It's The Culture, Stupid!

Die Rolle betrieblicher Innovationskultur für erfolgreiche Innovation und Resilienz

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In Zeiten zunehmender wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheit macht eine starke Innovationskultur Unternehmen widerstandsfähiger und innovativer. Offenheit, Agilität, Kommunikation und Mitarbeiterorientierung sind entscheidende Elemente einer wirksamen Innovationskultur. Unternehmensführungen, Wirtschaftsförderung und Politik sollten die betriebliche Innovationskultur als entscheidenden Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg der Betriebe und des Standorts Deutschland ernst nehmen.

Eine starke Innovationskultur ist entscheidend für die Krisenfestigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Dies ist das zentrale Ergebnis einer im Januar 2025 vom Stifterverband und der Bertelsmann Stiftung veröffentlichten Studie. Die Untersuchung basiert auf Interviews mit Führungsverantwortlichen in mittelständischen Unternehmen. Neben der grundlegenden Ausrichtung der betrieblichen Innovationskultur nimmt sie auch die unternehmerischen Strategien im Umgang mit externen Schocks wie der Corona-Krise in den Blick.

Elemente einer starken Innovationskultur

Die Studie zeigt, dass es drei wesentliche Erfolgsfaktoren für eine innovationsförderliche Unternehmenskultur gibt:

  • Unternehmen mit einer ausgeprägten Innovationskultur zeichnen sich erstens durch Offenheit für neue Ideen und eine hohe Veränderungsbereitschaft aus. Fehler werden als Lernmöglichkeiten gesehen. Gleichzeitig betonen die erfolgreichen Unternehmen die Notwendigkeit, eine Balance zwischen Freiraum für Kreativität und klaren Strukturen zu schaffen, um Orientierung und Sicherheit zu gewährleisten.
  • Zweites ist erkennbar, dass Kollaboration und Kommunikation Innovation fördern. Eine innovationsförderliche Kultur erfordert abteilungsübergreifendes Arbeiten und intensiven Austausch. Gelebte Community-Strukturen und die Einbeziehung externer Partner spielen dabei eine Schlüsselrolle. Dies ermöglicht die Weitergabe von Wissen und schafft Raum für die Entwicklung neuer Ideen.
  • Ein dritter zentraler Aspekt ist die Anerkennung und Wertschätzung aller Beschäftigten als Treiber von Innovation. Unternehmen, die Ideen ihrer Belegschaft ernst nehmen und Wert auf ein vertrauensvolles, respektvolles Miteinander legen, schaffen ein Umfeld, das Engagement und Eigenverantwortung stärkt.

Es lässt sich erkennen, dass Unternehmen mit hoher Innovativität ähnliche Werte teilen: Sie sehen hohe Eigenverantwortung und das Vertrauen in die Beschäftigten als maßgeblichen Motivationsfaktor.

Lena Finger (Foto: Marcel Schwickerath)
Lena Finger (Foto: Marcel Schwickerath)
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Dr. Lena Finger

Wissenschaftliche Referentin in der Wissenschaftsstatistik im Stifterverband und Co-Autorin der Studie

Unterschiede in der Innovationskultur

Die Studie zeigt, dass Innovationskultur von Führungs- und Eigentümerstrukturen und der Branchenzugehörigkeit beeinflusst wird. Familiengeführte Unternehmen setzen häufig auf fest etablierte Forschungs- und Entwicklungsabteilungen mit klaren Zuständigkeiten. Das kann den abteilungsübergreifenden Austausch und die Flexibilität einschränken. Branchenunterschiede zeigen sich ebenfalls: Während klassische Industriebetriebe stärker strukturierte Innovationsprozesse verfolgen, arbeiten Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie agiler, indem sie flexible und bedarfsorientierte FuE-Teams einsetzen.

Die Veränderung der Innovationskultur in Richtung verstärkter Innovationsfähigkeit und Resilienz ist ein komplexes und langwieriges Projekt. Es ist in Grenzen planbar, aber nicht verlässlich berechenbar und braucht fortdauernde Aufmerksamkeit und Anpassungen durch die Unternehmensführung.

Gero Stenke (Foto: Marcel Schwickerath)
Gero Stenke (Foto: Marcel Schwickerath)
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Dr. Gero Stenke

Leiter und Geschäftsführer der Wissenschaftsstatistik im Stifterverband, Co-Autor der Studie

Zusammenspiel von Unternehmen,
Wirtschaftsförderung und Politik ist nötig

Die Studie zeigt, dass die Verantwortung für eine innovationsförderliche Kultur nicht allein bei den Unternehmen liegt. Auch Wirtschaftsförderung und Politik können entscheidend beitragen: Die Wirtschaftsförderung kann Förderprogramme bereitstellen, die speziell auf den Aufbau und die Weiterentwicklung von Unternehmenskulturen ausgerichtet sind. Dazu gehören etwa finanzielle Zuschüsse für Coachings, Tools und Beratungsleistungen, die Unternehmen bei der Neuausrichtung ihrer Innovationskultur unterstützen. Die Politik kann darüber hinaus Anreize für langfristige Investitionen in Innovationskultur schaffen, etwa durch steuerliche Erleichterungen oder die Finanzierung von Pilotprojekten. Die Förderung von Peer-to-Peer-Lernplattformen, die den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Unternehmen stärken, kann ebenfalls maßgeblich zu einem erfolgreichen Kulturwandel beitragen.

Die Studie verdeutlicht aber auch, dass die Hauptlast der Gestaltung einer wirksamen Innovationskultur in den Unternehmen selbst liegt. Peer-to-Peer-Learning, sowohl innerhalb als auch über Unternehmensgrenzen hinweg, bietet praxisnahe Unterstützung bei Kulturwandelprozessen und stärkt das Zugehörigkeitsgefühl sowie die Verantwortungsübernahme der Belegschaft. Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle, da ihr Handeln maßgeblich motivierend wirkt. Können sie den Wandel nicht allein bewältigen, können Weiterbildungsprogramme und Coachings die Führungskräfte sensibilisieren und mit praktischen Werkzeugen ausstatten.

Es ist sinnvoll, wenn sich die Unternehmen gezielt mit Fragen zu ihrer eigenen Unternehmens- und Innovationskultur auseinandersetzen. Was macht die aktuell etablierte Unternehmenskultur aus und welche Wirkung entfaltet sie? Ist dies zielführend? Welche Elemente wirken positiv, welche hemmend?

Marc Wolinda

Co-Autor der Studie, Bertelsmann Stiftung

Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Innovationskultur identifizieren die Unternehmen kulturelle Aspekte als einen eigenständigen Faktor, der sich positiv auf die Krisenresilienz auswirkt. Das zeigt, dass kulturelle Aspekte ebenso wichtig für den Erfolg eines Unternehmens sind wie harte Faktoren wie Produktionsmittel.

Armando García Schmidt

Die Studie basiert auf elf Interviews mit mittelständischen Unternehmen und analysiert die strukturellen und kulturellen Bedingungen, die Innovation fördern. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass kulturelle Faktoren, neben harten Kennzahlen, eine entscheidende Rolle für den nachhaltigen Erfolg von Unternehmen spielen.