Gunter Dueck: Neodigitalisierung und Neoneodigitalisierung
Da hat man einmal alle Akten digitalisiert - und das war's? Von wegen! Das merken jetzt Banken und Versicherungen, die ihre Datenbestände für eine Technik aufbereitet haben, die veraltet.
Irrsinnige Summen bezeichnen heutzutage den Börsenwert von Unternehmen. Wie kann das sein? Gunter Dueck, Mathematiker und Philosoph, schaut einmal hinter die Logik der Aktienkurse. Und zeigt auf: Eine Milliarde ist gar nicht so viel wie sie scheint. Aber wie empfindlich ist der Kapitalmarkt durch das Jonglieren mit solchen Unsummen?
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Ich sehe das bei vielen Unternehmen, die regen sich ganz wahnsinnig auf, warum Tesla viel mehr wert ist als BMW oder so. Das wird immerzu diskutiert. Und dann sage ich: He, Leute, das muss man doch erklären können. Man kann doch nicht sagen: Alle amerikanischen Investoren sind blöde.
Warum ist Amazon Hunderte Milliarden wert oder Apple mehr als der ganze DAX fast? Oder Apple und Google, glaube ich, sind mehr als der ganze DAX wert. Wie kann das sein usw.? Wenn man das nicht erklären kann, muss man doch irgendwie einen Denkfehler haben. Oder die Investoren sind alle blöde, dass sie 400 Milliarden irgendwo reinpumpen. Und der Grund ist einfach, dass da sehr viele Hoffnungswerte noch drin sind, die werden langsam realisiert. Der Deutsche ist eigentlich nicht ... also, in Deutschland sind sie eigentlich immer nur auf den Gewinn drauf. Also, sie gucken, wieviel der Gewinn in der Firma ist und bewerten das innerlich danach. Aber wir haben Schwierigkeiten, hier eine Idee zu bewerten. Wenn es eine große Idee ist, die ist auch was wert. Also, das ist sozusagen ein Scheck auf die Zukunft, und das muss man irgendwie einschätzen können, und die Spekulanten machen da irgendwas da drüber. Das ist sehr variabel, ob die Idee gut ist oder nicht. Das wird mal hochgeschrieben, mal runter. Also, wenn jetzt einfach ein Tesla-Auto jemanden totfährt, der sich sogar falsch benommen hat, dann sinkt natürlich der Aktienkurs an dem Tag, sagen wir, zehn Prozent, und dann sind ein paar Milliarden weg. Und das fürchtet man. Also, man möchte irgendwie alles ganz gleichmäßig haben und nicht in diese volatilen oder schwankungshohen Gebiete rein.
Eine Firma von einer Milliarde Börsenwert ist nicht so besonders groß. Also, das ist auch sehr schwer zu bewerten, wieviel so eine Firma wert ist. Im Grunde schätzt der Investor eigentlich nur die Wahrscheinlichkeit, dass es was wird. Wenn es was wird, wird es Big Business. Und mit großer Wahrscheinlichkeit wird es nichts. So ist die Lage. Die Firmen selbst haben jetzt kaum Umsätze. Da steht dann drin, sie haben irgendwelche Einnahmen aus Forschungskooperationen. Das wird so in einer Gegend von 20, 30 Millionen liegen.
Eine Milliarde ist da nicht viel wert, weil man das ja vorher schätzt. Das sind also Firmen mit ein paar hundert Mitarbeitern. Da ist einfach die Idee schon da, und die haben die Fähigkeit, sozusagen das im Markt unter Umständen umzusetzen. Und wenn es was wird, ist eine Firma dann locker sowas wie 10, 20 Milliarden wert. Und das ist so eine Art Wette da drauf, dass es was wird. Das ist nicht sicher, dass es was wird, erstens. Zweitens gibt es mehrere Firmen. Da kann eine irgendwie in den Kosten 50 Prozent billiger liegen, weil bei erwarteten Kosten von 200.000 oder 100.000 macht das einen Unterschied, wenn das eine ein bisschen besser kann. Dann, wie gesagt, gibt es schon wieder neue Cas13d-Technologien von Neuen, da kommen dann neue Dinge. Und da sind sehr viele Risiken drin, aber eine Milliarde Börsenbewertung ist in Amerika nicht viel. In Deutschland findet man das schon relativ viel, weil dann so unsere DAX-Firmen, die sind relativ klein im internationalen Vergleich, weil die dann so Bewertungen von 30, 40 Milliarden haben, so ein normaler DAX-Konzern. Lufthansa hat, glaube ich, 15 oder so. Und dann denkt man: Wow, die sind schon eine Milliarde wert! Das ist gar nicht so viel. Die Idee wird einfach sehr, sehr hoch gehandelt.
