
Insights 2025

Die Zahlen täuschen. Der Rekordwert der in Forschung und Entwicklung investierten Summe und der neue Höchststand des Forschungspersonals könnten dazu verleiten, sich entspannt zurückzulehnen. Doch etwas irritiert: Werden nicht die aktuellen geopolitischen Umbrüche und Konflikte Forschung und Entwicklung (FuE) negativ beeinflussen? Ist aufgrund anhaltender Wachstumsschwäche der Wirtschaft nicht die Finanzierung von FuE in Gefahr? Engt der Fachkräftemangel die Handlungsspielräume der Unternehmen im FuE-Bereich weiter ein? Welche Motive führen zu dem starken Bedeutungsgewinn der Vergabe von Forschungsaufträgen an Externe?
Die im September 2025 veröffentlichten FuE-Insights sind an solchen aktuellen Fragen der Zeit ausgerichtet und suchen nach Antworten in den Daten. Hierfür wurden insbesondere auch Schwerpunktfragen ausgewertet, die den Unternehmen in der Erhebung zum Berichtsjahr 2023 zusätzlich zum Standardfragenkatalog gestellt wurden und die damit von besonderem Neuheitswert sind.
FuE-Aufwendungen 2023 auf dem Höchststand
Bevor 2023 mit neuen Höchstwerten aufwarten konnte, markierte das Jahr 2022 für Forschung und Entwicklung in der deutschen Wirtschaft eine weitere Etappe der Erholung nach der COVID-19-Pandemie. Die FuE-Aufwendungen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um knapp acht Prozent. Die FuE-Aufwendungen aller Sektoren wuchsen im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr jedoch nur um gut 7 Prozent. Aufgrund des vergleichsweise stärker gewachsenen Bruttoinlandsprodukts (BIP), lag der Anteil der FuE-Aufwendungen aller Sektoren am BIP (FuE-Quote) bei nur noch 3,07 Prozent, was einem Rückgang von 0,01 Prozentpunkten entspricht. Die Aufwendungen der Wirtschaft für externe FuE-Aufträge stiegen mit 4,1 Prozent erst einmal zurückhaltender. Gleichzeitig erhöhte sich die Anzahl der FuE-Beschäftigten in der Wirtschaft um 5,9 Prozent auf 505.253 Vollzeitäquivalente (VZÄ).
Neben den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie war die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage ab 2022 wesentlich vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und dem damit verbundenen Anstieg der Energiepreise bestimmt. Die Inflationsrate erreichte mit 7,9 Prozent einen Höchstwert. Vor dem Hintergrund der negativen Wirkung von Inflation auf die FuE-Investitionen eines Landes, dürfte das Wachstum der FuE-Aufwendungen im Jahr 2022 in erheblichem Maße durch die Inflation beeinflusst worden sein.

Auch das Jahr 2023 war von den anhaltenden internationalen Konflikten, der Energiekrise und Inflation geprägt. Wirtschaftliche Unsicherheiten werden normalerweise mit einem Rückgang der FuE-Aufwendungen verbunden. Im Gegensatz dazu investieren die deutschen Unternehmen 2023 mit 90,4 Milliarden Euro eine Rekordsumme in Forschung und Entwicklung. Die internen FuE-Aufwendungen steigen damit um mehr als 10,5 Prozent im Vergleich zu 2022, was dem höchsten Anstieg der letzten 20 Jahre entspricht. Vor dem Hintergrund des Einbruchs durch die COVID-19-Pandemie zeigt sich, dass sich die FuE-Landschaft gemessen an den absoluten Zahlen wieder stabilisiert hat.
Diese Zunahme muss vor dem Hintergrund der hohen Inflationsraten in den Jahren 2022 und 2023 betrachtet werden, die insbesondere im Jahr 2023 zu einer Nominallohnsteigerung von 6 Prozent und damit zu höheren FuE-Personalkosten geführt haben. Gleichzeitig setzt sich aber der positive Trend bei der Anzahl der Beschäftigten mit 543.452 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) im Jahr 2023 fort. Das entspricht einem Anstieg von 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dieser starke Anstieg der internen Aufwendungen lässt sich also nicht allein auf die Inflation zurückführen, sondern begründet sich anteilig auch in einem absoluten Wachstum der FuE-Tätigkeiten.
Diese positive Entwicklung zeigt sich auch bei den externen FuE-Aufwendungen: Die Ausgaben für externe FuE steigen 2023 um 15 Prozent auf 31,8 Milliarden Euro. Seit 30 Jahren wächst die Bedeutung externer Forschungsaufträge stetig an. Für 2023 liegt ihr Anteil an den gesamten FuE-Aufwendungen (intern und extern) ebenfalls bei einem Rekordwert von 26 Prozent. Unternehmen gliedern also zunehmend FuE-Tätigkeiten aus. Dabei kann dies einerseits national, andererseits auf internationaler Ebene geschehen.
Ein weiteres Anzeichen für die fortschreitende Erholung ist die Steigerung der FuE-Quote am Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2023: Mit 3,10 Prozent (vorläufiger Wert) erreicht sie wieder fast das Niveau aus dem Jahr 2019. Dabei entfallen 2,12 Prozent auf den wirtschaftlichen Sektor, was einem Anstieg um 0,05 Prozentpunkte zum Jahr 2022 entspricht. Die Hochschulen tragen 0,54 Prozent bei, staatliche Einrichtungen 0,37 und private Institutionen ohne Erwerbszweck (PNP) 0,07. Seit 2022 werden PNP gesondert ausgewiesen, die zuvor zum staatlichen Anteil hinzugerechnet wurden. Diese methodische Änderung erklärt den vermeintlichen Rückgang des staatlichen Anteils im Zeitvergleich.
Ein etwas ernüchterndes Bild ergibt sich beim Blick auf die geschätzten Planzahlen der Unternehmen. Demnach erwarten diese eine Erhöhung der internen FuE-Aufwendungen um lediglich 0,5 Prozent zum Jahr 2024, was einer Stagnation gleichkommen würde. Etwas optimistischer stimmen die Erfahrungen der letzten Jahre: So fielen die tatsächlichen FuE-Aufwendungen meist deutlich höher aus als zunächst geplant.
Weitere Inhalte dieser Publikation:
● Wer forscht denn da?
● Schwerpunkt: Externe FuE – Motive nachgefragt
● Finanzierung von FuE – Anzeichen eines Strukturwandels
● FuE im Krisenkontext
● Änderungen an der FuE-Erhebung im Berichtsjahr 2023
Herausgeber
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen
Autorinnen und Autoren
Maximilian Göhlich, Marco Hellmann,
Prof. Dr. Andreas Kladroba, Bernd Kreuels,
Verena Leyendecker, Dr. Gero Stenke,
Jan van der Heyden

Die Statistik zu Forschung und Entwicklung im Wirtschaftssektor erfolgt im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt.