Die zunehmende Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt setzt neue Kompetenzen und Qualifikationsprofile von Hochschulabsolventen voraus, um sie zu aktiver Teilhabe in der Gesellschaft (citizenship) und in der Arbeitswelt (employability) zu befähigen. So werden gesellschaftliche Handlungsabläufe und Arbeitswelten in Zukunft noch stärker durch komplexe Interaktionen zwischen Menschen, Maschinen und Netzstrukturen geprägt sein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden weitaus kollaborativer in interdisziplinären, interprofessionellen, branchenübergreifenden und internationalen Kontexten arbeiten müssen; in allen Arbeitsfeldern erfolgt eine Technisierung, die die souveräne Nutzung digitaler Medien unabdingbar macht.
Damit muss eine entsprechende Weiterentwicklung von Studieninhalten, Lernformaten und Lehrmethoden einhergehen. Mit dem Förderprogramm "Curriculum 4.0" haben die Carl-Zeiss-Stiftung und der Stifterverband die Neuausrichtung und Weiterentwicklung der Studiengänge vorangetrieben und curriculare Reformprojekte ausgezeichnet, die neue Lösungsansätze aufzeigten.
Das Förderprogramm wollte einen Beitrag dazu leisten, die Curricula bestehender Studiengänge weiterzuentwickeln, neue Studieninhalte aufzugreifen sowie Studien- und Lernformen an eine zunehmend durch Digitalisierung geprägte Lebens- und Arbeitswelt anzupassen. Die geförderten Projekte nahmen einen ganzen Studiengang in den Blick oder fokussierten ganze curriculare Abschnitte oder Module, wie beispielsweise die Studieneingangsphase.
Eine 15-köpfige Jury, zusammengesetzt aus Vertretern der Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, hatte aus 150 Bewerbungen die besten Ideen ausgewählt. Für die Umsetzung ihrer Ideen erhielten die Siegerhochschulen jeweils bis zu 60.000 Euro.
Die Carl-Zeiss-Stiftung förderte sechs Hochschulen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen in den Fächern Ingenieur- und Naturwissenschaften:
Gestaltungs-Kompetenzen für die Digitale Transformation durch Modul-Bausteine mit innovativen Lehrinhalten und Lehrmethoden (DigiTransMoBiL)
Das im Studiengang Wirtschaftsinformatik der Dualen Hochschule Baden-Württemberg angesiedelte Projekt DigiTransMoBiL setzt sich zum Ziel, die durch die digitale Transformation stärker geforderten Kompetenzen durch curriculare Weiterentwicklung noch besser im Studium abzubilden. Es besteht eine große Übertragbarkeit auf andere Studiengänge.
InfoStuDi – Informatik studieren in der digitalen Gesellschaft
Die Hochschule Kaiserslautern plant eine umfassende Reform ihres Bachelorstudiengangs Informatik. Lernprozesse sollen zeitlich und örtlich flexibel gestaltet, selbständige Wissensaneignung durch Teamarbeit ausgebaut, die Mediennutzung im Studium intensiviert und die Herausbildung interpersonaler Kompetenz durch Peer-Gruppen gefördert werden. Ein Projekt mit Modellwirkung für viele andere Bildungsinstitutionen.
Zeitliche Flexibilisierung und Individualisierung der Tiefe der Wissensvermittlung, Umstellung des didaktischen Konzepts der Kompetenzvermittlung
In diesem Projekt strebt die Hochschule Reutlingen eine Neugestaltung des Moduls "Grundlagen der Informatik" an. Zielsetzung sind die zeitliche Flexibilisierung und Individualisierung der Wissensvermittlung unter Berücksichtigung heterogener individueller Vorkenntnisse sowie die Umgestaltung des didaktischen Konzepts der Kompetenzvermittlung unter Verknüpfung und Neugestaltung digitaler Elemente in den ersten zwei Semestern.
e-Portfolios
Das im Antrag vorgestellte e-Portfolio-Konzept ist fachlich in eine neue kompetenz-orientierte Studienstruktur eingebunden, die in allen vier Bachelorstudiengängen der Fakultät Information und Kommunikation im Wintersemester 16/17 eingeführt wurde. Mit Hilfe von e-Portfolios soll die Vernetzung von Studieninhalten gefördert und bei den Studierenden eine Reflexion über ihre individuelle Kompetenzentwicklung angeregt werden. Der Antrag überzeugt durch den konsequenten und systematischen Ansatz.
Industrie 4.0 – Smart Learning Platform
Ziel des Vorhabens ist eine modellhafte Erprobung und Implementierung eines multimedialen und technologiebasierten Lernangebots für Studierende des 1. bis 6. Semesters. Der Antrag überzeugt durch eine klare inhaltliche Ableitung, intelligente Verknüpfung von digitalen Inhalten und Methoden sowie durch einen hohen Praxisbezug.
Augmented Civil Engineereality (AuCity)
Im Projekt soll eine App entwickelt werden, die es ermöglicht, draußen auf der Baustelle die mit der Kamera erzeugten Bilder mit zusätzlichen Informationen zu versehen. Damit erfolgt praxisnahes Lernen vor Ort am konkreten Objekt, ein innovativer Ansatz mit praktischer Relevanz.
