Das Gründungsbüro Kaiserslautern ist eine gemeinsame Einrichtung der Technischen Universität und der Hochschule Kaiserslautern. Es ist die zentrale hochschulübergreifende Anlauf- und Koordinationsstelle rund um das Thema Gründung und Unternehmertum an beiden Hochschulen. Hier werden alle Maßnahmen zur Sensibilisierung, Qualifizierung und Unterstützung von Studierenden, Professoren, Mitarbeitern und Alumni im Bereich Gründung, insbesondere in der Vorgründungsphase, gebündelt.
Für kleine bis mittelgroße Hochschulen in geografischen Randlagen, wie die Technische Universität und die Hochschule Kaiserslautern, ist es nicht nur interessant, sondern vor allem sehr wichtig, Beziehungen zu regionalen und internationalen Partnern einzugehen und zu pflegen. Mit der sogenannten Science Alliance Kaiserlautern reagieren Akteure aus der Region in partnerschaftlicher Zusammenarbeit auf bestehende Herausforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Technische Universität, die Hochschule Kaiserslautern, elf renommierte Forschungsinstitute und forschungsnahe Einrichtungen, Unternehmen sowie zahlreiche Fördermitglieder verfolgen in dieser Allianz das Ziel, den Wissenschaftsstandort Kaiserslautern regional, national und international zu positionieren. Die beiden Hochschulen, insbesondere die TU, spielen in diesem Konsortium eine treibende Rolle und bringen ihre langjährige Expertise in Transferfragen geschäftsführend ein.
Die Universität und die Hochschule Kaiserslautern sind im Bereich Technologietransfer schon vor Etablierung des gemeinsamen Gründungsbüros einen gemeinsamen Weg gegangen. Beide Hochschulen verfügten bereits seit Mitte der 1990er-Jahre über punktuelle Angebote zu unternehmerischem Handeln. Ziel beider Hochschulen war es jedoch, ein durchgängiges Gesamtkonzept zu diesem Thema zu entwickeln, gestaltet und durchgeführt von beiden Hochschulen in Kooperation. Daher rückten die beiden für Technologietransfer beauftragten Stellen der Hochschulen näher und schufen die Grundlage für gemeinsame Projekte. Die Kooperation der beiden Hochschulen war aufgrund gemeinsamer Inhalte, gemeinsamer Zielgruppen, räumlicher Nähe und nicht zuletzt persönlicher Verbindungen unumstritten. Fachliche Ergänzungen auf der einen Seite und gleiche Herausforderungen (Demografie, Studierendennachwuchs, Sichtbarkeit in der Region) auf der anderen Seite beförderten die Kooperationsbestrebungen.
Die EXIST-Förderungen des Bundeswirtschaftsministeriums haben an Hochschulen deutschlandweit die Gründerkultur – durch Förderung von Gründern und entsprechenden Strukturen an Hochschulen –befördert. Für die Hochschulen in Kaiserslautern war insbesondere die Option einer EXIST-Förderung ausschlaggebend, ihre Zusammenarbeit zu intensivieren. Die erste gemeinsame Beantragung von EXIST-Geldern scheiterte jedoch. Es herrschte Einigkeit darüber, dass ein Antrag beider Hochschulen, der auf gemeinsamen Infrastrukturen basiert, auf mehr Erfolg hoffen ließ. So wurden erste gemeinsame Strukturen, in Form eines gemeinsamen Gründungsbüros, in einem ersten Schritt aus EFRE-Strukturmitteln über das Land Rheinland-Pfalz aufgebaut und finanziert. Rund 1,3 Millionen Euro wurden von 2008 bis 2015 hierzu zur Verfügung gestellt, da auch das Land von dem Erfolg des Konzeptes einer kooperativen, hochschultypübergreifenden Struktur überzeugt war und sich maßgeblich an einem Konzept hierzu beteiligte. Im zweiten Schritt konnten diese Strukturen durch die schließlich erfolgreiche Einwerbung von EXIST-III-Mitteln mit weiteren Inhalten gefüllt werden.
Das gemeinsame Gründungsbüro der beiden Hochschulen in Kaiserslautern unterstützt Gründungsinteressierte unter anderem mit individueller Hilfestellung, Workshops, Summer Schools, Webinaren und bietet unter der Marke Ideenwald eine Plattform für Crowdfunding-Kampagnen aus Rheinland-Pfalz und Saarland an. Es agiert als Scharnier zwischen Lehrveranstaltungen beider Hochschulen und ist zentrale Anlaufstelle bei Fragen rund um die Existenzgründung. Als gemeinsame Einrichtung der TU und der Hochschule Kaiserslautern richtet sich das Gründungsbüro mit seiner Arbeit in erster Linie an Gründungsinteressierte in der Vorgründungsphase, jedoch wird auch die Sensibilisierung für unternehmerisches Denken (Intrapreneurship) für die Arbeit außerhalb der Selbstständigkeit in den Fokus genommen. Das Selbstverständnis des Gründungsbüros, unternehmerisches Denken und Handeln als Erfolgsfaktor für alle Karrierepfade zu sehen, ob Angestellter oder Selbstständiger, soll hochschulweit und -übergreifend in die Curricula wirken.
