Hochschulräte aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sprechen sich für gesetzliche Regelungen aus, die Freiräume und Flexibilität für hochschulindividuelles Handeln eröffnen. Nur so könnten Hochschulen im Zuge der Internationalisierung der Wissenschaft wettbewerbsfähig bleiben. Das ist die zentrale Forderung des Positionspapiers, das das Forum Hochschulräte auf seiner letzten Sitzung in Berlin erarbeitet hat.
"Gesetzgeber und Gerichte sollten Grundprinzipien festlegen, nicht jedoch deren Umsetzung über detaillierte Verfahrensregeln vorgeben", heißt es im Positionspapier des Forums Hochschulräte. Da Hochschulen sich infolge der Entwicklung der Wissenschaft dynamisch weiterentwickeln, müssen gesetzliche Regelungen Freiräume und Flexibilität für hochschulindividuelles Handeln schaffen. Spielräume für länderspezifische Lösungen sollten möglich sein – stark im Detail regulierende Urteile wie die des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg schränken die Handlungsfreiheit zu sehr ein.
Mit dem Positionspapier reagiert das Forum Hochschulräte auf die Diskussion in Baden-Württemberg. Hier verabschiedete jüngst das Kabinett eine Novellierung des Hochschulgesetzes und reagierte damit auf ein Urteil des Landesverfassungsgerichtes im November 2016. Das Gericht hatte Teile des Landeshochschulgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Die Regelung, dass Senat und Hochschulrat gemeinsam den Rektor wählen, würde die individuelle Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer verletzen, urteilte das Gericht. Die gewählten Hochschullehrer müssten bei der Wahl und Abwahl von Rektoren mehr Gewicht bekommen.
In seinem Positionspapier fordert das Forum Hochschulräte, handlungsfähige Hochschulleitungen zu erhalten. Weder in der Schweiz noch in Österreich gilt die Professorenmehrheit als verfassungsrechtliche Vorgabe für die Organisation der Hochschulen. "Professionell agierende Hochschulleitungen in einem funktionierenden System von Checks und Balances sind unentbehrlich, damit Schwerpunktsetzungen, Profilierungen und Umstrukturierungen in Hochschulen möglich bleiben", sagt Annette Fugmann-Heesing, frühere Finanzsenatorin in Berlin, Vorsitzende des Hochschulrates der Universität Bielefeld und Mitautorin des Papiers. "Eine starke Hochschulleitung ist darüber hinaus immer auch ein Garant der Wissenschaftsfreiheit gegenüber Eingriffen von außen."
In den Hochschulen arbeiten unterschiedliche wissenschaftliche Akteure. In Teilen der aktuellen Rechtsprechung wird deshalb auch allgemein von Wissenschaftlern oder in der Wissenschaft Tätigen als Träger der Wissenschaftsfreiheit gesprochen und nicht wie in dem Urteil aus Baden-Württemberg lediglich von Hochschullehrern. "Wissenschaftliches Arbeiten erfordert immer ein Zusammenwirken mehrerer Akteure in den Hochschulen, in der Zusammenarbeit mehrerer Hochschulen, mit Forschungseinrichtungen außerhalb der Hochschulen und Wirtschaftsunternehmen", erklärt Josef Lange, ehemaliger Staatssekretär für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen, bis vor kurzem Vorsitzender des Universitätsrats der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Mitautor des Papiers. "Diese Entwicklung erfordert vielfach neue Organisationsformen und Professionen in der Wissenschaft und muss in der Gesetzgebung der Länder und in der Rechtsprechung berücksichtigt werden."
Das Forum Hochschulräte ist eine Initiative des Stifterverbandes und der Heinz Nixdorf Stiftung in Kooperation mit dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung. Es ist eine Plattform aller Hochschulräte aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft und bietet ihnen institutionenübergreifend die Möglichkeit zum Informations- und Erfahrungsaustausch.
leitet das Handlungsfeld "Bildung & Kompetenzen" und das Fokusthema "Future Skills verankern".
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