Die Auswahl der Hochschulen hat im März 2020 eine Jury aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Zivilgesellschaft getroffen. Die Projektförderung beginnt mit dem Sommersemester 2020.
Wenn Beziehungen uns betreffen und berühren, eine Landschaft oder ein Kunstwerk uns anspricht, wenn bei einer Begegnung der Funke überspringt – dann spricht der Soziologie Hartmut Rosa von "Resonanz". In seinem gleichnamigen Buch entfaltet er vielseitig und vielschichtig die These, dass solche Erfahrungen, bei denen die Welt antwortet und gewissermaßen ins Schwingen kommt, entscheidend dafür sind, ein gutes Leben zu führen. Wir alle suchen, so die Diagnose des Autors, nach Resonanz.
Dem gegenüber steht allerdings die gegenteilige Erfahrung der Entfremdung. Die gängigen "Resonanzachsen" wie Familie, Freundschaft und Politik oder Arbeit, Schule, Sport, Religion, Natur, Kunst und Geschichte scheinen zunehmend zu verstummen. Wir leben in einer Zeit, die vielfach durch Wettbewerb, Konkurrenz und Beschleunigung gekennzeichnet ist. Und eine große Herausforderung der sozialen Distanzierung in der Corona-Krise besteht darin, die "Resonanzdrähte" zur Welt nun nicht zu kappen. Für die heutige wie für die künftige Gesellschaft ist es von besonderer Bedeutung, mehr Resonanzräume zu schaffen: Strukturen, die zu Resonanzerfahrungen einladen, sie ermöglichen und befördern – im Wissen allerdings auch, dass diese Erfahrungen der Machbarkeit entzogen sind.
Eine solche Aufgabe scheint wie geschaffen für eine Kunsthochschule, die zudem alternative soziale, pädagogische, therapeutische und ökonomische Modelle mitgestaltet. Die Alanus Hochschule möchte daher die Förderung innerhalb des Projekts "Eine Uni – ein Buch" nutzen, um durch die Lektüre von Rosas Werk das Resonanzpotenzial der Hochschulgemeinschaft ins Bewusstsein zu rufen, zu entfalten und in die Gesellschaft zu tragen. Dazu dienen Lesekreise, Workshops, Ringvorlesungen, Lehrveranstaltungen, künstlerische Transformationen, Ausstellungen, inter- und transdisziplinäre Projekte, Aktionen der Studierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Begegnungen mit der Öffentlichkeit. Als Höhepunkt ist im Herbst ein Resonanztag geplant.
Wer meint, das Thema "Zensur" sei nur für autoritäre und diktatorische Regime relevant, der sollte schnell zu Nikola Roßbachs Buch "Achtung Zensur!" greifen und sich eines Besseren belehren lassen. Zensur, das ist ein komplexer, schillernder, viel uneindeutigerer Begriff als es zunächst scheint, ein Begriff, der in einer demokratischen Gesellschaft und ihrer Dynamik immer wieder neu diskutiert und definiert werden muss. Das Grundgesetz legt zwar fest, dass eine Zensur nicht stattfinde, schränkt dies aber mit Verweis auf gesetzliche Regelungen sofort wieder ein. Meinungs-, Religions-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit konkurrieren dabei mit Persönlichkeitsrechten, mit Urheberrecht oder auch mit gesellschaftlich verankerten Vorstellungen von Moral und Anstand.
Die Literaturwissenschaftlerin Nikola Roßbach verdeutlicht eindringlich und zugleich allgemeinverständlich, wie breit das Spektrum der Fragestellungen ist, die mit Zensur zusammenhängen, etwa: Wie weit darf die Regulierung im Netz gehen, sind Uploadfilter dazu ein legitimes Mittel und wer darf sie einsetzen? Welches Maß an anonymer Beleidigung ist noch von der Meinungsfreiheit gedeckt? Ist die Kunstfreiheit im Zweifel höher zu bewerten als das Interesse von Urhebern oder von Personen, die sich plötzlich selbst ungefragt als in einem Roman porträtiert wiedererkennen? Wie wird der "Zensurvorwurf" als politischer Kampfbegriff etwa gegen die öffentlich-rechtlichen Medien eingesetzt? Welche Zensureffekte entstehen möglicherweise bei der öffentlichen Förderung (oder eben Nichtförderung) im Kulturbereich? Und nicht zuletzt: Wie sieht es bei uns mit der political correctness besonders in den Wissenschaften aus? Müssen wir es ähnlich wie vor allem in den USA ertragen, dass immer mehr wissenschaftliche Fragestellungen tabuisiert werden und der Lehrbetrieb immer stärker auf individuelle Befindlichkeiten von Studierenden Rücksicht nehmen muss? Oder ist gerade das ein Fortschritt?
