Jeden Sonntag wieder und immer mehr: Es ist beeindruckend! Seit Monaten nun versammelt die Bürgerinitiative Pulse of Europe (#pulseofeurope) Zigtausende Menschen auf deutschen Marktplätzen, die für Europa demonstrieren, genauer: für ein offenes Europa, für Freiheit und Frieden. Wer hätte gedacht, dass man mit und für Europa mobilisieren kann? Jahrelang wurde nur geschimpft auf Europa, vor allem vonseiten nationaler Politiker: Europa sei zu komplex, zu weit weg von den Bürgern, man könne den Bürgern Europa nicht erklären. Über Glühbirnen, Ölkännchen und Frauenquoten wurde verächtlich die Nase gerümpft, Edmund Stoiber versuchte sich als Bürokratieabbaubeauftragter der EU und in deutschen Talkshows grassierten während der Eurokrise Griechenland-Bashing und deutsche Kraftprotzerei. Europa wurde sprichwörtlich totgeredet, wenn es überhaupt jemanden interessierte. Und Ignoranz ist schlimmer als Hass, wie jeder weiß.
Jetzt aber gibt es von Frankfurt über Berlin und München bis Köln sonntags blaue Luftballons mit gelben Sternen. Der Puls hat es auch über die deutschen Landesgrenzen geschafft: In Lyon und Paris, auch in Wien und in italienischen Städten ist er auf der Straße. Auf einmal, als sich die rechtspopulistischen Gewitterwolken über dem europäischen Himmel zusammenbrauten, wurde vielen bis in die Mitte der Gesellschaft hinein klar, dass es in Europa einiges gibt, was zu verteidigen sich lohnt, beziehungsweise dass Europa – wie Liebe, Gesundheit, Demokratie oder Freiheit – zu jenen abstrakten Dingen gehört, deren Verlust man oft erst bemerkt, wenn sie weg sind. Und dann ist es oft zu spät.