Presse (Headerbild)

Wissenschaftspreis für Mikrobiologen Jörg Overmann

15.11.2022

Der Wissenschaftspreis des Stifterverbandes "Forschung in Verantwortung" geht in diesem Jahr an Jörg Overmann, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen sowie Professor an der Technischen Universität Braunschweig. Die Auszeichnung würdigt die Arbeiten des Mikrobiologen zur Biodiversität von Mikroorganismen sowie sein Engagement zum fairen Interessenausgleich bei der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzung der biologischen Vielfalt weltweit.

Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird im Rahmen der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft am 23. November 2022 verliehen.

Wissenschaftspreis "Forschung in Verantwortung" (Logo)

Jörg Overmann gehört zu den renommiertesten deutschen Mikrobiologen. Er erhält den Wissenschaftspreis in Würdigung seiner wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der mikrobiellen Diversität und seines Engagements für die Biodiversitätsforschung. Overmanns wissenschaftliches Werk widmet sich der biologischen Vielfalt von Mikroorganismen und spannt sich von Tiefseebakterien und ihrer Rolle im Kohlenstoffkreislauf bis zum Einfluss von Bakteriengemeinschaften an Pflanzenwurzeln.

Seine Forschungsergebnisse schlagen sich in mehr als 300 Publikationen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften nieder. Jörg Overmann ist es zudem vielfach gelungen, zuvor nicht kultivierbare Bakterienarten im Labor zu vermehren und sie damit überhaupt erst für die Forschung und Entwicklung zugänglich zu machen. Damit verkörpert er zugleich die Mission des von ihm geleiteten Leibniz-Instituts DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen: Neben der Forschung zu Mikroorganismen widmet sich das Institut der wichtigen Aufgabe, diese zu sammeln, zu kultivieren und sowohl für die akademische Forschung als auch für die wirtschaftliche Entwicklung zugänglich zu machen. Dazu wurde an der DSMZ die Datenbank BacDive etabliert, die die weltweit einzige öffentliche Ressource mit standardisierten und qualitätskontrollierten phänotypischen Daten zu allen bekannten Bakterienarten ist. 

Die Erforschung und Nutzung genetischer Ressourcen steht vor rechtlichen und ethischen Herausforderungen, wenn es um einen geregelten Zugang, einen gerechten Vorteilsausgleich sowie die Berücksichtigung des Artenschutzes geht. Diese Ziele, die völkerrechtlich im Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) und dem darauf aufbauenden Nagoya-Protokoll geregelt sind, gestalten sich für Mikroorganismen oft komplizierter als für sonstige Lebewesen. Auf der Grundlage seiner eigenen langjährigen Forschungstätigkeit im südlichen Afrika und in Lateinamerika widmet sich Jörg Overmann seit geraumer Zeit der Anwendung der Prinzipien von CBD und Nagoya-Protokoll auf Mikroorganismen. Im Fokus steht hier das Ziel, den offenen Zugang zu lebenswissenschaftlichen Daten wie etwa digitalen Sequenzinformationen weltweit aufrecht zu erhalten und negative Umwälzungen in den Lebenswissenschaften abzuwenden. Hier hat Jörg Overmann zusammen mit einer Gruppe internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 18 Ländern mit der Einrichtung eines multilateralen Fonds zum Vorteilsausgleich bei gleichzeitig beibehaltenem freiem Datenzugang eine Lösung vorgeschlagen.

Jörg Overmann (Foto: Michael Hübner/DSMZ)
Foto: Michael Hübner/DSMZ
Der Preisträger Jörg Overmann

 
"Mit Jörg Overmann zeichnen wir einen exzellenten Wissenschaftler aus, der mit seinen großartigen Forschungsarbeiten in die Gesellschaft wirkt und auf ganz besondere Weise Verantwortung übernimmt“, betont Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes. "Vor allem sein herausragendes Engagement, Forschungsdaten in dem Bereich Lebenswissenschaften zu öffnen, ist beispielhaft. Jörg Overmann hat durch seine Arbeit eine weltweit einzigartige, freizugängliche Datenbank etabliert. Damit leistet er einen außerordentlichen Beitrag für die globale Erforschung der Biodiversität."

Die Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft, Martina Brockmeier, ergänzt: "Jörg Overmann engagiert sich weit über sein eigenes Arbeitsgebiet hinaus für die Anliegen der lebenswissenschaftlichen Forschung und für ihre gesellschaftliche Wirksamkeit. In internationalen Gremien und in der Politikberatung setzt er sich dabei gleichermaßen für ein faires Verfahren in der Nutzung von genetischen Ressourcen ein als auch dafür, dass Forschung ihrer gesellschaftlichen Bedeutung – zum Beispiel durch die Entwicklung neuer Medikamente – gerecht werden kann. Jörg Overmann ist damit ein hervorragendes Beispiel für einen Wissenschaftler, der in und für die Forschung Verantwortung übernimmt."

