"Bei den Unternehmen gibt es ein verfestigtes Selbstverständnis, sich aktiv in die Gesellschaft einbringen zu wollen", erklärte ZiviZ-Programmleiter Joris-Johann Lenssen. "Selbst wenn die Unternehmen ihr Engagement krisenbedingt für eine gewisse Zeit zurückfahren müssen, kehren sie, sobald es wieder möglich ist, zum vorherigen Niveau zurück."
Auffällig ist, dass die Unternehmen der Studie zufolge vermehrt eigene Projekte auch in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen auflegen, was belegt, dass die Unternehmen selbst gesellschaftsgestaltend tätig werden wollen. Dazu passt der Wunsch der Unternehmen, sich verstärkt gesellschaftspolitisch nach außen erkennbar positionieren zu wollen.
Nach der Motivation für ihr Engagement befragt, wird deutlich, dass die Unternehmen sich in Zeiten des Bewerbermarktes vor allem an den Werten aktueller und potenzieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientieren. Zwar spielen neben der Wohltätigkeit auch Image- und Reputationsgründe eine Rolle, Dreh- und Angelpunkt bleiben demnach aber die Beschäftigten.
64 Prozent der deutschen Unternehmen haben sich dem Monitor Unternehmensengagement zufolge im Rahmen der Ukrainehilfe engagiert. Bei den Großunternehmen waren es sogar 81 Prozent.
Neben der Hilfe für Geflüchtete hatten die Unternehmen bei ihrem Engagement 2022 erneut vor allem Kinder und Jugendliche im Fokus. Bei den einzelnen Themenbereichen des Unternehmensengagements lässt sich in der Befragung eine deutliche Interessenverlagerung feststellen. Im Jahr 2022 gaben die Unternehmen an, dass sie sich insbesondere für Sport (53 Prozent), Soziales (44 Prozent), Bildung und Weiterbildung (39 Prozent), Klima- und Umweltschutz (30 Prozent) sowie Wissenschaft und Forschung (14 Prozent) engagieren. Damit ging seit 2018 das Engagement im Bildungs- und Forschungsbereich um zwölf beziehungsweise sieben Prozentpunkte zurück und stieg Bereich im Klima- und Umweltschutz um zwölf Prozentpunkte und Gesundheit um sieben Prozentpunkte an.
KEY FINDINGS
Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes, mahnte vor diesem Hintergrund, dass die entscheidenden Zukunftsthemen unseres Landes kein Nullsummenspiel sein dürfen: "Die Unternehmen konzentrieren sich aktuell auf die großen Themen Nachhaltigkeit, Gesundheit oder Klimaschutz. Gleichzeitig schrumpft das Engagement in den entscheidenden Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung. Diese Investitionen wären aber gerade jetzt maßgeblich und zukunftsweisend. Nur mit exzellent ausgebildeten Fachkräften und den richtigen Rahmenbedingungen für Innovationen lassen sich die großen Transformationen unserer Gesellschaft in den kommenden Jahren erfolgreich gestalten."
Neben dem gesellschaftlichen Engagement werden im Monitor Unternehmensengagement auch Daten zur Verantwortung der Unternehmen für ihr Kerngeschäft erfasst. Dabei geht es vor allem um das Thema Nachhaltigkeit. 58 Prozent der deutschen Unternehmen kennen nach eigenen Angaben zur Halbzeit der Agenda 2030 die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) nicht in ihrem unternehmerischen Kontext, übernehmen aber dennoch Verantwortung in unterschiedlichen Nachhaltigkeitsbereichen.
Eindeutig ist das Ergebnis des Monitors beim Thema Berichtserstattung: Die vom Gesetzgeber vorangetriebene nichtfinanzielle Berichterstattung führt zwar zu mehr Transparenz, führt allein aber weder zu mehr Engagement noch zu einer verstärkten Verantwortungsübernahme oder einer verbesserten Wirkungsmessung bei den Unternehmen.
Der Monitor Unternehmensengagement ist eine repräsentative Umfrage, die seit 2018 in regelmäßigen Abständen in Zusammenarbeit von Bundesministerium des Innern, ZiviZ im Stifterverband und der Bertelsmann Stiftung durchgeführt wird. In einer repräsentativen Erhebung werden kleine, mittlere und große Unternehmen in Deutschland zu einer Vielzahl von Themen im Zusammenhang mit unternehmerischem Engagement and angrenzenden Themen befragt. Dazu zählen unter anderem Themen wie Spenden, Corporate Volunteering, Zielgruppen und Themen des Engagements, nachhaltige Transformation, nichtfinanzielle Berichterstattung und die Relevanz der SDGs.
Der Stifterverband ist die Gemeinschaftsinitiative von Unternehmen und Stiftungen, die als einzige ganzheitlich in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Innovation berät, vernetzt und fördert. Der Stifterverband verkörpert seit 1920 die gemeinsame Verantwortung der deutschen Unternehmen für eine zukunftsfähige und lebenswerte Gesellschaft.
ZiviZ im Stifterverband ist ein Think & Do Tank und arbeitet analysierend, beratend und vernetzend eng mit NGOs, Stiftungen, Ministerien, Verbänden und Unternehmen zusammen.
Programmleiter Unternehmen für Gesellschaft
bei ZiviZ im Stifterverband