Die Herausforderung: Das Engagement und die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge sind groß. Gleichzeitig sind sowohl der konkrete Unterstützungsbedarf als auch die Rahmenbedingungen für das Engagement ständigen Veränderungen unterworfen, denen sich Hilfsangebote anpassen müssen oder die neue Hilfsangebote entstehen lassen. Dabei ist der Zeitfaktor, also die Geschwindigkeit der Umsetzung und Anpassung, in besonderem Maße entscheidend für den Erfolg der Maßnahmen.
Die Ziele: Gezielte und nachhaltige Förderung von Integration sollte flexibel und schnell auf diese neuen Bedarfslagen und Lösungsansätze reagieren können. Damit können Herausforderungen einerseits schon im Entstehen angegangen werden. Andererseits entstehen so Blaupausen für weitere Maßnahmen, etwa die dauerhafte und flächendeckende Förderung durch staatliche Stellen.
Die Maßnahmen: An den Stifterverband werden immer wieder innovative Förderideen herangetragen, sei es von Partnern im Stiftungsbereich, Akteuren im Bildungswesen, unseren Mitgliedsunternehmen oder Einzelpersonen. Der Offene Integrationsfonds des Stifterverbandes ermöglicht die flexible und qualitätsgesicherte Förderung solcher Ideen, derzeit insbesondere bei der Förderung verfolgter WissenschaftlerInnen und die Gründungsförderung für Flüchtlinge.
In den Anträgen an den Offenen Integrationsfonds werden Projektziele und Partner benannt und dargelegt, ob und inwieweit das Projekt modellbildend und damit übertragbar ist. Der Stifterverband prüft die Anträge und wählt die Förderprojekte aus. Die Entscheidung über die Förderung treffen Präsident und Generalsekretär, ggf. gemeinsam mit den Förderern, die am Fonds beteiligt sind.
Förderer können auf Wunsch in die Auswahl der Förderprojekte eingebunden werden. Darüber hinaus können je nach Beschaffenheit der Projekte und den Anliegen der Förderer weitere Beteiligungsmöglichkeiten gemeinsam entwickelt werden.
Die Übertragung des Stiftungsvermögens der BÜROPA-Stiftung, die vormals als nichtrechtsfähige Stiftung in der treuhänderischen Verwaltung des Stifterverbandes geführt wurde, hat den Grundstein für den Offenen Integrationsfonds des Stifterverbandes gelegt.
Im September 2015 wurde die ehrenamtliche Initiative "Chance for Science" gegründet. Auf einem Online-Portal können geflüchtete Wissenschaftler sowie Akademiker und Studierende deutscher Hochschulen und Institutionen ihre Profile mit Angaben zu ihrer Fachrichtung und bisherigen Tätigkeiten erstellen. Die gegenseitige Kontaktaufnahme erfolgt mittels einer im Portal integrierten Benachrichtigungsfunktion. Von der Vernetzung haben beide Seiten etwas: Die Wissenschaftler deutscher Forschungseinrichtungen unterstützen geflüchtete Wissenschaftler darin, ihre Forschungstätigkeit fortzuführen, und profitieren vom Wissensaustausch. Konkret kann dies durch die Bereitstellung eines Zugangs zu Literatur oder Bibliotheken, die Einladung zu Veranstaltungen sowie zu Gastvorlesungen oder über Skype-Treffen zum wissenschaftlichen Austausch erfolgen. Informationen zur Plattform stehen in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Arabisch, Persisch, Russisch, Türkisch und Griechisch zur Verfügung.
Durch eine Förderung aus dem Offenen Integrationsfonds konnte die Initiative elf Videos produzieren und auf ihrer Plattform bereitstellen, die für geflüchtete Studierende, Akademiker und Wissenschaftler eine wertvolle Grundlage darstellen, um im deutschen Wissenschaftssystem Fuß zu fassen. Themen der Videos sind unter anderem die "Wissenschaftslandschaft in Deutschland" und "wissenschaftliche Karrieremöglichkeiten". Es gibt auch ganz praktische Hinweise wie das "Schreiben eines deutschen Lebenslaufs" oder das "Erstellen eines wissenschaftlichen Posters". Die Videos sind in englischer Sprache erschienen, mit Untertiteln auf Englisch, Deutsch, Türkisch und Arabisch.
