In Deutschland erhalten zu wenige Schülerinnen und Schüler Informatik­unterricht

Grundlegende digitale und informatische Kompetenzen sind heutzutage unabdingbar. Im vergangenen Schuljahr besuchte allerdings nur jedes vierte Schulkind der Klassenstufen 5 bis 10 (Sekundarstufe I) einen verpflichtenden Informatikunterricht. Das zeigt der heute veröffentlichte Informatik-Monitor 2023/24 von Gesellschaft für Informatik, Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung.

17.10.2023

Im vergangenen Schuljahr haben lediglich 24 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I in Deutschland Informatik als Pflichtfach besucht. Es offenbaren sich weiterhin große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Zwar steigt mit dem Schuljahr 2023/24 die Zahl der Bundesländer, die einen verpflichtenden Informatikunterricht anbieten, von fünf auf sieben. Aber in den übrigen Bundesländern findet verbindlicher Informatikunterricht nach wie vor nur an einzelnen Schulen oder als Wahlfach statt.

Christine Regitz, Präsidentin der Gesellschaft für Informatik: "Die ständige wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz hat einen verbindlichen Informatikunterricht in der Sekundarstufe I im Umfang von zunächst vier und perspektivisch sechs Wochenstunden empfohlen. Das heißt: Beginnt die Sekundarstufe I in der 5. Klasse, sollte bis zur 10. Klasse pro Schuljahr eine Wochenstunde Informatik unterrichtet werden. Der Informatik-Monitor zeigt: Dieses Ziel liegt noch in weiter Ferne. Während einige Bundesländer Fortschritte machen, durchlaufen Schülerinnen und Schüler in vielen anderen Bundesländern die Sekundarstufe I ohne verpflichtenden Informatikunterricht."

Volker Meyer-Guckel, Generalssekretär des Stifterverbandes: "Es ist ermutigend zu sehen, dass die Bundesländer nach und nach dazu übergehen, Informatik als Allgemeinbildung zu begreifen. Durch eine stärkere Verankerung in den Lehrplänen der Sekundarstufe leisten sie einen wirksamen Beitrag zur Chancengleichheit. Dennoch gibt es in verschiedenen Bundesländern noch Lücken in den Lehrplänen. Die Schülerinnen und Schüler laufen Gefahr, die Schule ohne grundlegende digitale und informatische Kompetenzen zu verlassen. Erfolgschancen auf dem Arbeitsmarkt insbesondere bei Frauen sollten nicht davon abhängen, in welchem Bundesland man aufwächst."

Horst Nasko, Vorstand der Heinz Nixdorf Stiftung: "Die jüngsten Entwicklungen im Bereich des verpflichtenden Informatikunterrichts zeigen, dass die Bundesländer zunehmend Wege finden, neue Unterrichtsinhalte in die Stundentafeln zu integrieren. Allerdings stellt der Mangel an Informatiklehrerinnen und -lehrern nach wie vor ein wesentliches Hindernis für die Umsetzung dieses Unterrichts dar. Die künftigen Lehramtsabsolventinnen und -absolventen werden den wachsenden Bedarf nicht decken können. Im Kampf gegen den Mangel an Informatiklehrkräften brauchen wir kreative Lösungen für die Weiterbildung vorhandener Lehrkräfte, zum Beispiel durch den Ausbau von ortsunabhängigen Weiterbildungskursen."

Die Bedeutung verpflichtenden Informatikunterrichts unterstreichen auch Analysen des Stifterverbandes, die zeigen, dass verbindlicher Informatikunterricht in der Sekundarstufe I eine zentrale Rolle spielt, um insbesondere Mädchen für die Informatik zu begeistern: Während in Bundesländern ohne Pflichtfach Informatik Mädchen Kompetenznachteile gegenüber Jungen zeigen, sind diese in Bundesländern mit Pflichtfach Informatik ausgeglichen. In Bundesländern mit einem umfangreichen Pflichtfach Informatik in der Sekundarstufe I (Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen) belegen auch deutlich mehr Frauen Informatik in der Oberstufe.

 

Empfehlungen von GI, Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung

Um den Ausbau des Pflichtfachs Informatik weiter voranzutreiben, muss vor allem Raum in den Stundentafeln für das Fach geschaffen werden. Um eine Überbelastung der Schülerinnen und Schüler zu vermeiden, kann eine Aufstockung der Gesamtstundenzahl nicht die einzige Lösung sein. Mit seiner Aufstellung der Stundentafeln der Gymnasien aller Bundesländer schafft der Informatik-Monitor Transparenz darüber, wie sich die Stundentafeln der Bundesländer unterscheiden und wie einzelne Bundesländer den Informatikunterricht integriert haben.

Zudem müssen auch andere Möglichkeiten zur Gewinnung von Informatiklehrkräften ausgeschöpft werden. Über www.informatiklehrerin.de bietet die Gesellschaft für Informatik einen Überblick über die unterschiedlichen Wege in den Beruf sowie Beratungsangebote zu Weiterbildungen für bestehende Lehrkräfte. Erfolgreiche Modelle einzelner Bundesländer können dabei als Blaupause dienen. Zusätzlich sollten angehenden Lehrkräften Möglichkeiten zu einer ortsunabhängigen Qualifizierung (sprich: Online-Kurse) und Planungssicherheit (sprich: Verpflichtung zur Einführung des Pflichtfachs Informatik) gegeben werden.

 

Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) ist die größte Fachgesellschaft für Informatik im deutschsprachigen Raum. Seit 1969 vertritt sie die Interessen der Informatikerinnen und Informatiker in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik und setzt sich für eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung ein. Mit 14 Fachbereichen, über 30 aktiven Regionalgruppen und unzähligen Fachgruppen ist die GI Plattform und Sprachrohr für alle Disziplinen in der Informatik. Die GI hat sich Ethische Leitlinien gegeben, die ihren Mitgliedern als Orientierung dienen.

Der Stifterverband bringt engagierte Menschen, Unternehmen und Organisationen mit dem Ziel zusammen, das Bildungs- und Wissenschaftssystem wirksam und zielgerichtet zu verändern. So trägt er dazu bei, die Innovationskraft der Gesellschaft zu stärken. Er vertritt ein schlagkräftiges und einflussreiches Netzwerk aus mittlerweile 3.500 Unternehmen, Stiftungen, Wissenschaftsorganisationen und Privatpersonen, das sich nicht in unverbundenen Einzelmaßnahmen verliert, sondern systematisch Bildung und Wissenschaft mitgestaltet.

Die Heinz Nixdorf Stiftung unterstützt unterschiedliche soziale Projekte rund um Themen wie Technologie und Technik in Deutschland. Die Heinz Nixdorf Stiftung mit Sitz in München ist eine gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts, welche aus dem Nachlass des 1986 verstorbenen Geschäftsmannes Heinz Nixdorf hervorgegangen ist. Sie ist eng mit der Stiftung Westfalen verbunden, welche ebenfalls durch den Nachlass des Namensträgers begründet wurde.
 

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Peggy Groß (Foto: Damian Gorczany)

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