Dies und vieles mehr soll in nächster Zeit an der Uni Bielefeld intensiv diskutiert werden – nicht zuletzt natürlich im Netz. Bielefelder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden sich öffentlich zu unterschiedlichen Aspekten von Zensur äußern, darunter auch solche, die aus Diktaturen nach Deutschland geflohen sind. Anhand von Lesungen und Performances im 30. Jahr der deutschen Einheit wird an die politischen Verhältnisse in der DDR erinnert und darüber nachgedacht, welche gesellschaftlichen Auswirkungen diese bis heute haben. Medienkünstler stellen ihre Arbeiten zur Freiheit des Internets zur Diskussion. Durch Zensur vergessene Literatur und Musik soll wieder gelesen und gespielt werden. Studentische Film- und Theatergruppen werden sich mit dem Thema auseinandersetzen. Und selbstverständlich soll live mit Nikola Roßbach diskutiert werden.
Mehr Info auf der Website der Universität Bielefeld
In seinem Roman "Die Pest" stellt sich Camus die Frage, was Solidarität, Freundschaft und Menschenliebe bedeuten können in einer Zeit, in der die Menschen mit einem großen Übel umgehen müssen. Welche Möglichkeiten und Wege gibt es, menschlich zu bleiben angesichts von ernsthaften Schwierigkeiten und sich sowohl gegen die Katastrophe selbst als auch gegen eine damit vielleicht einhergehende Verrohung zu wehren? Albert Camus gelingt dabei das Kunststück, Klarsicht und Realismus zu verbinden mit Hoffnung, Tatkraft und Humanität.
Mit dem Aufkommen der Corona-Krise und der damit einhergehenden Herausforderungen für uns alle könnte der Aktualitätsbezug nicht deutlicher sein. Doch nicht nur die weltweiten Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen aufgrund des aktuellen Krankheitsausbruchs, auch die klimatischen Veränderungen sowie das Leid der Menschen, die vor Krieg und Hunger zu flüchten versuchen, machen es notwendig, sich mit menschenfreundlichem und unaufgeregtem Blick Möglichkeiten von Solidarität zu widmen.
Im Rahmen der Auseinandersetzung mit Camus' Roman wird es darum gehen, aus verschiedenen Blickwinkeln und aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen Zusammenhänge zwischen dem Werk und aktuellen Fragen rund um Solidarität und andere Themen, die Camus uns in seiner Schrift anbietet, zu beleuchten. Was genau ist unter Solidarität zu verstehen und wie lässt sie sich beispielsweise von Loyalität und Paternalismus abgrenzen? Lässt sich die solidarische Stadt wissenschaftlich planen? Wie könnte man aus der Perspektive der Informatik "digitale Solidarität in der Gegenwart" denken, wie im Kontext von Nachhaltigkeits- und Klimaforschung Formen der Umwelt-Solidarität konkretisieren? Was bedeutet solidarisches Wirtschaften in der Gegenwart? Auf dem Blog der Universität Bremen, in Podiumsdiskussionen, Lehrveranstaltungen, Fachvorträgen, Workshops, einer Ausstellung und weiteren Formaten wird das Werk "Das Pest" von Camus in all seinem Facettenreichtum diskutiert und auf seinen Aktualitätsbezug hin untersucht.
