Wissenschaft soll offen sein! Die Wissenschaftler sollen gemeinsam forschen und für die Menschheit nützlich sein! Große Ideen, das haben Ausschusspolitiker erkannt, lassen sich nur mit weltweit verteilten Teams und Forschern aus verschiedenen Wissenschaftsgebieten verfolgen! Projekte sollen länderübergreifend abgewickelt werden, damit die ganze Welt in die Forschung eingebunden ist. Daten sollen allen Menschen zur Verfügung stehen. Frauen sollen einen größeren Anteil haben und die Zentren der Aktivitäten müssen in Wahlkreisen von Ministern liegen.
Open Elfenbeinturm

„Wissenschaftler sind zu stark ihrem Fach verhaftet, weil sie sonst keine Karriere machen.“

Zwischen Himmel und Hölle
Ein Push-Konzept erzwingt eher, ein Pull-Konzept „lockt“; Ersteres droht mit der Hölle, Letzteres verheißt den Himmel.
Wenn Unternehmensbosse und Minister mit neuen Förderkonzepten oder Innovationsmanagementvorgaben drohen, ereilt sie fast immer die Kritik, den Kunden nicht zu verstehen, hier: den konkreten Wissenschaftler zu ignorieren. Der Wissenschaftler soll interdisziplinär forschen, aber wie? Mit wem? Woher bekommt er Kontakte außerhalb seines Fachs? Warum soll er zum Beispiel unbedingt paritätisch Nord- und Südeuropäer im Team haben? Warum soll er bei Megaprojekten ein klitzekleines Teil-Teil-Teil-Projektchen einreichen, das zwar finanziell gefördert wird, ihm aber keine Meriten für eine Lebenszeitstelle einbringt? Warum darf er sich nur brennend für etwas interessieren, was in jährlich wechselnden Förderrichtlinien erfunden wurde? Soll er tatsächlich Teil einer Scientific Community sein, wie sie sich ein paar fachfremde Politiker ausgedacht haben? Das will er nicht. Deshalb zwingt man ihn (zwingen wie „push“): Es gibt nur Fördermittel, wenn und wenn und wenn. Er muss Antragslyriker werden und Exzellenzwissenschaftler im Sinne des Antrags – er hat immer weniger Zeit zum Forschen an sich. Die besten Forscher haben so viel Projektmanagement um die Ohren, dass sie die Forschung an zweitklassige Assistenten übergeben ...
„Warum hat die Universität keine Großabteilung für Medienerstellung neben den Fakultäten? Warum keine wirkliche Star-Softwareentwicklungsdivision? “

Ich will sagen: Für größer angelegte Wissenschaft und „neue Lehre“ braucht es große Prozente professioneller Mitarbeiter außerhalb der Forschung, die sich mit Datenpflege, Softwareentwicklung, Medienerstellung, Problemaufarbeitung, Maschinenbau, Verbindung zur Industrie und zu „Kunden“ etc. beschäftigen. Diese Jobs sind von vorneherein keine Wissenschaftlerjobs, diese Mitarbeiter werden nicht Professor. Wissenschaft höherer Größenordnung braucht Infrastrukturen und hochprofessionellen Service …
Ratingagenturen für Wissenschaft: Heute werden Forschungsleistungen daran gemessen, dass sie in angesehenen Fachzeitschriften publiziert werden. Das Ansehen einer Fachzeitschrift misst man durch einen „Impact Factor“ (IF). Man bewertet also eigentlich die Fachzeitschriften nach der durchschnittlichen Qualität ihrer Publikationen. Das führt dazu, dass der opportunistische Forscher nach etwas sucht, was zu einer Fachzeitschrift passt. Das fördert einen fachengen Tunnelblick. Interdisziplinäre Anwendungsforschung „passt nicht“ in ein Spezial-Journal. Vorschlag: Wir gründen Ratingagenturen, die eine Bewertung übernehmen. Ich weiß, was dazu die Fachverlage sagen, aber wir müssen aus der Enge heraus.
Offene Menschen für offene Forschung: Push-Konzepte fördern Fachidioten, Spezialisten, Stromlinienförmige, Linientreue, Fördergeldexperten. In der Wissenschaft nennt man diese Tendenz Elfenbeinturm, in der Wirtschaft „leistet man sich“ ein paar Forscher zum Vorzeigen, macht aber alles wirklich Neue durch rigoroses Push-Innovationsmanagement platt. All das erstickt alle Tendenzen zur Offenheit. Raus! Raus!
Push-Konzepte verteilen nur Geld, um zu zwingen statt zu fördern. Die Chefetagen dieser Tage stehen ebenso unter Beschuss. Sie betreiben „command and control“; sie zwingen, aber sie fördern nicht. Diese Problematik kann man als Wurzel der Innovationsschwäche hierzulande sehen. Bosse von Konzernen reiben sich die Augen, was Start-ups an der Börse wert sind. Die Börse wirkt als Ratingagentur der Innovatoren. Was ist viel wert? Das wirklich Neue, das die Konzernchefs nicht würdigen können. So ist das in der Wissenschaft auch, die zu sehr auf das Fachenge schaut. Sie sieht am wirklich Wichtigen vorbei.
Pull! Pull!
