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Solidarität in der Krise stärken: Dritter Sektor braucht mehr Handlungsspielraum

08.04.2020

Der Bundesverband Deutscher Stiftungen und der Stifterverband appellieren gemeinsam mit anderen gemeinnützigen Dachverbänden und Organisationen an den Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz (SPD), für bessere Rahmenbedingungen und mehr Handlungsspielraum für gemeinnützige Organisationen, um in der aktuellen Corona-Krise besser und einfacher ihre Stärken voll ausspielen zu können.

Gemeinnützige Organisationen brauchen mehr Rechtssicherheit sowie schnelle und unbürokratische Hilfe zur eigenen Existenzsicherung.

Mit einem Brief an den Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz (SPD), treten der Bundesverband Deutscher Stiftungen und der Stifterverband gemeinsam mit sieben weiteren gemeinnützigen Dachverbänden und Organisationen für weniger Bürokratie und mehr Flexibilität in Zeiten der Corona-Krise auch für Stiftungen ein.

"In der aktuellen Situation zeigt sich wieder, wie wichtig ein funktionierender und starker gemeinnütziger Sektor ist. Die unzähligen Vereine, Organisationen und Stiftungen sind unverzichtbar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bewältigung der Corona-Krise. Zusammen bilden sie eine der tragenden Säulen der Gesellschaft. Daher ist es so wichtig, dass sie schnell mehr Handlungsspielraum erhalten, um besser Hilfe leisten zu können", sagt Prof. Dr. Joachim Rogall, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen.
 

Weniger Bürokratie und mehr Flexibilität schaffen mehr Sicherheit
Umso wichtiger ist es, dass die gemeinnützigen Organisationen schnell und unbürokratisch Hilfe leisten können. Zugleich benötigen sie mehr Rechtssicherheit, um ihre eigene Existenz sicherzustellen. In ihrem Brief appelieren die Unterzeichner, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den gemeinnützigen Organisationen mehr Spielraum für ihre Hilfeleistungen bieten. Den Brief haben neben den beiden großen deutschen Stiftungsverbänden unterzeichnet: Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) e.V., Deutscher Bundesjugendring, Deutscher Kulturrat, Deutscher Naturschutzring, Deutscher Olympischer Sportbund, Deutscher Spendenrat e.V. und VENRO – Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen.

Konkret: In dem Appell fordern die Organisationen, Verwaltungsanweisungen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zu erlassen, die das Handeln von gemeinnützigen Organisationen im Rahmen der COVID-19-Hilfe erleichtern sollen. So ist es in Krisenzeiten wichtig, dass auch über den im Einzelfall anwendbaren gemeinnützigen Zweck hinaus Hilfe im Rahmen der Corona-Pandemie ermöglicht wird. Vorhandene Mittel müssen auch ohne Änderung der Satzung zur unmittelbaren Hilfe eingesetzt werden können. Auch im Rahmen der Mittelweiterleitung darf die COVID-19-Hilfe nicht gemeinnützigkeitsschädlich sein. Hilfreich wären erneut vereinfachte Zuwendungsbescheide ohne betragsmäßige Beschränkung bei Spenden. Ebenfalls wird das sich bereits 2015 bewährte Verfahren, Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen als Sponsoring anzuerkennen sowie Arbeitslohnspenden lohnsteuerlich zu begünstigen, unterstützt. Nicht zuletzt müssen bei einer grenzüberschreitenden Pandemie auch grenzüberschreitend Hilfestellung geleistet werden können und insbesondere die Solidarität und den Zusammenhalt in der EU gestärkt werden.
 

Hilfe für die Helfer
Die Corona-Krise stellt zugleich zahlreiche gemeinnützige Organisationen und Stiftungen vor neue – und zum Teil auch existenzbedrohende – Herausforderungen. Aktuell kämpfen viele von ihnen mit hohen finanziellen Verlusten durch wegfallende Einnahmen oder im Bereich der Vermögensverwaltung. Daher benötigen auch sie gerade jetzt mehr Rechtssicherheit, dass die eigene Gemeinnützigkeit nicht durch die Krise gefährdet wird. Gemeinsam mit den anderen gemeinnützigen Organisationen regen der Bundesverband und der Stifterverband an, Verwaltungsregelungen zu schaffen, die verhindern, dass derartige Verluste gemeinnützigkeitsschädlich sind.

Das gleiche gilt für Zuwendungen für Veranstaltungen, die nicht stattfinden können. Gelder, die von Seiten der Fördergeber nicht zurückgefordert werden, dürfen nicht wegen Mittelfehlverwendung von Seiten der Finanzverwaltung sanktioniert werden. Auch sind flexible Anpassungen hinsichtlich Projektlaufzeiten, Personalkosten und Verwendungsnachweisen bei bestehenden Fördervereinbarungen zwischen staatlichen Stellen und gemeinnützigen Organisationen erforderlich.
 

In der Krise können sich die Menschen auf Stiftungen verlassen
Stiftungen übernehmen Verantwortung in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft. Eine Aufgabe, die in Zeiten der Corona-Pandemie wichtiger ist denn je, denn die Auswirkungen der Krise sind weitreichend. Eine Vielzahl von jüngst ins Leben gerufenen Angeboten und Initiativen zeigt, dass sich Stiftungen in dieser herausfordernden Zeit solidarisch zeigen, indem sie schnell und unbürokratisch Hilfe und Förderungen anbieten.
 
Nachfolgend einige ausgewählte Beispiele, wie sich Stiftungen in der Corona-Krise engagieren – zahllose weitere Initiativen (national wie international) wären zu nennen.
 

