Stifterverband

Eine Gemeinschaft in der Not

Bundesarchiv: [Bild 102-12413]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_102-12413,_Wilhelm_Cuno_und_Karl-Friedrich_von_Siemens.jpg)/[CC-BY-SA 3.0](https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode)
Bundesarchiv: [Bild 102-12413]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_102-12413,_Wilhelm_Cuno_und_Karl-Friedrich_von_Siemens.jpg)/[CC-BY-SA 3.0](https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode)
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Nach dem Ersten Weltkrieg gab es an Universitäten ungewöhnliche Szenen zu beobachten: Professoren stopften stapelweise Geldbündel in ihre Rucksäcke und trugen sie davon. Es war die Zeit der Hyperinflation, auf die Deutschland schon seit 1919 zusteuerte. Deswegen holten sich die Gelehrten, wie Max Planck oder Albert Einstein, ihr monatliches Gehalt an der Universitätskasse bar ab. Die Rucksäcke wurden dabei immer schwerer: Auf dem Höhepunkt der Hyperinflation in November 1923 entsprachen 4,2 Billionen Mark einem US-Dollar.

Wenn ab 1919 von der „Not der geistigen Arbeiter“ die Rede ist, geht es aber bei Weitem nicht nur um entwertete Geldbündel: Damals stürzte das Ansehen der früheren wissenschaftlichen Elite des Kaiserreiches gerade ins Bodenlose. Nicht aufgrund von fachinternen oder intellektuellen Entwicklungen etwa, sondern es gab ganz andere Gründe: Durch den Krieg und die nachfolgende Revolution stiegen Soldaten und Arbeiter sozial und politisch auf – sie waren die neuen Helden.

Foto: Gemeinfrei/Deutsche Reichsbank, [50 Milliarden Mark 1923-10-26]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:50_Milliarden_Mark_1923-10-26.jpg), via Wikimedia Commons
Foto: Gemeinfrei/Deutsche Reichsbank, [50 Milliarden Mark 1923-10-26]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:50_Milliarden_Mark_1923-10-26.jpg), via Wikimedia Commons
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Anfang der 1920er-Jahre verlor die Reichsmark immer weiter an Wert. Wer Geld von der Bank abhob, benötigte große Taschen.

Was noch schwerer wog: In den letzten Kriegstagen hatten die alliierten Westmächte zu einem Boykott der deutschen Wissenschaft aufgerufen. Man nahm Anstoß am Fanatismus der Gelehrten, die 1914 nationalistische Pamphlete verfasst hatten, aber auch an der deutschen Kriegsführung mit Giftgas. Ab 1918 verbannte man die Deutschen deshalb systematisch von internationalen wissenschaftlichen Veranstaltungen und nahm auch keine deutschen Forschungsbeiträge mehr in internationale Bibliografien auf.

Die Blütezeit der deutschen Wissenschaft

Die Humboldt-Universität um 1900 - im Kaiserreich wurden prächtige Universitätsgebäude gebaut.
Foto: Gemeinfrei/Unknown: [Berlin Universität um 1900]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Universit%C3%A4t_um_1900.jpg), via Wikimedia Commons
Foto: Gemeinfrei/Unknown: [Berlin Universität um 1900]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Universit%C3%A4t_um_1900.jpg), via Wikimedia Commons
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Tiefer hätte der Absturz kaum sein können, wie der Blick zurück ins Kaiserreich zeigt. Damals wuchsen die deutschen Universitäten und die deutsche Wissenschaft – die noch rein staatlich finanziert waren – weit über sich hinaus. Prächtige Lehrgebäude, moderne Institute und glänzende Bibliotheken entstanden. Nie zuvor hatte ein Staat besser den Idealen der deutschen Gelehrten entsprochen. Begnadete Forscher galten als Nationalhelden und ihre Erfolge waren Anlass für einen immensen Stolz.