Das Gründungsbüro hält Kapazitäten für Beratung und Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln bereit: Für Programme, wie beispielsweise EXIST-Gründerstipendium und -Forschungstransfer des Wirtschaftsministeriums, der Investitionsbank Rheinland-Pfalz und der Kreditanstalt für Wiederaufbau steht das Gründungsbüro Interessierten im Antragsprozess zur Seite und unterstützt sie bei der Mittelakquise. Insbesondere bei der Einwerbung von EXIST-Mitteln des Wirtschaftsministeriums haben die Hochschulen eine tragende Rolle. Diese Mittel, auch wenn sie dem Gründerteam zukommen, werden – nach Vorgaben des Ministeriums – ausschließlich über die Hochschulen abgewickelt: Hochschulen sind im Rahmen eines EXIST-Gründerstipendiums demnach für die Verwaltung der Fördermittel zuständig, stellen dem Gründerteam einen Arbeitsplatz zur Verfügung und sichern die kostenfreie Nutzung ihrer Infrastruktur (Büro, Netz, Telefon). Außerdem muss die Hochschule in ein Gründernetzwerk eingebunden sein, um Coaching-Leistungen für die Gründerteams sicherzustellen.
Für die operative Leitung des Gründungsbüros wurde die Stelle eines Geschäftsführers eingerichtet, welche personal- und finanztechnisch an der TU angesiedelt ist Sie ist örtlich in Räumlichkeiten der TU untergebracht, hat jedoch regelmäßige Bürozeiten an der Hochschule und den weiteren Standorten, um mit Interessierten und Ratsuchenden ins direkte Gespräch zu kommen. Formal wird diese Stelle den Verwaltungsmitarbeitern zugeordnet, sie wird nicht durch einen Professor ausgefüllt. Um den Unternehmergeist auch in der Breite der Hochschule zu platzieren, ist das Gründungsbüro einerseits organisatorisch nahe an den beiden Hochschulleitungen angesiedelt, und andererseits über verantwortliche Professoren mit den Fachbereichen zu Entrepreneurship (TU) und Betriebswirtschaft (HS) vernetzt.
Verbindung zur Hochschulleitung
Das Gründungsbüro profitiert von den komplementären Personen und Strukturen an den beiden Hochschulen. Das Gründungsbüro ist eng mit den Transferstellen beider Hochschulen verbunden. Die Leiterin des Referats für Technologie und Innovation der TU Kaiserslautern sowie die Leiterin des Referats Forschung und Projektkoordination der Hochschule Kaiserslautern bilden gemeinsam das strategische Leitungskollegium des Gründungsbüros. Die Angliederung des Gründungsbüros an diese beiden Stabsstellen für Transfer sichert die gleichberechtigte Einflussnahme und Zugriffsmöglichkeiten beider Hochschulen und zugleich die enge Anbindung an die Hochschulleitung und damit den nötigen Rückhalt, die Themen des Gründungsbüros hochschulweit zu etablieren. Das Leitungskollegium beider Hochschulen und die operative Leitung des Gründungsbüros organisieren sich in Jours fixes, welche alle zwei Wochen stattfinden. Hier wird über den Status quo berichtet und die Weiterentwicklung der Arbeit strategischer und operativer Natur besprochen.
Verbindung zu den Fachbereichen und Professoren
Besonders ist, dass das Gründungsbüro nicht an einem Fachbereich angesiedelt ist. Damit wird sichergestellt, dass Studierende und Professoren aller Fachbereiche unterschiedslos angesprochen werden können. Die Unabhängigkeit von einem Fachbereich umgeht Konkurrenzsituationen zwischen Professoren und schafft neutrale Räume zum hochschulübergreifenden, thematischen Austausch. Der Austausch mit den wissenschaftlichen Leitern/Dekanen der curricularen Lehre und der Einbezug wissenschaftlicher Beratung durch Professoren aus den eigenen Reihen dienen der Fortentwicklung des Gründungsbüros einerseits und der Integration der Gründerthematik in die Lehrveranstaltungen andererseits. Hierzu sind das Gründungsbüro und die für Entrepreneurship verantwortlichen wissenschaftlichen Leiter der curricularen Lehre (Professoren) eng vernetzt, um gemeinsame Formate für beide Hochschulen zu entwickeln. Auch die Forschungsförderung in den Technologietransferstellen beider Hochschulen öffnet den Zugang zu Professoren.
Formal ist das Gründungsbüro eine gemeinsame Betriebseinheit nach § 93 HSG beider Hochschulen. Diese Organisationsform setzt eine Kooperationsvereinbarung voraus, welche in diesem Fall Aufgaben, Leitung und die Kommunikation des Gründungsbüros Kaiserslautern regelt. Die Hochschulen haben sich (nach Auslaufen der Projekte) auf die Verstetigung zweier Stellen (formal Verwaltungsstellen) und auf ein Projektbudget verständigt. Die nötigen Mittel werden durch beide Hochschulen in unterschiedlichen Anteilen eingebracht. Darüber hinaus akquiriert das Gründungsbüro eigene Drittmittel zur Umsetzung geplanter Projekte. Professoren, welche als Mentoren für EXIST-Förderungen fungieren, werden die eingeworbenen Drittmittel über den Fachbereich angerechnet.
"Ein Gründungsbüro für zwei regional nahe Hochschulen ist zuerst einmal effizient." (Zitat aus den Interviews). Eine Struktur für zwei zu schaffen hilft, Themen nicht künstlich zu trennen, Kompetenzen und Ressourcen zu bündeln.
Für das Gründungsgeschehen
Für die Studierenden
Für die Hochschulen
Für die Region/das Bundesland