Die gemeinsame Studie des Stifterverbandes und der Heinz Nixdorf Stiftung "Informatik für alle!" weist nach: Schülerinnen und Schüler aus den Bundesländern mit Pflichtfach Informatik haben im bundesweiten Vergleich die besten digitalen und informatischen Kompetenzen. Bedeutend weniger Kompetenzen weisen Jungen und Mädchen auf, die nur fächerintegrativen, Wahl- oder gar keinen Informatikunterricht erfahren.
Die Ergebnisse der Studie zeigen darüber hinaus: Informatikunterricht zahlt vor allem auch auf übergeordnete bildungspolitische Ziele ein. Ein Pflichtfach Informatik fördert die Geschlechter- und Chancengerechtigkeit. Während es bei digitalen und informatischen Kompetenzen zwischen den Geschlechtern in Bundesländern ohne Pflichtfach Informatik deutliche Unterschiede gibt, sind diese in Bundesländern mit Pflichtfach Informatik nahezu ausgeräumt. Auch die Kompetenzen im Bereich Digitales und Informatik gleichen sich mit einem entsprechenden Pflichtfach unabhängig vom sozioökonomischen Status an. Hier sind die Effekte allerdings kleiner, daher sind weitere Analysen notwendig.
Um allen Kindern die gleichen Chancen zu bieten, fordert der Stifterverband, sechs Wochenstunden Informatik als Pflichtfach in allen Bundesländern und Schulformen verteilt über die gesamte Sekundarstufe I einzuführen. Das heißt: Beginnt die Sekundarstufe I in der 5. Klasse sollte bis zur 10. Klasse pro Schuljahr eine Wochenstunde Informatik unterrichtet werden. Aktuell ist in Deutschland die Möglichkeit, digitale und informatische Kompetenzen im Schulunterricht zu erlangen, ungerecht verteilt.
"Man mag es kaum glauben: In der gerade veröffentlichten Digitalstrategie Deutschland gibt es nicht einen einzigen Satz zur Informatik-Bildung in der Schule. Digitale und informatische Kompetenzen sind aber die essenzielle Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft", fasst Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes, die Ergebnisse der Studie zusammen und verweist auf die hohe Bedeutung informatischer Kompetenzen: "Wir müssen diese Kompetenzen endlich als Allgemeinbildung, Zukunftsvorsorge und wirkungsvollen Beitrag zur Chancengerechtigkeit verstehen. Dem muss die Politik so schnell wie möglich nachkommen und Informatik als Pflichtfach in allen Bundesländern für alle Schulformen der Sekundarstufe I einführen. Unterschiedliche Lehrpläne in den Bundesländern dürfen nicht über die Berufschancen entscheiden."
Denn Deutschland gleicht hinsichtlich des Informatikunterrichts in Sekundarstufe I einem Flickenteppich. Das verdeutlichen die Ergebnisse des zweiten Diskussionspapiers von Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung "Informatikunterricht: Lückenhaft und unterbesetzt". Vorreiter im Informatikunterricht sind Mecklenburg-Vorpommern (eine Stunde pro Schuljahr von Klasse 5 bis 10, das heißt sechs Wochenstunden verteilt auf die gesamte Sekundarstufe I) und Sachsen (vier Wochenstunden verteilt auf die gesamte Sekundarstufe I). Bundesländer wie das Saarland, Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein oder auch Bayern planen mehr Verbindlichkeit, Pilotprojekte und/oder eine Ausweitung des Faches. Aus anderen Bundesländern sind dagegen öffentlich keine entsprechenden Pläne bekannt.
Eine große Herausforderung, allen Kindern die gleichen Chancen einzuräumen, ist der massive Lehrkräftemangel. Der Stifterverband hat erstmals die Zahl der Lehrbefähigungen in Informatik über die Bundesländer hinweg zusammengetragen. Demnach gibt es deutschlandweit etwa 10.000 ausgebildete Lehrkräfte an weiterführenden Schulen. Für die notwendige Einführung eines deutschlandweiten Pflichtfaches Informatik auf Spitzenniveau ab der Sekundarstufe I – wie in Mecklenburg-Vorpommern – werden bundesweit mindestens 27.000 Lehrkräfte benötigt. Die große Lücke von 17.000 Lehrkräften kann mit rund 360 Absolventinnen und Absolventen im Jahr in naher Zukunft nicht geschlossen werden.
"Das derzeitige Momentum, Informatikunterricht flächendeckend einzuführen, darf nicht verspielt werden. Die Länder müssen nun dafür sorgen, über viele kreative Puzzlesteine eine gute Vermittlung von Informatik in den Schulen sicherzustellen", sagt Horst Nasko, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Heinz Nixdorf Stiftung. "Das kann beispielsweise über gute Konzepte zur Nachqualifizierung derzeitiger Lehrkräfte aus anderen Fächern geschehen oder durch intensive Werbung für das Lehramt Informatik, aber auch durch Entlastungen derzeitiger Informatiklehrkräften von anderen Aufgaben. Informatik bestimmt immer mehr unsere Arbeits- und Lebenswelt, darauf müssen wir unsere Kinder so gut wie möglich vorbereiten."
Fazit: Informatik als Pflichtfach für alle Kinder ab der Sekundarstufe I in allen Bundesländern und Schulformen ist die Voraussetzung, Chancengleichheit zu fördern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dafür müssen mehr Studierende für das Informatiklehramt gewonnen, die Abbruchquote gesenkt und der Quereinstieg in das Lehramt Informatik erleichtert werden. Darüber hinaus ist es wichtig die Datenlücken rund um den Informatikunterricht zu schließen. Durch unterschiedliche Datenerhebungen ist ein bundesweiter Vergleich sehr komplex und ungenau.
leitet das Handlungsfeld "Bildung & Kompetenzen" und das Fokusthema "Future Skills verankern".
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