Online-Portal Chance for Science
Mehr Info auf der Website der Universität Leipzig
"Academics in Solidarity" ist ein bundesweites Peer-Mentoring-Programm für junge Promovierte aller Fachrichtungen und Nationen, die vor Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat fliehen mussten und in Deutschland und anderen Gastländern ihre akademische Tätigkeit wieder aufnehmen möchten. Über das Programm werden sie mit etablierten Fachkollegen vernetzt und profitieren von einem regelmäßigen wissenschaftlichen Austausch und einer individuellen akademischen Karriereberatung.
Unter dem Titel "Opening Doors: Peer-Mentoring and Collaborative Research" fand vom 4. bis 6. Juli 2019 der erste Workshop des Programms an der Freien Universität Berlin statt. Das Programm und die Veranstaltung wurden aus Mitteln des Offenen Integrationsfonds gefördert.
Website zu Academics in Solidarity
Am 9. Oktober 2020 fand an der FU Berlin der erste AiS Policy Workshop statt, an dem bis zu zwölf Personen teilnehmen konnten. Es ging dabei unter anderem um die Fragen, wie man seine Forschung im Exil fortsetzen kann und wie sich die Freiheit der Wissenschaft sichern lässt.
Der Stifterverband ist 2017 der Philipp Schwartz-Initiative der Alexander von Humboldt-Stiftung beigetreten und unterstützte das Programm aus Mitteln des Offenen Integrationsfonds.
Mit der Philipp Schwartz-Initiative erhalten Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland die Möglichkeit, nachweislich gefährdete Forschende aus allen Fachgebieten und allen Herkunftsländern im Rahmen eines Vollstipendiums für 24 Monate aufzunehmen. In den ersten fünf Ausschreibungsrunden hat die Philipp Schwartz-Initiative bereits rund 170 Forscher unterstützt, die aus ihrer Heimat geflohen sind. In der sechsten Runde wurden im Dezember 2019 Fördermittel an 30 Institutionen vergeben, mit denen diese weitere 36 verfolgte Forscher als Stipendiaten aufnehmen können.
Durch eine Förderung des Auswärtigen Amtes und mit Unterstützung des Deutschen Bundestags ist die Philipp Schwartz-Initiative inzwischen verstetigt worden und kann jährlich bis zu 50 Stipendiaten unterstützen.
Insights: Türkei – Wenn Forscher zu Flüchtlingen werden
Mehr Info auf der Website der Alexander von Humboldt-Stiftung
Integrationsprogramme für Flüchtlinge konzentrieren sich in der Regel auf Qualifizierungsmaßnahmen zur Aufnahme einer unselbstständigen Tätigkeit. Die Start-up-Initiative "Unternehmensgründung für Flüchtlinge" hingegen will Flüchtlinge mit unternehmerischem Potenzial in die Lage versetzen, Existenzgründer zu werden. Das Trainings-, Beratungs- und Integrationsprojekt ist an die Interdisziplinäre Fakultät der Universität Rostock angebunden und wird ideell unter anderem durch die Industrie- und Handelskammern zu Rostock und Schwerin, der Arbeitsagentur und dem Unternehmerverband Rostock unterstützt. Ziel ist eine Win-Win-Situation: Den "Migrant Entrepreneurs" soll eine selbstständige Lebensgrundlage eröffnet und am Standort Deutschland eine Gründungskultur mit internationaler Perspektive gefördert werden.
Seit 2018 förderte der Stifterverband das Start-up-Projekt für Flüchtlinge an der Universität Rostock. Zum Abschluss des zweiten Existenzgründer-Trainings präsentierten am 15. Juni 2021 die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre innovativen Gründungskonzepte. Die Geflüchteten kommen aus Afghanistan, Eritrea, Iran, Syrien und Palästina und haben zweierlei gemeinsam: Sie mussten ihre Heimat verlassen und sind hochmotiviert, in Deutschland ein Unternehmen mit internationaler Orientierung aufzubauen. Die drei besten Gründungskonzepte wurden zudem durch die IHK zu Rostock ausgezeichnet. Die Auszeichnungen gingen an Feven Weldu Semarab (eritreische Gastronomie mit Kulturangebot), Rateb Hathet (internationales Personal- und Gruppentraining) und Seyed Ghassem Hosseini (persisches Spezialitätenrestaurant).
Überreicht wurden die Universitäts-Zertifikate durch den Rektor der Universität, Herrn Professor W. Schareck, der noch einmal auf die gelungene Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft hinwies. Die Integrationsbeauftragte des Landes, Frau Reem Alabali-Radovan, lobte die Flüchtlings-Initiative mit ihren Alleinstellungsmerkmalen für das Land Mecklenburg-Vorpommern.