Es gab einen breiten Konsens in Gesellschaft, Politik, Behörden und Wirtschaft darüber, dass allein die Wissenschaft Lösungsansätze für die im Zuge der Industrialisierung entstehenden neuen Chancen und Probleme finden und liefern kann. Deshalb ließen die deutschen Länder und das Reich die Wissenschaftsausgaben für ihre Universitäten nur so sprudeln: Zwischen 1850 und 1914 stiegen die gemeinsamen Ausgaben von 4,4 Millionen auf 98,1 Millionen Mark an, was bemerkenswert war.

Das Geld wurde auch gebraucht, da die Welt gerade den „Übergang aus dem philosophischen in das naturwissenschaftliche Zeitalter“ erlebte, wie es Rudolf Virchow in seiner Berliner Rektoratsrede von 1893 formulierte. Je schneller die Hochindustrialisierung voranschritt, umso mehr kristallisierte sich heraus, dass „naturwissenschaftliche Forschung immer den sicheren Boden des technischen Fortschritts bildet“, postulierte Werner von Siemens 1883 in einem Brief: „Die Industrie eines Landes wird niemals eine leitende Stellung erwerben und sich selbst erhalten können, wenn das Land nicht gleichzeitig an der Spitze der naturwissenschaftlichen Forschung steht.“

Neue Form der Wissenschaftsförderung

In seiner Spätzeit stieß das spendable Kaiserreich dann zunehmend an seine Grenzen, da die Ausgaben für die modernen Naturwissenschaften immens stiegen. Neue Geldquellen mussten her, die aber die unabhängige Grundlagenforschung keinesfalls gefährden durften. Gerade Naturwissenschaftler zerbrachen sich darüber den Kopf, wie man die deutsche Universitätstradition mit den Interessen der Industrie versöhnen könnte.

Ein gangbarer Weg, um die Finanzengpässe des Staates zu umschiffen, waren neue Bündnisse zwischen Wissenschaft und Großbourgeoisie. Letztere verfügte über wichtige Produktionsmittel, Monopole und Großbanken und stellte großzügig Spenden und Stiftungen bereit, mit denen neue, private Universitäten und Hochschulen entstehen konnten, aber auch top ausgestattete außeruniversitäre Forschungsinstitute. Gemeinsam wollte man vor allem die Grundlagenforschung ein Stück weit aus der alleinigen Obhut des Staates lösen, was auch gelang.

Die 1911 gegründete Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), heute Max-Planck-Gesellschaft, ist hierfür ein leuchtendes Beispiel. Ihre Institute erlaubten freie Forschung am Puls der Zeit – außerhalb der Universitäten und technischen Hochschulen. Hierfür war ein damals fast schon revolutionäres Finanzierungsmodell entwickelt worden, in das sowohl staatliche Mittel als auch private Spenden flossen. Bis 1933 brachte die KWG zehn Nobelpreisträger hervor, darunter Albert Einstein und Werner Heisenberg, was zeigt, wie gut die Rechnung aufging. Auch der Stifterverband knüpfte 1920 an dieses erfolgreiche Modell an. Diesmal lag der Fokus woanders: Man wollte die Not der Wissenschaftler lindern.

 

Werner Heisenberg (Foto: Bundesarchiv: [Bild 183-R57262]( https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Heisenberg#/media/Datei:Bundesarchiv_Bild183-R57262,_Werner_Heisenberg.jpg)/[CC-BY-SA 3.0]( https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/)
Werner Heisenberg (Foto: Bundesarchiv, [Bild 183-R57262]( https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Heisenberg#/media/Datei:Bundesarchiv_Bild183-R57262,_Werner_Heisenberg.jpg)/[CC-BY-SA 3.0]( https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/), via Wikimedia Commons
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Auch der Stifterverband förderte Werner Heisenberg in den 1920er-Jahren.

Die Not der geistigen Arbeiter

In der Öffentlichkeit gaben sich die deutschen Professoren 1919 meist kämpferisch gegen den vom westlichen Ausland verhängten Boykott. Beruflich und persönlich sah es aber düster aus: Man fühlte sich verkannt und in Ansehen und Würde verletzt, gar geschmäht und ungerechtfertigt angegriffen. Militärisch hatte man versagt. Die Inflation fraß sich ins monatliche Gehalt und verschlang noch dazu das angesparte Rentenvermögen. Viele Gelehrte konnten nur verbittert und geistig fast versteinert ihren gesellschaftlichen Niedergang über sich ergehen lassen. Zu allem Überfluss wendete sich der wissenschaftliche Nachwuchs ab, weil die Zukunftsaussichten in der Forschung derart schlecht wirkten. Nicht wenige Studenten und Nachwuchswissenschaftler waren im Krieg gefallen.

