Defizite der Theory of Mind beobachtet man außer bei Kleinkindern bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störung, Schizophrenie, Lern- und Aufmerksamkeitsstörungen, bei Betrunkenen und Übermüdeten. In dieser Aufzählung, die ich Wikipedia entnommen habe, fehlt eine wichtige Gruppe: Menschen, die Vorträge halten.
Im Mai besuchte ich eine Tagung, die von der Kommunikation mit Außerirdischen handelte. Fragen rund um diese Kommunikation sollten „in der Diskussion mit Forschenden aus Literatur- und Medienwissenschaft, Astronomie und Geschichtswissenschaft, Filmwissenschaft und Neuropsychologie“ erörtert werden. Es war eine interessante Veranstaltung und ich möchte keine Kritik an ihr üben, die nicht auch alle anderen wissenschaftlichen Tagungen beträfe, an denen ich teilgenommen habe. Ich greife sie hier heraus, weil vor dem Hintergrund des Redens über Kommunikation mit Außerirdischen das Scheitern der Kommunikation unter Erdlingen noch absurder wirkte als sonst.
Ich bin bereit zu glauben, dass auch Neuropsychologen und Astronomen wissen, was gemeint ist, wenn jemand in einem Vortrag ohne weitere Erläuterungen von Signifikat und Signifikant spricht. Ich selbst muss es zwar jedes Mal wieder nachschlagen, aber ich vergesse ja auch regelmäßig, dass man beide Enden von Kabeln irgendwo anschließen sollte. Allerdings reicht mein Glaube an die gemeinsame Verständigungsgrundlage aller akademischen Disziplinen nicht so weit, dass ich Begriffe wie „Semiose“ und „autodiegetischer Erzähler“, die ebenso erklärungslos gebraucht wurden, für allgemein bekannt hielte.
Das Problem betrifft nicht nur wissenschaftliche Tagungen. Wenige Tage später war ich in Berlin auf der teenageinternetwork convention (TINCON), die sich an ein Publikum zwischen 13 und 21 Jahren wendet. Auch hier setzten die meisten Vortragenden, etwa Mitte 20, Kenntnisse voraus, die zumindest der jüngere Teil ihres Publikums noch nicht haben konnte (Quelle: Befragung meines 13-jährigen Begleiters). Der einzige Redner, der sich für alle Altersgruppen verständlich ausdrückte, war Ralph Caspers. Er arbeitet für die Sendung mit der Maus.