Guter Studienstart im Ingenieurbereich ist ein gemeinsames Projekt der Fachhochschule Aachen und der RWTH Aachen, welches in einem nullten Semester Orientierungs- und Vorbereitungsangebote für eine heterogener werdende Studierendenschaft organisiert. Ziel ist es, dass sich Interessierte bereits vor der regulären Einschreibung besser und informierter für einen Hochschultyp und ein Studienfach entscheiden können, um somit Studienabbrüche zu verringern.
Hohe Abbruchquoten insbesondere in den Ingenieurwissenschaften sind bereits seit Längerem eine Herausforderung für die RWTH Aachen. Dabei handelt es sich vermehrt nicht um echte Studienabbrecher, sondern um Studienwechsler. Sie verlassen die RWTH, um ähnliche Fächer an der benachbarten Fachhochschule in Aachen weiter zu studieren. Die Wechselquote Studierender von der RWTH an die Fachhochschule liegt nach Schätzungen der Hochschulen bei bis zu 30 Prozent.
Dies führt an den Hochschulen zu unterschiedlichen, aber auch komplementären Zielen: Beide Hochschulen streben höhere Studierendenzufriedenheit an; der RWTH ist es ein Anliegen, ihre Abbruchquoten zu senken; die Fachhochschule möchte stärker von den Hochschulpaktmitteln profitieren, die nach der Anzahl der Studierenden im ersten Hochschulsemester vergeben werden. Der Wettbewerb Guter Studienstart des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2014 kam gelegen, um aus einer Idee ein gemeinsames Projekt zu machen. Der gemeinsame Projektantrag stellte die Potenziale einer Kooperation von Universität und Fachhochschule beim Studieneinstieg in den Vordergrund und war erfolgreich.
Im Rahmen eines Vorsemesters wird im Projekt Guter Studienstart für zwei aufeinanderfolgende Kohorten ein umfangreiches Programm zur Orientierung und Vorbereitung hinsichtlich Hochschul- und Fächerwahl angeboten: In einem Mix aus der Öffnung regulärer Veranstaltungen, eigens konzipierten Veranstaltungen, Grundlagenkursen und realen Übungen wird ein dem regulären Studienbeginn vorgelagertes, modulbasiertes Semester zusammengestellt. Begleitet wird dies durch ein Rahmenprogramm bestehend aus Auftaktveranstaltung, der Vorstellung der Studiengänge, studentischem Mentoring, Studienberatung und einer interdisziplinären Projektwoche. Die Einrichtung verschiedener Pflichtmodule befördert die Verbindlichkeit der Teilnehmer:
Das Projekt richtet sich an Schüler vor dem Studieneinstieg, Studierende mit Wechselambitionen und beruflich Qualifizierte. Im Jahr 2015 konnten 87 Teilnehmer, im Jahr 2016 bereits 124 Teilnehmer verbucht werden. Im Jahr 2017 werden mehr als 190 Teilnehmende erwartet.
Als Diversity-Projekt richtet sich die Maßnahme Guter Studienstart an eine möglichst heterogene Zielgruppe, insbesondere an Personen mit Migrationshintergrund, Frauen, beruflich Qualifizierte und Personen mit Fachhochschulreife. Außerdem werden Studierende angesprochen, die auf der Suche nach Neuorientierung sind und gegebenenfalls nicht nur einen Fach-, sondern auch einen Hochschulwechsel anstreben. Befragungen zeigen, dass circa 60 Prozent der Teilnehmer nach Absolvierung des Programms an die RWTH gehen, 35 Prozent entscheiden sich für die Fachhochschule, 5 Prozent gehen einen ganz anderen Weg. Eine eindeutige Verbleibanalyse der Teilnehmer ist jedoch aus Datenschutzgründen nicht umsetzbar.
Da für die Einschreibung an der RWTH die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung nötig ist, über die jedoch nicht jeder Teilnehmer verfügt, ist die Fachhochschule die einschreibende Einrichtung. Ausnahmen sind die ohnehin bereits an einer der beiden Hochschulen regulär eingeschriebenen Teilnehmer. Parallel erhalten die Teilnehmer an der RWTH einen Gasthörerstatus, für welchen kein Abitur vorausgesetzt wird. Die Ablegung von Klausuren ist auch ohne Abitur im Rahmen des Projekts möglich.