Mehr Info im Blog der Universität Bremen
Abschlussbericht (PDF)
Das Buch von Stefan Brunnhuber greift unter anderem die von Karl R. Popper am Ende des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte Schrift "Open Society and Its Enemies" auf und regt die Leserinnen und Leser zu einem kritischen Diskurs über die heutige(n) Gesellschaft(en) an, ohne sich gleich in politische Diskussionen zu verstricken oder sich in den gesellschaftlichen Metathemen wie Globalisierung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Verteilungsgerechtigkeit zu verlieren.
Brunnhuber ist Mediziner und Wirtschaftssoziologe, Psychiater und Ökonom. Die Interessen des Dahrendorf-Schülers und Mitglieds des Austrian Chapter des Club of Rome sind vielfältig und umfassen Überlegungen zu Ressourcenkriegen und Friedenssicherung, Wachstum und Nachhaltigkeit. Die Fachhochschule Dresden wird die verschiedenen Aufträge einer Hochschule für angewandte Wissenschaften neu denken und wie sie als Veränderungsmotor in der Gesellschaft wirken kann. Als weltoffene Hochschule sieht sie sich mitverantwortlich für die zukünftige Gestaltung des Gemeinwesens, der Wirtschaft, des Sozial- und Gesundheitswesens etc. und kommuniziert offen und im Dialog. Sie diskutiert mit Studierenden, Dozierenden, Verwaltungsmitarbeitenden und Kooperationspartnern über künstlerische Freiheit (Fakultät Design), Gestaltung offener Marktprozesse, freier touristischer Reisen in alle Welt (Fakultät Betriebswirtschaft), Teilhabe, Inklusion, Mitbestimmung und Chancengleichheit in den Berufsfeldern Soziales, Gesundheit und Pädagogik (Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften).
Die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in Dresden, Sachsen und Ostdeutschland tragen nicht nur zu einer Veränderung der lokalen und regionalen Lebens-, Wirtschafts- und Arbeitswelt bei, sondern führen mitunter auch zu Brüchen, Widersprüchen und Konflikten in unterschiedlichen Themen- und Handlungsfeldern, die es kreativ, konstruktiv und integrativ zu überwinden gilt. Im Rahmen der Aktion wird die Fachhochschule Dresden Veranstaltungsformate umsetzen wie zum Beispiel Vortragsreihen, eine Autorenlesung mit Paneldiskussionen, runde Tische innerhalb der Hochschule, einen studentischen Wettbewerb, künstlerische Aktionen.
Die Graphic Novel "The Arrival" (deutscher Titel: "Ein Neues Land") erschien erstmals 2006. In ihr erzählt der australische Künstler und Schriftsteller Shaun Tan davon, wie ein Mensch seine Heimat verlassen muss, sowie von seinem Ankommen als Migrant in einem fremden Land mit einer ihm unbekannten Kultur. Das Besondere dabei: Shaun Tan verzichtet völlig auf Schrift und Worte. Stattdessen vertraut er ganz auf die Kraft von Bildern.
Die Erfahrungen, die Shaun Tan in "The Arrival" darstellt, sind universal: Sie handeln von Abschied, Aufbruch, Ankommen und den Momenten der Irritation und des Sich-Neu-Orientieren-Müssens. Das Buch ermöglicht es, sich in die Erfahrungswelt derjenigen einzufühlen, die ihr Land hinter sich lassen mussten, um an einem neuen Ort ein neues, anderes Leben zu beginnen.
Die University of Applied Sciences Europe entstand 2018 aus dem Zusammenschluss zweier privater Hochschulen – einer Hochschule für Art & Design (BTK) sowie einer mit wirtschaftswissenschaftlichem Schwerpunkt (BiTS). Daher ist sie geprägt von sehr unterschiedlichen Fachkulturen und den damit einhergehenden Denkmustern, Wahrnehmungen und Interessen. Außerdem gibt es viele internationale Studierende. "The Arrival" ist mit seinen Bildern ein Buch, welches alle anspricht und mit dem alle arbeiten können. Gemeinsam möchte die Hochschule eine Sprache finden und unsere unterschiedlichen Perspektiven kennen und verstehen lernen.
