Bei der Umsetzung des Digitalpakts für die Schulen können Bund und Länder auf didaktische Konzepte von Bildungspraktikern aus ganz Deutschland bauen. Das wurde auf der Fachtagung "Perspektive Begabung" (#pb18) in Köln deutlich, wie das bundesweite Talentförderzentrum Bildung & Begabung mitteilte.
Der Bund will fünf Milliarden Euro für die digitale Ausstattung der Schulen bereitstellen, davon 3,5 Milliarden in dieser Legislaturperiode. Die Länder sind zusätzlich zuständig für Investitionen in die Lehrerausbildung und die Fortbildung. Wissenschaftler, Lehrkräfte, Trainer und andere Experten sprachen auf der Fachtagung #pb18 über neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur digitalen Didaktik und gaben Best-Practice-Einblicke.
"Wir müssen Bildung neu denken. Kreativität und Selbständigkeit werden künftig einen deutlich höheren Wert haben", sagte der Digitalexperte Karl-Heinz Land voraus. Durch den digitalen Wandel werde in den kommenden Jahren jeder zweite Job wegfallen. Darauf sei das Bildungssystem bislang nur unzureichend vorbereitet. "Ich bin immer wieder erschrocken, wenn ich in die Klassenzimmer komme. Sie sehen genauso aus wie früher", sagte Land in seinem Vortrag.
"Lernen und Lehren werden sich sehr grundlegend verändern", sagte auch Bildung & Begabung-Geschäftsführerin Elke Völmicke. Der Digitalpakt von Bund und Ländern erfordere didaktische Konzepte für eine zeitgemäße Bildung. "Viele haben bemängelt, es gäbe diese Konzepte gar nicht. Wer aber genau hinsieht, der merkt schnell: das stimmt so nicht." In zahlreichen Schulen und anderen Lernorten hätten Bildungspraktiker bereits didaktische Konzepte mit digitalen Tools erprobt.
Der medienpädagogische Berater des niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung und Lehrer an der Waldschule Hatten, Andreas Hofmann, berichtete von seinen Erfahrungen: "Meine Gehversuche mit digitaler Technik haben neue Perspektiven erbracht, so dass sich der Unterricht veränderte. Den Prozess, den ich zunächst alleine durchlief, den macht jetzt meine Schule durch. Das ist Schulentwicklung." Hofmann bekräftigte zugleich seine Absage an den Frontalunterricht: "Ich will nicht mehr der Mann da vorne sein." Eben das finde er übrigens auch im Netz: "Youtube-Stars, die uns Lehrer ersetzen wollen, da kriege ich Gänsehaut. Der gleiche Frontalunterricht, den wir hassen, nur in anderer Fassade."
Christian Rietz, Professor für Erziehungswissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, zeichnete auf der Tagung ein "deprimierendes" Bild der Lehrerbildung. "Die jungen Lehrer kennen sich mit digitalen Plattformen nicht aus. Die Lehrerbildung ist kein gutes Vorzeichen, was die Digitalisierung betrifft." Viele Referendare hätten keine Lust, sich damit zu beschäftigen. Medienpädagoge Hofmann bestätigte diesen Eindruck: "Bei uns waren jahrelang die jungen Kolleginnen und Kollegen die größte Handbremse."
Wie gelingt zeitgemäße Bildung in der digitalen Welt? Gehört Coden wirklich in den Unterricht? Können digitale Tools die Bildungschancen erhöhen und wie lässt sich damit individuell fördern? Mit diesen und anderen Fragen befassten sich auf der #pb18 zahlreiche Vorträge, Praxisforen und Diskussionen. So erläuterte Professor Christoph Igel vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, wie intelligente Assistenten für den individuellen Bildungsprozess fungieren können. Auch zahlreiche weitere Bildungsexperten stellten aktuelle Projekte vor.
Die Fachtagung "Perspektive Begabung" wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Stifterverband, der Kultusministerkonferenz und der Peters-Beer-Stiftung.