Flyer mit Details zum Projekt (PDF)
Artikel in der Zeitschrift "WIR" der der IHK zu Rostock, Ausgabe Oktober 2018 (PDF)
Darüber hinaus hat der Stifterverband eine begleitende Studie ("Wissens- und Kompetenzprofile arabischer Flüchtlinge. Konturen einer interkulturellen Bildungs- und Beschäftigungspolitik") gefördert, die im LIT-Verlag erschienen ist.
Mehr Info auf der Website des LIT-Verlags
Pressemitteilung auf der Website der Universität Rostock
Das 2017 gegründete SINGA Business Lab ist ein inklusives Gründungsprogramm, das gemeinsam mit neuzugewanderten Unternehmerinnen und Unternehmern entwickelt wurde, um sie in Berlin und seit 2018 auch in Stuttgart dabei zu unterstützen, erfolgreiche, innovative und wachstumsorientierte Unternehmen zu gründen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden in einem Auswahlprozess nach ihren unternehmerischen Fähigkeiten und Vorerfahrungen sowie nach der Machbarkeit ihrer Idee ausgewählt. In wöchentlichen Gruppentreffen, Workshops, Veranstaltungen und individueller 1:1-Begleitung lernen sie dann die neusten Innovationsmethoden kennen und anzuwenden, erwerben zentrale Business-Kompetenzen und knüpfen wichtige Kontakte für ihre unternehmerische Zukunft.
Das SINGA Business Lab hat sich bereits als Anlaufstelle für Innovation für neuzugewanderte Gründer einen Namen gemacht. Während für die erste Runde 25 Bewerbungen vorlagen, haben sich für die zweite Runde über 100 potenzielle Unternehmer beworben. Davon wurden zwölf Teams ausgewählt, und sie haben das Programm erfolgreich absolviert. Von ihnen hat über die Hälfte erfolgreich gegründet und bereits Einnahmen durch Produktverkäufe erzielt; zwei Unternehmer haben bereits Investitionen eingeworben, und zwei weitere haben Preise für ihre Ideen erhalten, wie zum Beispiel den "We Do Digital"-Award auf der CeBit 2018.
Website des SINGA Business Labs
In den vergangenen Jahren mussten zahlreiche Wissenschaftler ihre Heimatländer verlassen. Um hier ihre Forschungsarbeiten erfolgreich weiterführen zu können, müssen sie sich zunächst das Wissen über Forschungsprinzipien in Deutschland aneignen. Der Erfolg im wissenschaftlichen Bereich ist nicht zuletzt abhängig vom Publizieren wissenschaftlicher Erkenntnisse. Daher sollten alle zugewanderten Akademiker nicht nur die Alltags- und Wissenschaftssprache, sondern auch die Grundlagen des Wissenschaftlichen Schreibens beherrschen.
Die Workshops der Deutsch-Syrischen Forschungsgesellschaft e.V. mit dem Titel "Wissenschaftliches Schreiben als Mittel zur Integration geflüchteter Wissenschaftler" umfassen den gesamten Prozess des Schreibens eines wissenschaftlichen Textes, angefangen von der Suche nach einer Zielgruppe über die schriftliche Wiedergabe komplexer Sachverhalte bis hin zum Formulieren überzeugender Argumente.
2018 wurden fünf Workshops durchgeführt, an denen über 75 Personen teilnahmen. Sehr positiv war dabei ein Frauenanteil von mehr als 45 Prozent zu verzeichnen. Aufgrund der positiven Resonanz wurde die Workshopreihe 2019 mit Veranstaltungen in Leipzig, Saarbrücken, Köln, Berlin und Essen fortgesetzt.
Die Deutsch-Syrischen Forschungsgesellschaft e.V. ist eine gemeinnützige, nichtstaatliche Organisation, die 2016 von Syrern und Deutschen syrischer Herkunft in Deutschland gegründet wurde.
Website der Deutsch-Syrischen Forschungsgesellschaft
Trotz eines im Ausland abgeschlossenen Studiums finden Zuwanderer sehr häufig keinen Arbeitsplatz, der ihrer Qualifikation entspricht. Deshalb beschreiten sie zunehmend den Weg einer akademischen Nachqualifizierung. BAFöG-Richtlinien oder Stipendienprogramme sind an die Bedürfnisse dieser speziellen Zielgruppe aber noch nicht angepasst: Vielfach sind die Zuwanderer bereits ein wenig älter. Ihre Nachqualifizierung würde als Zweitstudium gelten. Oft haben sie Familie und darum kaum Zeit für Nebenjobs. Darüber hinaus verlieren sie mit Aufnahme eines Nachqualifizierungsstudiums häufig ihren Anspruch auf Sozialleistungen.