Dabei werden die Initiatoren den Blick nicht nur auf sich selbst richten. Die Hochschule möchte Geflüchtete zu einem Welcome Dinner einladen, mit ihnen Workshops organisieren und gemeinsam Festtage feiern. Darüber hinaus bietet sie mehrere Fotografie- und Kunstprojekte an sowie einen Lesekreis zum Thema Migration. In einem weiteren Projekt wird das Fremdsein aus psychologischer und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive betrachtet. Eine Projektpartnerschaft mit der Universität Hongkong eröffnet zudem einen internationalen Blickwinkel und regt an zu einem spannenden, grenzüberschreitenden Austausch zu Shaun Tans "The Arrival".
"Läsen die Menschen dieselben Bücher, lebten sie in derselben Welt – aber so leben sie in einer jeweils andern." Das Zitat aus den "Jakobsbüchern" von Olga Tokarczuk ist Leitmotiv für die Auseinandersetzung der Universität Konstanz mit den "Jakobsbüchern".
Das umfassende Werk der Literaturnobelpreisträgerin von 2018 ist die Grundlage für eine gemeinschaftliche Auseinandersetzung der Universität mit zahlreichen Themen und unterschiedlichen Formaten. Diskussion, Analyse und schlicht das Erleben von Gemeinschaft auf diversen Ebenen werden dabei im Mittelpunkt stehen – internationale Gemeinschaft, historische Formen von Gemeinschaft und vor allem die institutionelle Gemeinschaft der Universität Konstanz. "Die Jakobsbücher" sollen bestehende Veranstaltungsformate der Universität durchdringen und bei jeder passenden Gelegenheit themengebend sein: Unsere Uni – Unser Buch.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen um das Coronavirus und den daraus resultierenden Regelungen wird überprüft, inwieweit die geplanten Formate verschoben oder angepasst werden können. Ursprünglich vorgesehen war unter anderem die Konstanzer Lange Nacht der Wissenschaft, die von der Universität Konstanz, Hochschule Konstanz Technik Wirtschaft und Gestaltung, Insel Mainau, Pädagogische Hochschule Thurgau und der Stadt Konstanz gemeinsam veranstaltet wird. Die Lange Nacht der Wissenschaft soll den Auftakt für ein Hörbuchprojekt geben, zu dem alle Besucherinnen und Besucher eingeladen sind, einen Teil aus den Jakobsbüchern vorzulesen und einzusprechen. Im Anschluss wird das Projekt online fortgeführt: Alle Mitglieder der Universität können ihren Beitrag zu dem insgesamt 1.200 Seiten umfassenden Werk einlesen. Aus diesen vielen Stimmen entsteht schließlich eine einzigartige Lesefassung von "Die Jakobsbücher", die in Abstimmung mit dem Verlag möglicherweise veröffentlicht werden kann.
An einigen der Spielorte von "Die Jakobsbücher" hat die Universität Konstanz Partnerhochschulen und sogar internationale Alumni-Clubs. In einer Kooperation mit diesen internationalen Partneruniversitäten wird mit Förderung des Alumni-Vereins der Universität Konstanz ein gemeinsames E-Learning-Seminar in Form eines Shared Classrooms zum "vielstimmigen Europa" durchgeführt. In zahlreichen weiteren Formaten wird die Universität Konstanz Gemeinschaft diskutieren und erleben und unter Stichwörtern wie Multikulturalität und Mehrsprachigkeit die Jakobsbücher zu ihrem Thema machen.
Spätestens seit "Fridays for Future" wird viel darüber diskutiert, dass unser Ressourcenverbrauch das erträgliche Maß längst überschritten hat, und ob weniger nicht ohnehin mehr wäre. Doch vom Reden zum Handeln ist es – nicht nur im akademischen Bereich – häufig ein großer Schritt. Greta Taubert, Autorin von "Apokalypse jetzt! Wie ich mich auf eine neue Gesellschaft vorbereite" und selbst übersatt an "Wohlstand, Überfluss und Schichtcremetorte" hat diesen Schritt getan. Genauer gesagt, probiert sie 15 Wege aus, um weniger zu konsumieren, sparsamer zu leben und in Dingen des täglichen Lebens unabhängiger von unserer komplexen Welt zu werden. So lernt Taubert zum Beispiel einen Stadtgarten anzulegen und übt sich im Teilen und Tauschen.