Die Teilnehmer sind bei der Studienplatzvergabe und den damit verbundenen Bewerbungsprozessen an der RWTH und der Fachhochschule Aachen allen anderen Bewerbern gleichgestellt. Nach dem Vorsemester Guter Studienstart durchlaufen die Studienbewerber das für die entsprechende Hochschule übliche Bewerbungsprozedere. Es bleibt auch dabei, dass Teilnehmer ohne allgemeine Hochschulzugangsberechtigung (HZB) zwar das Vorsemester zur Orientierung hinsichtlich beider Hochschulen absolvieren können, diese jedoch trotzdem für die Zulassung zum Studium an der RWTH – wie auch an allen anderen Universitäten – benötigen.
Der Studierendenstatus für Teilnehmer des Vorsemesters konnte in kurzer Zeit durch das Ministerium ermöglicht werden, um Teilnehmern ein Semesterticket ausstellen zu können. Zu BAföG-Leistungen sind die Teilnehmer im Vorsemester nicht berechtigt, da es sich nicht um einen eigenständigen Studiengang mit eigenem Ausbildungsabschluss handelt. Die Zeit im Vorsemester ist jedoch auch nicht BAföG-schädlich, da es nicht als offizielle Studienzeit angerechnet wird. Die Studierendensekretariate der beiden Hochschulen haben eine Vereinbarung über die Aufnahme und Weitergabe von Daten der Studierenden in Absprache mit dem Datenschutzbeauftragten getroffen. Da es keine gemeinsame elektronische Abwicklung des Prüfungmanagements beider Hochschulen gibt, werden Studienleistungen traditionell über Scheine im Fachbereich festgehalten und können im Prüfungsamt eingereicht werden.
Die Studiengangs- und Fachbereichskoordinatoren sind im Rahmen des Projektes für die inhaltliche Ausgestaltung der Fachangebote und die Verzahnung der Fachbereiche beider Hochschulen verantwortlich. In Abstimmung mit Professoren werden hochschuleigene und hochschulübergreifende Inhalte für das Vorsemester entwickelt, Lehrbeauftragte eingestellt, das Feedback der Teilnehmer eingeholt und der Austausch mit den Teilnehmern sichergestellt. Gemeinsam mit Studiengangs- und Fachbereichskoordinatoren sowie Professoren wurden für die relevanten Fächer Anrechnungsregelungen abgestimmt. Hierzu wurden Äquivalenzlisten erstellt, welche die Anrechnung von Leistungen der Teilnehmer im Vorsemester erleichtern und sicherstellen. Dies bedurfte keiner neuen Studien- oder Prüfungsordnungen. Grundlage für die Anrechnungsregelungen ist auch die abgestimmte Konzipierung von Vorlesungen durch Professoren der Universität und der Fachhochschule. Dies befördert die Anerkennung der Inhalte durch die Professoren und ihre Offenheit für das Projekt.
Die Projektorganisation in Guter Studienstart zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass sie zum einen nahe an den Hochschulleitungen angesiedelt ist und zum anderen an beiden Hochschulen über durchgängig parallele Personalstrukturen verfügt:
Der Beitrag der Hochschulleitung im Projekt ist ein besonderer: Die Prorektoren für Lehre beider Hochschulen waren Initiatoren der Idee und haben das Konzept zur Förderung entwickelt. Das Projekt ist im jeweiligen Ressort der Hochschulleitungen angesiedelt, und beide übernehmen die Funktion der Projektleitung und sind entsprechend regelmäßig am Projektgeschehen, dessen Umsetzung und Weiterentwicklung beteiligt.