Angehörige der Universität Duisburg-Essen und der Folkwang Universität der Künste haben 2016 in privater Initiative den Verein für die Integration hochqualifizierter Zuwanderinnen und Zuwanderer (INTEZ) gegründet. Durch Einwerben von Stipendien und Praktika unterstützt er mittlerweile Studierende im ganzen Ruhrgebiet und bietet das größte Stipendienprogramm für diese Zielgruppe in Nordrhein-Westfalen.
Der Stifterverband finanzierte studentische Hilfskräfte, die teils aus dem Kreis der Zuwanderer stammten, um bei INTEZ Stipendienbewerber praktisch zu unterstützen und sie durch Studium oder Praktikum zu begleiten. Diese Mentoren halfen bei der Stipendienvergabe und fungieren als Ansprechpartner bei organisatorischen Fragen rund ums Studium.
Mehr Info auf der INTEZ-Website
Aus dem Offenen Integrationsfonds förderte der Stifterverband den Deutschen Integrationspreis der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Der bundesweite Wettbewerb sucht überzeugende und innovative Integrationsprojekte – und kombiniert dafür Stiftungsförderung mit Crowdfunding. Der Deutsche Integrationspreis bringt somit engagierte Menschen, die Lösungsansätze für ein gesellschaftlich relevantes Thema erarbeiten, mit einer finanziell unterstützenden Online-Community zusammen.
Sechs Finalisten für den Deutschen Integrationspreis stellten sich am 8. November 2018 einem öffentlichem Pitch in Frankfurt am Main. Die aus 27 Bewerbungen ausgewählten sechs Projektideen wurden einer hochkarätig besetzten Jury präsentiert. Die Sieger:
Ebenfalls ausgezeichnet wurden die Projekte "Camp One" (Berlin), "Hacker School PLUS" (Hamburg) sowie "Teachers on the Road" (Frankfurt am Main).
Website zum Deutschen Integrationspreis
Der Deutsche Integrationspreis auf Facebook
Flyer zum Deutschen Integrationspreis 2018 (PDF)
Im Rahmen des Projekts "Kommunales Konfliktmanagement fördern: Teilhabe und Integration konstruktiv gestalten" unterstützte der Stifterverband das Zusatzmodul "Einführungsseminar in Prinzipien und Techniken der Mediation", das am 19. und 20. September sowie am 6. Dezember 2017 in den Räumlichkeiten der Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren in Dortmund stattfand. Die Teilnehmenden waren interne Verantwortliche aus Kommunen und Landkreisen, die gemeinsam mit freiberuflichen Mediatoren zu Konfliktberatern und zu Vermittlern ausgebildet wurden. Im Mittelpunkt der Ausbildung stehen die Entwicklung, Planung und Umsetzung von Strukturen und Verfahren, um im Integrationsprozess auftretende Schwierigkeiten und Konflikte möglichst frühzeitig zu erkennen und niederschwellig zu bearbeiten.
In Hamburg wurden die Weichen für ein bundesweit einzigartiges und beispielgebendes Projekt zur Förderung von Geflüchteten mit Studienberechtigung gestellt: Die Einrichtung eines Integrationskollegs am Europa-Kolleg Hamburg, das in Kooperation mit der Universität Hamburg und der Behörde für Arbeit, Soziales und Integration der Stadt Hamburg umgesetzt wurde. In dem Integrationskolleg sollten Geflüchtete die Möglichkeit finden, gemeinsam zu wohnen, zu arbeiten, zu lernen und sich gemeinsam zu entwickeln. Das Projekt sollte nicht nur den Weg in ein reguläres Studium eröffnen, sondern – je nach Motivation und Qualifikation – die Geflüchteten auch in ein duales Studium oder direkt in eine Berufstätigkeit führen.
Zur Vorbereitung des Integrationskollegs und Feststellung der konkreten Bedarfe wurde am 16. Mai 2018 eine "Zukunftswerkstatt" durchgeführt. Insgesamt nahmen ca. 60 Geflüchtete teil, die sich mit Themenfeldern wie "Recht", "Wohnen", "Finanzen", "Frauen/Kinderbetreuung" oder "Psychologische Hilfe" auseinandersetzten und Lösungsvorschläge erarbeiteten. Die Auswertung der erhaltenen Ergebnisse soll Grundlage der weiteren Bearbeitung und Umsetzung des Projektes werden.
Das Projekt wurde durch eine Anschubfinanzierung aus Mitteln des Offenen Integrationsfonds gefördert.