Prof. Dr. Jörg Overmann studierte Biologie an den Universitäten Bochum und Freiburg. Er wurde 1991 an der Universität Konstanz im Fach Mikrobiologie promoviert. Es folgten wissenschaftliche Stationen als Postdoc in Vancouver (Kanada), als wissenschaftlicher Assistent in Oldenburg, wo sich Overmann 1999 habilitierte, sowie als Professor für Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit dem Jahr 2010 ist Jörg Overmann wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig und ordentlicher Professor für Mikrobiologie an der Technischen Universität Braunschweig. Zum vielfältigen Engagement Overmanns zählen unter anderem die Mitgliedschaft in der Ständigen Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft für Grundsatzfragen der biologischen Vielfalt, die Funktion des Präsidiumsbeauftragten der Leibniz-Gemeinschaft für Ethik der Forschung sowie des stellvertretenden Sprechers des Leibniz-Forschungsnetzwerks Biodiversität.

Der Wissenschaftspreis des Stifterverbandes "Forschung in Verantwortung" ist mit 50.000 Euro dotiert und wird auf Vorschlag der Leibniz-Gemeinschaft für hervorragende Gesamtleistungen von Forscherinnen und Forschern vergeben, die sich durch besondere gesellschaftliche Relevanz und gute Umsetzbarkeit auszeichnen. Durch die Preisvergabe sollen die Leistungen der Wissenschaft für die Allgemeinheit sichtbar werden. Preiswürdig sind Forschungsarbeiten, deren Ergebnisse die Grundlagen für innovative Anwendungen in Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft bilden. Der Preis wird alle zwei Jahre im Rahmen der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft verliehen.

Pressekontakt

Peggy Groß (Foto: Marcel Schwickerath)
Peggy Groß (Foto: Marcel Schwickerath)
©

Peggy Groß

ist Pressesprecherin des Stifterverbandes.

T 030 322982-530

E-Mail senden

Ansprechpartner am Leibniz-Institut DSMZ –
Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen:

PhDr. Sven-David Müller
T 0531 2616-300
E-Mail senden
 

Ansprechpartner bei der Leibniz-Gemeinschaft:

Christoph Herbort-von Loeper
T 030 206049-471
E-Mail senden

 

Im Stifterverband haben sich rund 3.000 Unternehmen, Unternehmensverbände, Stiftungen und Privatpersonen zusammengeschlossen, um Wissenschaft und Bildung gemeinsam voranzubringen. Mit Förderprogrammen, Analysen und Handlungsempfehlungen sichert der Stifterverband die Infrastruktur der Innovation: leistungsfähige Hochschulen, starke Forschungseinrichtungen und einen fruchtbaren Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert der Stifterverband jährlich eine Viertelmillion junger Talente. Darüber hinaus betreut er rund 670 Stiftungen mit einem Gesamtvermögen von mehr als drei Milliarden Euro.

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 97 eigenständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen unter anderem in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen knapp 21.000 Personen, darunter etwa die Hälfte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.

Das Leibniz-Institut DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH ist die weltweit vielfältigste Sammlung biologischer Ressourcen (Bakterien, Archaea, Protisten, Hefen, Pilze, Bakteriophagen, Pflanzenviren, genomische bakterielle DNA sowie menschliche und tierische Zellkulturen). An der DSMZ werden Mikroorganismen sowie Zellkulturen gesammelt, erforscht und archiviert. Als Einrichtung der Leibniz-Gemeinschaft ist die DSMZ mit ihren umfangreichen wissenschaftlichen Services und biologischen Ressourcen seit 1969 globaler Partner für Forschung, Wissenschaft und Industrie. Die DSMZ ist als gemeinnützig anerkannt, die erste registrierte Sammlung Europas (Verordnung (EU) Nr. 511/2014) und nach Qualitätsstandard ISO 9001:2015 zertifiziert. Als Patenthinterlegungsstelle bietet sie die bundesweit einzige Möglichkeit, biologisches Material nach den Anforderungen des Budapester Vertrags zu hinterlegen. Neben dem wissenschaftlichen Service bildet die Forschung das zweite Standbein der DSMZ. Das Institut mit Sitz auf dem Science Campus Braunschweig-Süd beherbergt mehr als 82.000 Kulturen sowie Biomaterialien und hat rund 200 Beschäftigte.