Alle im Projekt eingerichteten Stellen finden ihr jeweiliges Pendant an der Partnerhochschule. Dies betrifft die Projektmanager, die Studiengangskoordinatoren, die Mentoring-Koordinatoren und die Studienberatungen; aber auch die Hochschulleitungen, Professoren und Mitarbeiter sind jeweils von beiden Hochschulen eingebunden. Auf diese Weise entstehen bei allen Projektaufgaben Schnittstellen zwischen beiden Hochschulen, bei denen sich die Beteiligten einerseits eng miteinander abstimmen, andererseits stark in ihre eigene Institution hineinwirken und hier gut vernetzt und angebunden sind.
Diese Vielzahl von Akteuren macht die Koordination, über zwei Hochschulen hinweg, aufwendig und es bedarf eines übergreifenden Projektmanagements. Die zentrale koordinierende Stelle des Gesamtprojektes bilden zwei Projektmanager – einer je Hochschule. In enger Zusammenarbeit sind die beiden für die Abstimmung und Zusammenführung aller genannten Projektbausteine verantwortlich. Die Projektmanager sorgen für die jeweilige Vernetzung zur Hochschulleitung, zu den Fachbereichen, den Mentoring-Koordinatoren und auch der Hochschulverwaltung wie dem Studierendensekretariat. Sie sind die Schnittstelle zur Abstimmung und Spiegelung aller projektbezogener
Aufgaben an beiden Hochschulen, organisieren übergreifende Projektsitzungen, entwickeln Marketingmaßnahmen, führen Evaluationen durch und arbeiten am Gesamtkonzept des Projektes.
Zweimal pro Semester findet eine übergreifende Projektkommissionssitzung statt. Mit einer strukturierten Tagesordnung kommen in diesem Rahmen alle Projektbeteiligte zusammen, berichten aus allen Teilteams (zum Beispiel Studienberatung, Mentoring-Koordination) und besprechen aktuelle Themen wie Evaluationen, Projektverläufe und Neuigkeiten. Zum anderen organisieren sich die unterschiedlichen Arbeitsebenen dezentral in Jours fixes und Ad-hoc-Besprechungen nach Bedarf.
Das Projekt wird zu 100 Prozent vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung NRW mit 1,25 Millionen Euro je Hochschule für den Zeitraum von November 2014 bis Dezember 2017 gefördert. Die Hochschulen ihrerseits stellen Verwaltung, Räumlichkeiten, Grundausstattung und öffnen reguläre Veranstaltungen.
Die RWTH und die Fachhochschule Aachen haben ihre Zusammenarbeit in einem gemeinsamen, auf Fakultätsebene erarbeiteten und auf Rektoratsebene beschlossenen Kooperationsvertrag fixiert. Dieser regelt Ablauf, Aufgabenteilung und die Anerkennung von im Vorsemester erworbenen Leistungen, ohne ins Detail zu gehen. Von den Hochschulen wird der Vertrag eher als Formalie angesehen, die dem Anstoß des Projektes und der Diskussionsprozesse zur Abstimmung diente, dem jedoch für das operative Geschäft und die individuellen Regelungen zwischen den Hochschulen nur eine geringe Bedeutung zukommt.
Das Projekt wird zu 100 Prozent vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung NRW mit 1,25 Millionen Euro je Hochschule für den Zeitraum von November 2014 bis Dezember 2017 gefördert. Die Hochschulen ihrerseits stellen Verwaltung, Räumlichkeiten, Grundausstattung und öffnen reguläre Veranstaltungen.
Die RWTH und die Fachhochschule Aachen haben ihre Zusammenarbeit in einem gemeinsamen, auf Fakultätsebene erarbeiteten und auf Rektoratsebene beschlossenen Kooperationsvertrag fixiert. Dieser regelt Ablauf, Aufgabenteilung und die Anerkennung von im Vorsemester erworbenen Leistungen, ohne ins Detail zu gehen. Von den Hochschulen wird der Vertrag eher als Formalie angesehen, die dem Anstoß des Projektes und der Diskussionsprozesse zur Abstimmung diente, dem jedoch für das operative Geschäft und die individuellen Regelungen zwischen den Hochschulen nur eine geringe Bedeutung zukommt.
Nutzen für Studierende und Studieninteressierte
Nutzen für die Hochschulen