Mit Beginn der COVID-19-Pandemie wurden statistische Fragen plötzlich alltagsrelevant für jeden Bürger: Lockdown oder schwedisches Modell? Ist die Verdopplungszeit aussagekräftiger oder die Reproduktionszahl? Wie viele unbemerkte Infektionen gibt es? Hinzukommen Unsicherheitsfaktoren und ein Dilemma, das Forscher beim Ringen um Vertrauen in der Bevölkerung umtreibt: Wie offen kann man die Wahrscheinlichkeit von Fehlern kommunizieren, ehe man Vertrauen verliert?
In dem aktuellen Arbeitspapier des Hochschulforums Digitalisierung werden einige der praktischen wie ethischen Probleme kommentiert, vor denen sich Datenwissenschaftler bei der Kommunikation von Infektionszahl-Modellen sehen. Nur eins ist sicher: Keines der Modelle kann ausnahmslos richtig sein. Doch genau diese Modelle sind die wissenschaftlichen Stützen für politische Abwägungen. Was muss getan werden, um die Pandemie zu überstehen? Bei dieser existenziellen Frage entscheiden nicht-Daten-Experten datenbasiert.
Das englischsprachige Arbeitspapier benennt auch kulturelle Unterschiede und rechtliche Aspekte. So wäre beispielsweise eine Überwachung von möglichen Infizierten wie in China in Europa sowohl gesellschaftlich inakzeptabel als auch datenschutzrechtlich undenkbar.
"Die Corona-Krise hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig grundlegende Datenkompetenzen sind – plötzlich sind R-Faktor, Wahrscheinlichkeiten von Ansteckung und Risikoberechnungen für uns alle relevant", sagt Johanna Ebeling, Programmmanagerin für Data Literacy Education beim Stifterverband. "In unserem Arbeitspapier zeigen wir an aktuellen Beispielen warum Datenkompetenzen notwendig sind und was eine Data-Literacy-Bildung umfasst."
Das Arbeitspapier basiert auf dem deutschen Data-Literacy-Kompetenzrahmen des Hochschulforums Digitalisierung und macht die Erkenntnisse für internationale Lehre zugänglich.
Das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) orchestriert den Diskurs zur Hochschulbildung im digitalen Zeitalter. Als zentraler Impulsgeber informiert, berät und vernetzt es Akteure aus Hochschulen, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das HFD wurde 2014 gegründet. Es ist eine gemeinsame Initiative des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Gefördert wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.