der Kommunikation bei diesem Projekt eine besondere Bedeutung habe: Künstliche Intelligenz – als global wirksames und zugleich schwer greifbares Thema – wurde hier am konkreten Fall, als Konsequenz von kontroversen Debatten in der Stadt und gemeinsam mit lokalen Akteurinnen und Akteuren verhandelt. Und dies geschah nicht in digitalen Foren, sondern im direkten Austausch der Beteiligten. Damit sei es dem Team hervorragend gelungen, ein schwieriges Thema leicht, humorvoll und dabei sachlich und intelligent umzusetzen. Insgesamt, so die Jury, sehe sie in der Arbeit des Teams den gelungenen Weg einer dialogischen Wissenschaftskommunikation, die weit über den Standort und das konkrete Thema hinausweise. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Dialogkultur, in der verschiedene Argumente und Positionen kaum noch in einen konstruktiven Austausch zu bringen sind, sei dies ein besonders ermutigendes Projekt.
Das ausgezeichnete Team wurde in einem mehrstufigen Auswahlprozess aus 38 Bewerbungen und Vorschlägen ausgewählt. Verliehen wurde der Communicator-Preis im Rahmen der Jahresversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft am 1. Juli 2024 in Potsdam von DFG-Präsidentin Prof. Dr. Katja Becker sowie dem ehemaligen Präsidenten und Ehrenmitglied des Stifterverbandes, Prof. Dr. Dr. Andreas Barner.