Stiftungen als Stütze für den Gesundheits- und Pflegesektor
In der aktuellen Krisensituation stehen die vielen Stiftungen im Fokus, die Krankenhäuser, Pflegeheime oder Wohnstifte betreiben. Der Bundesverband unterstützt diese Sozialunternehmensstiftungen (Anstaltsträgerstiftung) durch Medienarbeit und in der Krisenkommunikation sowie durch die Vernetzung und den Austausch untereinander. Gerade jetzt ist es wichtig, voneinander zu lernen und gemeinsame Erfahrungen zu teilen.

Viele Stiftungen engagieren sich darüber hinaus im medizinischen Bereich. So hat etwa die Stiftung Preußischer Kulturbesitz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung größere Mengen an Schutzkleidung übergeben. Sie waren eigentlich für Restauratorinnen und Restauratoren bestimmt, gingen aber nun an die, die sie derzeit nötiger brauchen.

Die Stiftung Universitätsmedizin Essen hat die Initiative "Spenden für Corona" ins Leben gerufen, die die Corona-Forschung der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen unterstützen soll (unter anderem ein seit vielen Jahren bestehendes deutsch-chinesisches Forschungslabor in Wuhan (China), in dem Forscher aus beiden Ländern aktuell unter Hochdruck an der Erforschung des Corona-Virus arbeiten).
 

Solidarität mit den Geförderten
Geförderte Organisationen sind von der Corona-Krise unmittelbar und existenziell betroffen. Viele Förderstiftungen sehen sich in der Verantwortung und stehen ihren Förderpartnerinnen und Förderpartnern in dieser Ausnahmesituation zur Seite. Der Arbeitskreis Förderstiftungen im Bundesverband Deutscher Stiftungen hat einen Aufruf gestartet, die Förderung aufrecht zu erhalten. Stand heute haben 64 Stiftungen, soziale Investoren und Geldgeber und Geldgeberinnen den Aufruf unterzeichnet
 

(Bürger-)Stiftungen helfen vor Ort
Die Umstellung des öffentlichen Lebens ist umfassend, die Bedrohung real, die Aufgaben zahlreich. Bürgerstiftungen engagieren sich in dieser Krisenzeit auf vielfältige Weise in ihrem jeweiligen Umfeld – sei es durch Hilfsfonds, die Verteilung von Lebensmitteln oder anderes ehrenamtliches Engagement.

Zahlreiche weitere Stiftungen bieten lokale Unterstützung und organisieren konkrete Nachbarschaftshilfe, wie etwa die Stiftung "Ecken wecken" in Leipzig oder die nebenan-Stiftung.
 

Kunst kennt keinen Shutdown
Durch die massenhaften Absagen von Konzerten, Theateraufführungen und anderen Veranstaltungen gerät eine Infrastruktur in Gefahr, von der unsere Kulturlandschaft in Deutschland lebt. Zahlreiche Kulturschaffende stehen vor existenziellen Nöten. Viele Stiftungen üben Solidarität dadurch, dass sie bisherigen Projekt- und Kooperationspartnern die Treue halten und Künstlerinnen und Künstler in ihrem nahen und weiteren Umfeld unmittelbar unterstützen. Beispielhaft sei die Initiative "Kunst kennt keinen Shutdown" der Hamburgischen Kulturstiftung genannt, für die bislang mehr als 400.000 Euro gesammelt werden konnten.
 

Internationale Initiativen
Auf der ganzen Welt koordinieren Stiftungsverbände und Organisationen ihre Arbeit, im Bewusstsein und mit dem Ziel, die Krise gemeinsam zu überwinden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) koordiniert die weltweiten Anstrengungen gegen die Ausbreitung des Corona-Erregers ab. Mit der Stiftung für die Vereinten Nationen und der Stiftung Swiss Philanthropy hat die WHO nun den "COVID-19-Fonds" ins Leben gerufen, der die bedürftigsten Länder im Kampf gegen Corona unterstützt. Deutsche Förderer können unter anderem über die DSZ – International Giving Foundation unbürokratisch für den Fonds der WHO spenden: Für ihr internationales Engagement erhalten sie eine inländische Zuwendungsbestätigung.

 

Der Bundesverband Deutscher Stiftungen vertritt die Interessen der Stiftungen in Deutschland. Er hat mehr als 4.500 Mitglieder. Über Stiftungsverwaltungen sind ihm 8.400 Stiftungen mitgliedschaftlich verbunden. Damit sind rund drei Viertel des deutschen Stiftungsvermögens im Bundesverband Deutscher Stiftungen organisiert. Der größte und älteste Stiftungsverband in Europa ist das anerkannt führende Kompetenzzentrum für Stiftungen.

Der Stifterverband ist die Gemeinschaftsinitiative von Unternehmen und Stiftungen, die als einzige ganzheitlich in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Innovation berät, vernetzt und fördert. Er ist zugleich Förderer des Stiftungswesens und Treuhänder privater Stiftungen. Seine Kompetenz rund um das Stiftungswesen hat der Stifterverband in seiner Tochter, dem Deutschen Stiftungszentrum (DSZ), gebündelt.

Pressekontakt

Anke Meis (Foto: Sven Lorenz)

Anke Meis

ist Leiterin des Bereiches "Kommunikation & Marketing" im Deutschen Stiftungszentrum.

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Ansprechpartner beim
Bundesverband Deutscher Stiftungen:

Dr. Mario Schulz
Leiter Themenmanagement
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