An den Universitäten, technischen Hochschulen und Instituten der KWG bremste die Inflation die wissenschaftliche Arbeit enorm aus: Der Kauf von Laborgeräten, Materialien oder Versuchstieren war zunehmend unerschwinglich. Irgendwann reichten die Etats der Institute nicht einmal mehr für die Kohlekosten aus. Dabei machte die Not auch erfinderisch, wie der Physiker Max Born berichtete: Er habe den Gedanken gehabt, für die Öffentlichkeit Vorlesungen über Einsteins Relativitätstheorie gegen Eintritt anzubieten, damit geforscht werden kann. 

Wissenschaftliche Ergebnisse blieben zu dieser Zeit oft ungedruckt. Die Preise für ausländische Fachpublikationen stiegen so enorm, dass allein die Preußische Staatsbibliothek Berlin 2.060 ihrer 2.200 Fachzeitschriften-Abos kündigen musste. Tatsachen, die die Isolation der deutschen Wissenschaftler umso mehr befeuerten. Man schmorte im eigenen Saft und das ist für den wissenschaftlichen Fortschritt bekanntermaßen Gift – worüber sich nun auch die Industrie sorgte.

Notgemeinschaft und Stifterverband entstehen

Im Berliner Schloss - hier ein Bild um 1900 - hatte der Stifterverband in den 1920er-Jahren seine ersten Büroräume.
Foto: Gemeinfrei/Unknown: [Berlin Nationaldenkmal Kaiser Wilhelm mit Schloss 1900]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Nationaldenkmal_Kaiser_Wilhelm_mit_Schloss_1900.jpg), via Wikimedia Commons
Gemeinfrei/Unknown: [Berlin Nationaldenkmal Kaiser Wilhelm mit Schloss 1900]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Nationaldenkmal_Kaiser_Wilhelm_mit_Schloss_1900.jpg), via Wikimedia Commons
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Glücklicherweise ließ der Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919, der Deutschland die Alleinschuld am Ersten Weltkrieg gab, der Wissenschaft viel Luft. Die durch den Krieg gestärkte Chemieindustrie bekam zwar ihre Verfahrenspatente entzogen und auch für die deutsche Rüstungsindustrie galten scharfe Auflagen. Universitäten und Akademien zählten aber noch zum Kulturbereich, weshalb der deutschen Wissenschaftspolitik ein Handlungsspielraum blieb – auch für die Chemieforschung, die in Deutschland teils schon wirtschaftsnah arbeitete und von 1901 bis 1933 beachtliche 14 Chemie-Nobelpreisträger ermöglichte. Mehr noch, dieser Freiraum war bestens für eine neue Kulturpropaganda geeignet: Gelehrte und Konzernvorstände erklärten die Wissenschaft zum einzigen Machtfaktor, den das deutsche Volk noch besitze. Die dort herrschende Not zu lindern und ihren Nachwuchs zu stärken, galt nun als ein definiertes, gemeinschaftliches Ziel von nationaler Bedeutung.

Hintergrund ist, dass sich sowohl Wissenschafts- als auch Industrielenker zu Zeiten der Revolution vor einem „sozialistischen Staat“ sorgten. Unter ihnen herrschte schnell Konsens, dass allein mit einer wissenschaftlich fundierten und kraftvollen Wirtschaft der Wiederaufstieg Deutschlands glücken kann – wofür man dringend Geld brauchte. Die deutsche Wissenschaft „als Machtersatz“ zu betiteln, war dabei ein guter Weg, um sich im Reichstag Stimmen für eine öffentliche akademische Forschungsförderung zu sichern – wie auch Spenden aus der Gesellschaft und Wirtschaft.

