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Kraftpaket fürs Klima

Fernverkehr-Lkw mit Wasserstoff
elektrisch betreiben

Nominiert für den Deutschen Zukunftspreis 2025


Die Zukunft unserer Mobilität ist elektrisch. Daran gibt es kaum Zweifel. Aber wie erreichen wir eine fossilfreie Mobilität möglichst flächendeckend für alle Fahrzeugarten und Mobilitätsanwendungen? Hier gibt es nicht nur eine Antwort, denn die Bedarfe in der Mobilität sind unterschiedlich. Beim Pkw setzt sich das batteriebetriebene Fahrzeug mehr und mehr durch. Die Reichweiten werden beständig größer, die Ladezeiten dagegen immer kürzer. Doch wie sieht es beim Schwerlastverkehr auf langen Strecken aus? Batterien für den Schwerlasttransport sind schwer und sperrig, die Ladezeiten für den wartenden Lkw-Fahrer lang. Kann hier die Batterie den Diesel verdrängen? Oder gibt es da noch andere Wege?

Das nominierte Team ist sich sicher: Ja, es gibt einen anderen Weg, denn es ist ihn gegangen. Konsequent, zielgerichtet und erfolgreich. Die Forscher haben ein Brennstoffzellen-Antriebssystem entwickelt, ihr Fuel Cell Power Module, das aus Wasserstoff Strom erzeugt und es ermöglicht, einen schweren Lkw elektrisch und emissionsfrei zu betreiben, ohne Einschränkungen bei Reichweite oder Nutzlast für Transportgüter.

Das für den Deutschen Zukunftspreis 2025 nominierte Team III (Foto: Ansgar Pudenz/DZP)
Das für den Deutschen Zukunftspreis 2025 nominierte Team III (Foto: Ansgar Pudenz/DZP)
Foto: Ansgar Puden/DZP
  • Christoffer Uhr, Robert Bosch GmbH
    (Sprecher des Teams)
  • Kai Weeber, Robert Bosch GmbH
  • Pierre Andrieu, Robert Bosch GmbH

 
Um zu verstehen, wie das Team die Technik zu einem echten Langstrecken-Gamechanger gemacht hat, hilft es nachzuvollziehen, wie eine Brennstoffzelle funktioniert. Eine Brennstoffzelle kann durch Verbrauch eines Brennstoffs elektrischen Strom erzeugen. Allerdings findet keine Verbrennung statt, sondern eine elektrochemische Reaktion.

In der Brennstoffzelle oxidiert der Brennstoff und wandelt dabei seine chemische Energie in elektrische Energie um. Verwendet man dafür Wasserstoff, oxidiert dieser mit Sauerstoff aus der Luft zu reinem Wasser. So lässt sich in einer Brennstoffzelle elektrische Energie ohne Flamme und ohne Kohlendioxidausstoß erzeugen. Ein Fahrzeug mit einer Brennstoffzelle fährt also genauso elektrisch wie ein batteriebetriebenes Fahrzeug. Nur dass die gespeicherte Energie nicht in einer Batterie steckt, sondern im mitgeführten Wasserstoff.

Aber wenn die Brennstoffzelle nur die Batterie ersetzt, warum entwickelt man eine aufwändige Brennstoffzelle und verwendet nicht die vorhandene Batterie-Technologie? Zum einen ist das Brennstoffzellen-System weniger abhängig von kritischen Rohstoffen und geopolitischen Veränderungen. Zum anderen liegt das an dem "Scale-up". Ein Lkw benötigt deutlich mehr Leistung als ein Pkw. Er braucht daher eine wesentlich größere Batterie, und das macht es problematisch: Denn eine größere Batterie wird schnell sehr schwer. Auch bei batteriebetriebenen Pkw macht die Batterie einen großen Teil der Fahrzeugmasse aus, hier ist das Gesamtgewicht jedoch nicht ganz so relevant. Bei einem Lkw ist das Gewicht allerdings zentral, denn es entscheidet über die Wirtschaftlichkeit, da ein Lkw zusammen mit seiner Ladung maximal 40 Tonnen wiegen darf. Je schwerer das Fahrzeug selbst, umso weniger Ladung kann es aufnehmen und desto weniger wirtschaftlich ist es im Betrieb. Stellt man nun einen Brennstoffzellen- und einen vergleichbaren batteriebetriebenen Lkw auf die Waage, zeigt sich: Der Lkw mit der Brennstoffzelle ist rund vier Tonnen leichter, ein zentrales Argument für die Brennstoffzelle. Ein 40-Tonnen-Brennstoffzellen-Lastzug kann also rund 10 Prozent mehr Nutzlast transportieren als ein batteriebetriebener Lkw – das sind Welten in der kosten- und effizienzgetriebenen Speditionsbranche. Hinzukommt, dass das Betanken eines mit Wasserstoff betriebenen Lkw wesentlich schneller geht als das Laden einer entsprechend großen Batterie.