An der Hochschule wurden alle an der Auswahl für "Eine Uni – ein Buch" beteiligt. In kleinen und größeren, virtuellen und realen Zusammentreffen wurde eines deutlich: Die Hochschule Magdeburg-Stendal möchte anpacken, und ihre Mitglieder möchten sich als Teil einer Gemeinschaft erfahren. Viele sind neugierig, wie genau sie persönlich zu einem sparsameren Ressourcenverbrauch beitragen können. Andere haben bereits Erfahrung mit der Sharing Economy und manche ohnehin die Lebensart, viel selbst zu machen. An diese Neugier und das unterschiedliche Wissen ihrer Mitglieder knüpft die Hochschule mit einem zentralen Gedanken von "Apokalypse jetzt!" an: Was Einzelne überfordern würde, ist in Gemeinschaft möglich!
Das Aktionssemester besteht deshalb aus Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und Voneinander-Lernen. Dazu werden Expertinnen und Experten, aber auch die Nachbarschaft und die Autorin eingeladen. "Sehenden Auges" wird eine Art Ringvorlesung mit erfahrenen Praktikern zu Wildblumengärten, tiny houses, Sensen und vielem mehr. Bei "Apokalyptisch in den Tag" tauscht sich eine kleine Gruppe beim gemeinsamen Frühstück über Themen aus dem Buch aus. Und der finale "Markt der Visionen" präsentiert Lösungen und Impulse aus allen anderen Formaten.
"Sie denken, fühlen, handeln, sind ängstlich oder mutig, lernen, lügen, leiden: Tiere haben eine Persönlichkeit." Dieser Satz aus Norbert Sachsers Buch "Der Mensch im Tier" zeigt, wie sehr uns die Tiere in ihrem Empfinden und Verhalten ähneln. Im Alltag scheint der Kontakt mit (Haus-)Tieren diese Erkenntnis ganz unmittelbar zu bestätigen. Tieren werden komplexe Gefühle und Verhaltensintentionen zugeschrieben, und es werden augenscheinlich evidente Erklärungen für Verhaltensweisen herangezogen. Diese Einschätzungen und Interpretationen ersetzen jedoch keine wissenschaftlich fundierten Aussagen. Tatsächlich hat sich unser Bild vom Tier aber auch in wissenschaftlicher Hinsicht in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt: Sachser spricht von einer "Revolution im Tierbild". Daraus ergeben sich spannende, gesellschaftlich relevante Fragen – nicht nur zu unserem Umgang mit Tieren, sondern auch zu unserem Selbstverständnis als Menschen.
Ausgehend von den im Buch beschriebenen verhaltensbiologischen Grundlagen soll das Thema ein Semester lang aus verschiedenen Perspektiven in unterschiedlichen Formaten (Vorlesungsreihe, Podiumsdiskussion, Kreativwettbewerb) beleuchtet werden. Durch die multidisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Thema sollen möglichst viele Angehörige der Universität auf den Wandel im Tierbild und auf die daraus folgenden Konsequenzen für unser Verhältnis zu Tieren aufmerksam gemacht werden.
Die WWU Münster verfolgt dabei zwei primäre Ziele: die Sensibilisierung der Universitäts-Angehörigen und der interessierten Stadt-Gemeinschaft für die von Sachser beschriebene "Revolution im Tierbild" sowie den Eintritt in einen breiten (hochschul-)öffentlichen Diskurs darüber, welche Implikationen dieser Wandel für das Selbstverständnis des Menschen sowie den Umgang mit Tieren in unserer Gesellschaft hat.
Mehr Info auf der Website der WWU Münster
Ist von Poiesis die Rede, wird oftmals Handeln mit einem bestimmten Zweck gemeint. Das heißt, dann geht es meist darum, etwas zu produzieren – beispielsweise ein materielles Objekt, das zu etwas gebraucht werden soll. Damit stehen solche Handlungen symptomatisch für die Ausrichtung jener Hochschulen, die sich als anwendungsorientiert verstehen und eine Werkentstehung adressieren. Diese programmatische Bestimmung einer poietisch orientierten Hochschulform soll genutzt werden, um die Ergründung, Umsetzung und Machbarkeit eines spezifischen Werkes im Spannungsfeld von Analyse, Tun und Reflexion zu diskutieren.