Natürlich wollte man bei der Vergabe dieser Gelder mitbestimmen. Notgemeinschaft und Stifterverband zu gründen, waren damit fast schon logische nächste Schritte. Friedrich Schmidt-Ott, der hierfür mit seinem kaiserzeitlichen Ministerialhintergrund und seinen guten Verbindungen in die Politik, Wissenschaft und Wirtschaft die Fäden zog, beschrieb es so: „Der Grundgedanke der Notgemeinschaft und ihre Bestimmung war, der durch Menschenverlust und Inflation wie durch die Verödung der Institute und Mutlosigkeit schwer geschädigten Wissenschaft zu neuem Leben zu verhelfen.“

Friedrich Schmidt-Ott um 1917 (Foto: gemeinfrei/Nicola Perscheid: [Friedrich Schmidt-Ott c1917]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Friedrich_Schmidt-Ott_c1917.jpg), via Wikimedia Commons
Friedrich Schmidt-Ott um 1917 (Foto: gemeinfrei/Nicola Perscheid: [Friedrich Schmidt-Ott c1917]( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Friedrich_Schmidt-Ott_c1917.jpg), via Wikimedia Commons
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Friedrich Schmidt-Ott: Der Wegbereiter

„Die Aufgabe war neu und riesengroß, (…) vielleicht die schönste Aufgabe meines Lebens“, beschreibt der ehemalige preußische Kultusminister Friedrich Schmidt-Ott die Gründung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, die er 1920 gemeinsam mit dem Chemiker Fritz Haber anregte. Von den Büroräumen im Berliner Stadtschloss aus warben er und seine Kollegen mit dem kurze Zeit später gegründeten Stifterverband der Notgemeinschaft Geld von Unternehmen und Industriellen ein, begutachteten beantragte Forschungsvorhaben und leiteten die Wirtschaftsspenden in die richtigen Kanäle. Schmidt-Ott, der aus seiner Zeit im Kultusministerium den Spitznamen Kunst-Schmidt behalten hatte, war bestrebt, die Vielfalt der Wissenschaften zu fördern. 1934 wurde er zwar auf Weisung Hitlers als Präsident der aus der Notgemeinschaft hervorgegangenen Forschungsgemeinschaft abgesetzt, übernahm jedoch 1935 den Vorsitz des Stifterverbandes. In den folgenden Jahren versuchte er, so viel wie möglich des von ihm mitaufgebauten Fördersystems zu retten. Doch verhindern konnte er nicht, dass der Stifterverband zunehmend mittellos in der Bedeutungslosigkeit versank. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schmidt-Ott Ehrenpräsident der neu gegründeten Deutschen Forschungsgemeinschaft. Er starb 1956.

Dafür sollte „jeder Groschen verwendet werden, den man übrig habe“, warb auch der Chemiker und Industrielle Carl Duisberg, Vorstandsvorsitzender der Leverkusener Farbenfabriken und Gründer der I. G. Farben, für die Idee: „Es ist das bestangelegte Kapital, das wir besitzen.“ Duisberg bereitete die Gründung des Stifterverbandes vor, traf hierfür die wichtigen Entscheidungen und lenkte dessen Arbeit auch im Hintergrund bis zu seinem Tod 1935 maßgeblich mit, im letzten Lebensjahr als Vorsitzender.

„Jeden Groschen, den wir übrig haben, müssen wir der Wissenschaft widmen. Es ist das bestangelegte Kapital, das wir besitzen.”

Carl Duisberg (Foto: Bayer-Archiv)
Carl Duisberg (Foto: Bayer-Archiv)
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Carl Duisberg (I.G. Farben)
1922, von 1934–1935 Vorstandsvorsitzender des Stifterverbandes

Im Herbst 1920 war es dann so weit: Führende Wissenschaftler und Industrielle riefen am 30. Oktober gemeinsam die „Notgemeinschaft für die deutsche Wissenschaft“ zusammen und wenige Wochen später am 14. Dezember den „Stifterverband der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft“. Dabei sollte die Notgemeinschaft die Interessen der Wissenschaft bündeln und gegenüber den Ländern und dem Reich einflussreich vertreten. Der Stifterverband konzentrierte sich auf Industriekreise, den Handel und Banken, um dort Geld für wissenschaftliche Zwecke einzuwerben.