Der Stifterverband förderte sechs Hochschulen deutschlandweit und fächerübergreifend:
LEAD – Learn Acting Digitally
Die RWTH Aachen entwickelt einen interdisziplinären Wirtschaftsingenieurwesen-Masterstudiengang im Blended-Learning-Format zur Förderung von Handlungs- und Managementkompetenzen für digitale Arbeitswelten mit dem Titel "Management and Engineering in Technology, Innovation, Marketing und Entrepreneurship (MME-TIME)" an. Ziel ist es, angehende Führungskräfte an eine neue Art des "digitalen Lernens" heranzuführen. Das vorbildhafte Projekt hat das Ziel, seinen Studierenden das Fachwissen und die Kompetenzen zu vermitteln, um sich erfolgreich und verantwortungsvoll in digitalen Arbeitswelten zu bewegen.
Learning Innovation Engineering. Reform-Initiative zur technikbasierten und kompetenzorientierten Lehre im Maschinenbau
Das Projekt der TU Chemnitz reagiert auf die sich verändernden Kompetenzanforderungen im Bereich cyber-physischer Produktionssysteme, indem es den Masterstudiengang Systems Engineering auf hohem Niveau digital-didaktisch neu konzipiert – von der Lernzielformulierung über die Prüfungsgestaltung bis hin zum Technologieeinsatz und der Lernorganisation – und als berufsbegleitenden Weiterbildungsmaster für Ingenieure anbietet. Angelegt als Innovationsprozess, der alle Beteiligten, also Lehrende, Studierende, wie auch Praxis- und Forschungspartner, über ein "Netzwerkdreieck Praxis-Lehre-Forschung" aktiv einbindet, soll so ein nachhaltiger Beitrag zur Modernisierung der Ingenieursausbildung im Kontext Industrie 4.0 geleistet werden.
Das Projekt der TU Chemnitz wird zusätzlich freundlicherweise von der IHK Chemnitz gefördert.
Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeuge zur Entwicklung von Industrie 4.0-Geschäftsmodellen im Mittelstand
Das Reformprojekt der Universität Magdeburg erweitert den grundständigen und künftig auch berufsbegleitenden Master-Studiengang "Integrated Design Engineering" um neue Module sowie moderne Lern- und Studienformen mit dem Ziel, mittelständischen Maschinen- und Anlagenbauern praxisnah die Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeuge zur Entwicklung eigener Industrie 4.0-Geschäftsmodelle zu vermitteln. Darüber hinaus soll ein Prozessmodell entstehen, das sich als standardisierte Vorlage für die Entwicklung derartiger innovativer, arbeitsintegrierter Lernangebote eignet und das neue Format für Unternehmen und Hochschulen adaptierbar macht.
Medizin im digitalen Zeitalter
Durch die Digitalisierung verändert sich auch der Ärzteberuf. Diesem veränderten Qualifikationsprofil will das Projekt Rechnung tragen, indem Studierenden Kompetenzen im Umgang mit der digitalen Medizin vermittelt werden. Dies geschieht didaktisch im Rahmen eines Blended Learning-Konzepts und inhaltlich durch eine Schwerpunktsetzung auf Themen wie mHealth, Telemedizin und Möglichkeiten der digitalen Kommunikation.
Das Projekt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird zusätzlich freundlicherweise von der Biogen GmbH gefördert.
Agiles Curriculum Wirtschaftsingenieurwesen
Durch die Digitalisierung ändern sich die inhaltlichen Anforderungen im Studium in immer kürzeren Abständen. Die FH Münster legt mit dem Projekt "Agiles Curriculum" einen Grundstein für eine kontinuierliche Anpassung des Curriculums. Das Konzept verknüpft methodische und inhaltliche Anpassungen in vorbildlicher Weise und hat damit Modellcharakter für andere Studiengänge.
Design 0815
Die FH Potsdam identifiziert die Wandlung des Designers weg vom reinen Gestalter hin zum Moderator und Impulsgeber in partizipativen Kreativprozessen. Dieser Wandlungsprozess geschieht vor dem Hintergrund einer sich verändernden Gesellschaft sowie sich dynamisch entwickelnden Hilfsmitteln. Die FH Potsdam adressiert die dafür benötigten neuen Kompetenzen in der Analyse großer Datenmengen und komplexer Aufgabenstellungen sowie der Bewertung des Potenzials und der Integration neuer Hilfsmittel.
Bilder von der feierlichen Auszeichnung der Siegerhochschulen am 24. Oktober 2016 in Berlin durch Theresia Bauer (Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg), Prof. Dr. Dr. Friedrich W. Hesse (Direktor des Leibniz-Instituts für Wissensmedien und Vorsitzender der Jury des Förderprogramms "Curriculum 4.0") und Prof. Dr. Andreas Schlüter (Generalsekretär des Stifterverbandes)
Das Förderprogramm war auf eine Dauer von zwei Jahren
angelegt und wurde von 2016 bis 2018 umgesetzt.
Programmpartner
Carl-Zeiss-Stiftung
Förderer
Biogen GmbH
IHK Chemnitz
ist Programmmanager im Bereich
"Programm und Förderung".
T 0174 9080747