Judith Schalanskys "Verzeichnis einiger Verluste" bildet diese Idee einer Poiesis des Wissens in besonderer Weise ab, da damit verdeutlicht werden kann, wie durch die Beschäftigung mit einem Gegenstand eine Wirklichkeit zu erschaffen bzw. zu erschließen ist. "Verstehen" als Ziel von Wissenschaft erscheint hier einmal mehr als Bearbeitungsprozess: Das Buch ist sowohl in der erzählerische Anlage als auch in der materiellen Erscheinung die Einlösung des Prinzips von Poiesis schlechthin. Indem hier sowohl das Verschwinden als auch das buchstäbliche Bewahren von Dingen imaginiert werden, geht es darum, wie Wissen gesucht, gefunden und weiter verwendet werden kann. Nicht zuletzt kann so auch auf die Auflösung Bonns als Bundeshauptstadt hingewiesen werden, wodurch die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg überhaupt erst entstanden ist. In der herausragenden ästhetischen Anlage ist dieses Buch schließlich prädestiniert, um den Wert des Mediums Buch als Faktor der Anwend- und Umsetzbarkeit von Wissen zu bedenken.
Die Auseinandersetzung soll als Werkschau in dreierlei Hinsicht realisiert werden: (1) Durch die Einrichtung einer Poetikvorlesung für Judith Schalansky, (2) mittels einer Lese-Tour inklusive Buch-Gespräche und (3) durch eine szenographische Ausstellung, die illustrative und collagierende Verfahren sowie filmische und virtuelle Optionen der Begegnung auf medienexperimentelle Weise eröffnen wird.
Wir leben in einer Zeit voller spannender und teilweise auch bedrohlicher Herausforderungen – deren Hauptbegriffe sind Klimawandel, Digitalisierung, Globalisierung etc. Für all diese Zukunftsthemen gibt keine fertigen Lösungen, sondern sie müssen im offenen und interdisziplinären Diskurs miteinander gesucht und gefunden werden. Doch dieser offene Diskurs fällt nicht immer leicht, da selbst Wissenschaftler dazu tendieren, sich in fachlichen Teilbereichen zu bewegen. So ist es easy, die Erfolge neuer Technologien zu feiern, doch schwer, gleichzeitig deren soziale und psychologische Wirkungen zu diskutieren. Und mehr noch: Da ungelöste Krisen auch Ängste auslösen, neigen nicht wenige Menschen zu Retardationen oder Verharrungen in vormodernen, nicht-offenen, sondern ideologisch geschlossenen Formen. Das betrifft auch relevante Bevölkerungsteile in allen modernen europäischen Demokratien – und besonders dort, wo die globalen Herausforderung noch durch besondere regionale Krisen verschärft werden: zum Beispiel der durch den Kohleausstieg forcierte Strukturwandel in der Lausitz.
Karl Popper widmete sich diesem Kernthema in seinem Buch "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde". Und Stefan Brunnhuber – Professor für Psychologie und Transformation an der Hochschule Mittweida – dachte es weiter für die heutige Zeit im Buch "Die offene Gesellschaft. Ein Plädoyer für Freiheit und Ordnung im 21. Jahrhundert". Daran anknüpfend organisieren Lehrende und Studierende der Hochschule Zittau/Görlitz verschiedene Diskurse für diese Kernkompetenz.
Das geschieht in vier Formaten: eine interdisziplinäre Ringvorlesung, eine Konferenz mit Studierenden, Lehrenden, Vertretern der regionalen Zivilgesellschaft und überregionalen Experten, die Integration des Themas in die Lehre verschiedener Studiengänge und ein Kurzwettbewerb mit Studenten verschiedener Fachrichtungen zum Thema: "Schreiben Sie in drei Sätzen auf oder malen Sie ein Bild dazu: Was ist für Sie eine offene Gesellschaft?"