Auch bei den Innovationspartnerschaften vonUnternehmen gibt es Nachholbedarf, wie eine weitere Stifterverbands-Studie zeigt.
Durch eine offene Wissenschaft kann die Qualität der Wissensproduktion gesteigert oder der Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen erleichtert werden. Die Zusammenarbeit mit neuen und bisher unüblichen Partnern, die sich an Forschungs- und Innovationsprozessen beteiligen, soll zu bestmöglichen Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen führen und Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit schaffen.
Hier haben die Hochschulen noch Nachholbedarf. Neue Partizipations- und Kooperationsformen finden aktuell keine breite Unterstützung bei den Hochschulleitungen. Insgesamt sieht weniger als die Hälfte (45 Prozent) große Potentiale für die eigene Hochschule durch die Zusammenarbeit mit bisher unüblichen Partnern, wie Bürger, Betroffene (etwa Patienten), Internetnutzer oder fachfremde Wissenschaftler. Bei staatlichen Universitäten ist es sogar weniger als ein Drittel (30 Prozent). Das bedeutet, Innovationspotentiale, die durch neuartige Partnerschaften entstehen, werden nicht ausgeschöpft.
Ganz anders sieht es beim Thema Open Access aus. Fast 80 Prozent der staatlichen Universitäten haben oder planen eine Open-Access-Strategie, bei den staatlichen Fachhochschulen sind es nur 49 Prozent. Eine Umsetzung der entsprechenden Strategien an den Hochschulen scheint deshalb wissenschaftspolitisch wünschenswert. Denn der freie Zugang zu Wissen ist für Hochschulen sowohl von wissenschaftlicher als auch von finanzieller Bedeutung.
Für die Zukunft haben fast alle Hochschulen die Wirksamkeit einer offenen Wissenschaft erkannt. Drei von vier Hochschulleitern wollen zukünftig mehr Offenheit in der Wissenschaft. 93 Prozent sagen, dass Plattformen und Instrumente der Kollaboration in den nächsten fünf Jahren an Bedeutung gewinnen. Über 80 Prozent sehen diesen Zuwachs bei Open Access und Open Data. Bei Citizen Science, also Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft, erwarten dagegen nur 56 Prozent der Hochschulleiter eine steigende Relevanz.
"Im internationalen Vergleich hat Deutschland bei der Sichtung der Chancen und Herausforderungen von Offenheit in Wissenschaft und Innovation noch Nachholbedarf", sagt Volker Meyer-Guckel, der stellvertretende Generalsekretär des Stifterverbandes: "Wir brauchen mehr Erfahrungsaustausch, ein besseres Monitoring, eine entsprechende Qualifizierung und Plattformen für eine offene Wissenschaft und Forschung. Zwischen Wissenschaft und Gesellschaft sollte es einen gemeinsamen Diskurs zu Wertschöpfungspotenzialen ebenso wie zu Grenzen der Offenheit geben."
Warum die strategische Öffnung von Wissenschaft und Innovation so wichtig ist, zeigt eine weitere Studie des Stifterverbandes, die Entwicklung und Potenziale von Open Science und Open Innovation in Deutschland analysiert. Fazit: Die gezielte Öffnung von Wissenschaft (open science) und von Entwicklungsergebnissen in der Wirtschaft (Open Innovation) ist eine große Chance für den Forschungsstandort Deutschland. Kollaboration mit neuen, bisher unüblichen Partnern oder Wiederverwertung bereits erhobener Daten können sowohl Wertschöpfung als auch Akzeptanz von Wissenschaft und Innovation steigern.
Die Potenziale offener Wissenschaft und Innovation werden aber bisher nicht genutzt. Der Anteil von Unternehmen mit Innovationspartnerschaften verharrt auf einem niedrigen Niveau (20 Prozent). Vor allem Kleinunternehmen arbeiten selten während eines Forschungs- oder Entwicklungsprozesses mit anderen Partnern zusammen (14 Prozent).
Zwar ist mittlerweile die Hälfte aller Fachbeiträge deutscher Autoren (51 Prozent) frei zugänglich (open access). Im europäischen Vergleich bewegt sich Deutschland damit trotzdem lediglich im Mittelfeld. Bei Forschungsdaten sieht es noch schlechter aus. Mit einem Anteil von 13 Prozent ist deren Veröffentlichung eher eine Ausnahme.
Die Studie zeigt, dass die Öffnung der Wissenschaft zur Lösung zentraler Herausforderungen des Wissenschafts- und Innovationssystems beitragen kann. Die Autoren Clemens Blümel, Benedikt Fecher und Gertraud Leimüller entwickeln dafür ein Modell, das Prinzipen von open science und open innovation zusammenführt. Danach können sich grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung vor allem durch neue Partnerschaften und geteilte Infrastrukturen annähern. Durch neue Innovationskollaborationen kann die traditionelle Konzentration der Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten auf wenige Industriebranchen abgebaut werden. Unbürokratische, niederschwellige Partnerschaften in offenen Innovationsnetzwerken würden das FuE-Potenzial von klein- und mittelständischen Unternehmen fördern.
Die Studie "Das Potenzial strategischer Öffnung" des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft (HIIG), des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und von der österreichischen Beratungsfirma für Open Innovation, winnovation, wurde im Auftrag des Stifterverbandes veröffentlicht. Sie erscheint im Rahmen der aktuellen Stifterverbands-Initiative Offene Wissenschaft und Innovation. Ziel der Initiative ist es, Debatten anzustoßen und mit konkreten Förderideen, Impulse für den Wissenschafts- und Innovationsstandort Deutschland zu geben.
Das Hochschul-Barometer ist ein Stimmungsbarometer deutscher Hochschulleitungen. In einer jährlichen, repräsentativen Umfrage wollen der Stifterverband und die Heinz-Nixdorf Stiftung von allen Rektoren und Präsidenten staatlicher und staatlich anerkannter Hochschulen in Deutschland wissen, wie sie ihre momentane Lage und ihre Perspektiven einschätzen. Ein Schwerpunkthema der aktuellen Ausgabe ist Open Science. Die Ergebnisse des gesamten Hochschul-Barometers werden im Herbst veröffentlicht.
leitet das Handlungsfeld "Kollaborative Forschung & Innovation" und das Fokusthema "MINT-Lücke schließen".
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