Viel spricht also im Vergleich für den Betrieb eines Lkw mit Wasserstoff. Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende, hier fängt sie erst an. Einen wasserstoffbetriebenen Antrieb zu bauen war für die drei Nominierten mehr als nur eine Batterie durch eine Brennstoffzelle zu ersetzen. Das Team hat daher nicht nur die Brennstoffzelle entwickelt, sondern einen ganzen Antriebsstrang mit vielen fein abgestimmten Komponenten und einer komplexen Regelung, die allen Wettern und Temperaturen von der Sahara bis zur kanadischen Polarluft trotzen kann und sich daher für jede Langstrecke der Welt eignet.

Lkw-Motor mit Brennstoffzelle (Foto: Ansgar Pudenz/DZP)
Lkw-Motor mit Brennstoffzelle (Foto: Ansgar Pudenz/DZP)
Foto: Ansgar Puden/DZP

Das Herzstück des von dem Team entwickelten Antriebs ist das Brennstoffzellen-System. Es sitzt dort, wo in einem herkömmlichen Lkw der Motor verbaut ist. Der Wasserstoff für die Brennstoffzelle wird aus Tanks entnommen, die unter einem Druck von 700 bar stehen. Gleichzeitig wird über mehrere Turboverdichter Luft in die Brennstoffzelle gedrückt. Nun oxidiert die Brennstoffzelle, die aus mehreren hunderten gestapelten Zellen besteht, den Wasserstoff mittels eines Platinkatalysators mit dem Luftsauerstoff zu Wasser, wobei elektrische Energie entsteht. Diese Energie treibt entweder direkt den Elektromotor an oder wird in einem kleinen Akku zwischengespeichert. Der Motor wird dann zusätzlich aus diesem Akku gespeist, wenn Lastspitzen auftreten. Das gewährleistet, dass im Lkw immer die benötigte Leistung bereitgestellt wird. Da die geforderte Motorleistung eines Lkw stark schwankt, je nachdem ob beschleunigt oder gebremst wird, ob es bergauf oder bergab geht, kann die Brennstoffzelle so möglichst gleichmäßig arbeiten. Das Zusammenspiel wird durch eine komplexe Regelung ermöglicht und ist feinste Ingenieurarbeit, in der Jahre der Entwicklung stecken.

Mit ihrem Team und Automobilpartnern haben Christoffer Uhr, Kai Weeber und Pierre Andrieu so einen völlig neuen Antrieb für Lkw im Schwerlastverkehr entwickelt, der emissionsfrei, leise und wirtschaftlich fährt – elektrisch mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle. Mehr noch: Die drei Nominierten haben bei der Entwicklung ihres Fuel Cell Power Modules auch die skalierbare Serienfertigung mitgedacht sowie das Recycling wichtiger Komponenten und Materialien. Heute wird ihr Brennstoffzellen-System in Stuttgart und im chinesischen Chongqing in Serie gefertigt. Weltweit sind bereits mehrere tausend Lkw mit der Lösung des Teams auf der Straße.

Politische Voraussetzung für die flächendeckende Nutzung ist die Bereitstellung von idealerweise grünem Wasserstoff. Wasserstoff ist kein Bodenschatz, sondern kann zum Beispiel durch Elektrolyse erzeugt werden: Man verwendet dafür elektrischen Strom, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Während man bei batteriegetriebenen Fahrzeugen nur die elektrische Energie bewegt, sind beim Wasserstoffbetrieb mehrere Umwandlungsschritte notwendig: Elektrischer Strom aus Erneuerbaren Energien wird für die Elektrolyse genutzt, der produzierte Wasserstoff wird im Lkw über die Brennstoffzelle wieder zu elektrischer Energie und treibt den Elektromotor an. Im Gegensatz zum batteriebetriebenen Fahrzeug treten mehr Verluste auf – die Umwandlung elektrischer Energie zu Wasserstoff und dann wieder in elektrische Energie. Dies wird am Wasserstoff gern kritisch gesehen. Warum er dennoch ein Energieträger der Zukunft ist, erklärt sich aus den Emissionen. Denn der Wirkungsgrad eines Prozesses ist vor allem dann von Bedeutung, wenn der Prozess insgesamt Emissionen verursacht. Dann ist es wichtig, diese zu reduzieren, also einen besseren Wirkungsgrad zu erzielen. Bei grünem Wasserstoff steht der Wirkungsgrad nicht im Fokus, da der gesamte Prozess von der Erzeugung bis zum Verbrauch ohne Abgabe von Schadstoffen und Emissionen geschieht. Wenn Wasserstoff an den Tankstellen, wie in den EU-Gesetzen verankert, flächendeckend verfügbar ist, wird Wasserstoff ein ebenbürtiger Ersatz für fossile Brennstoffe und ideales Speichermedium für regenerativ erzeugte Energie aus zum Beispiel Wind und Sonne.

Das Team hat mit seiner Innovation einen Bereich der Mobilität neu gedacht, der aktuell fast vollständig von der Verwendung von Dieselöl abhängt. Die drei Nominierten leisten so einen wichtigen Beitrag zu einer CO2-freien Mobilität. Im Mosaik der Energiewende ist ihre innovative Ingenieurleistung eine wichtige Ergänzung zu batteriebetriebenen Antrieben. Um bei dem Bild der Straße zu bleiben: Es ist ein mehrstreifiger Ausbau auf dem Weg in eine emissionsfreie Zukunft.

Das Projekt wurde vom Bundesverband der Deutschen Industrie vorgeschlagen.

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