Durch diese formale Trennung fühlten sich beide Seiten wohler: einerseits die Wissenschaftler, die den Einfluss der Wirtschaft fürchteten und die reine Forschung bewahren wollten. Andererseits die Industrielenker und Verbandsvorstände, die ihr Geld schon im Moloch der Geisteswissenschaft versickern sahen und es lieber in die industrienahe Forschung lenken wollten. Worin sich die Gestalter von Notgemeinschaft und Stifterverband schnell einig waren: Man wollte dem Forscher beispringen und nicht den Instituten oder amtlichen Stellen. Auch die akademische Lehre blieb außen vor.

Foto: Stifterverband
Foto: Stifterverband
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Unter den Gründern des Stifterverbandes der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft waren im Dezember 1920 namhafte Industrielle.

Erster Vorsitzender des Stifterverbandes war Carl Friedrich von Siemens, der damalige Vorstandsvorsitzende der Siemens-Schuckertwerke. Der Stifterverband bekam zwei Verwaltungsräte mit je 14 Sitzen. In einem saßen je zwei Vertreter aus Bankgewerbe, Handwerk, dem Deutschen Industrie- und Handelstag, Einzelhandel, Großhandel und Reichsverband der Deutschen Industrie. Der zweite Rat, der sich enger mit dem Vorsitz beriet, bestand aus deutschen Wirtschaftsgrößen, wie Chemiker Carl Duisberg, Erfinder und Ingenieur Robert Bosch oder Albert Vögler, Generaldirektor der Vereinigten Stahlwerke.

Carl Friedrich von Siemens: Ein Unternehmer für die Wissenschaft

Er war der erste Vorstandsvorsitzende des Stifterverbandes: Carl Friedrich von Siemens. Als Sohn des Erfinders und Unternehmers Werner von Siemens widmete er sich vor allem den im Familienbesitz befindlichen Unternehmen, unter anderem als Vorsitzender des Direktoriums der Siemens-Schuckertwerke. Parallel dazu engagierte sich von Siemens in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, war von 1920 bis 1924 Reichstagsabgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei und setzte sich als namhafter Industrieller auch für die Wissenschaftsförderung ein. Auf der Gründungsversammlung des Stifterverbandes am 14. Dezember 1920 wurde Carl Friedrich von Siemens zum ersten Vorsitzenden gewählt und blieb bis 1934 im Amt. Im Tandem mit dem Präsidenten der Notgemeinschaft, Friedrich Schmidt-Ott, führte von Siemens den Stifterverband und stellte ihn auf organisatorisch feste Füße: In Berlin-Siemensstadt wurde nach anfänglichen Wirren 1921 die Geschäftsführung des Verbandes angesiedelt, wo sie selbst nach dem Tod von Siemens’ bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs verblieb. 

So war der Stifterverband zwar als ein von der Notgemeinschaft unabhängiger Verband gestaltet worden. Seine Aufgabe bestand aber eindeutig darin, die eingesammelten Spenden in enger Kooperation mit Vertretern der Notgemeinschaft zu verteilen. Erst als die Nationalsozialisten an der Macht waren und der Stifterverband unter dem Vorsitz von Friedrich Schmidt-Ott am 16. November 1935 seine Satzung änderte, verteilte der Stifterverband das Spendenaufkommen im Wesentlichen selbst.

Lesen Sie hier, wie es mit dem Sifterverband in zu Zeiten der Weimarer Republik weitergeht. 

100 Jahre Stifterverband

2020 feiert der Stifterverband Jubiläum. Begeben Sie sich hier auf MERTON in den kommenden Wochen gemeinsam mit uns auf Expedition durch 100 Jahre Stifterverband - von der Vermessung des Atlantiks über die wiederaufgebauten Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach dem zweiten Weltkrieg, über die Studentenproteste und die wiedervereinte Wissenschaftslandschaft bis hin zum digitalen Bildungsneuland.

Weitere Informationen zum Jubiläum und den geplanten Veranstaltungen finden Sie auch unter www.stifterverband2020.de

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