Ich erlebe jetzt bei den deutschen Firmen oft, dass sie so voller Neid draufschauen. Sie sagen: Wir können das nicht machen so schnell, weil wir das Geld nicht haben. Das kriegen wir nicht von der Bank. Das Problem ist, dass der deutsche 100-Prozent-Privatbesitzer eigentlich nicht irgendwie die Herrschaft abgeben will. Er könnte sagen: Ich möchte für 20 Prozent meiner Firma eine Milliarde, und dann geht man rein in Batterie oder sowas. Das tun sie nicht. Also, ich sehe das besonders so bei großen Firmen, die im Privatbesitz sind. Sie sagen, sie wollen die Kontrolle nicht abgeben. Die möchten dann lieber einen Bankkredit haben. Da sagt die Bank: Das ist ein bisschen risky oder so. Und die Firma wollen sie auch nicht abgeben. Und da ist so eine deutsche Mentalität. Die sagen lieber: Ich möchte Herr im Haus sein und lieber 100 Prozent von meiner kleinen Firma sein. Dann kann das sein, wenn der Markt sich sehr wandelt so zu irgendwas anderem, dann sind sie gar nicht fähig, darauf zu reagieren. Weil reagieren würde bedeuten, dass ich plötzlich sehr viel Kapital freimache und dann mit echter Energie in eine andere Richtung gehe. Und diese Kapitalproblematik muss irgendwie durchbrochen werden. Da müssen sie irgendwie vielleicht einen anderen Mindset haben.
Ich habe ja auch mich mit so kleinen Firmen beschäftigt. Man muss dann, man kann nicht gleich sagen: Alle Leute sollen mal eine Milliarde einzahlen, dann reicht es für zehn Jahre. Das ist keine gute Idee, weil es ist so, dass der, der die Idee hat, versucht, mit möglichst wenig Geld viel aus der Idee rauszumachen, und dann kann er die Aktien teurer verkaufen. Also, wenn ich schon relativ viel von der Idee verwirklicht habe, dann kann ich sagen: Die Aktien kosten 100 Dollar. Und dann lebe ich so bis kurz vorm Tod und versuche, die Idee in der Zeit ganz schnell hochzupäppeln, und dann zahlt der nächste 200 Dollar und 300 Dollar, und dann kriege ich eigentlich das Geld besser, also, praktisch, es geht eigentlich um die Firmenbewertung die ganze Zeit. Das heißt, ich möchte viel Geld reinkriegen, um die Verluste am Anfang zu decken, aber ich muss die Idee schnell hochfahren, damit ich nicht zu viele Anteile der Firma weggeben muss. Sonst kommt ein Investor und sagt, er gibt mir Geld, aber er will 98 Prozent der Firma. Das sieht man bei der "Höhle des Löwen" immer sehr schön, weil da geht es immer darum: Wie groß ist die Idee und wieviel ist sie im Augenblick wert? Und wieviel Prozent der Firma ist jetzt das Kapital wert? Also, wieviel ist die Idee wert und wieviel sind die 100 Millionen dagegen zu werten? Sind 100 Millionen jetzt zehn Prozent der Firma, 20, 50 oder sowas? Und das heißt: Wenn man von seiner Idee überzeugt ist, versucht man, das Kapital so spät wie möglich zu bekommen, weil die Idee dann relativ wertvoller ist gegen die 100 Millionen, die man haben möchte. Das ist so eine Art Spiel. In diesem Spiel ist dann auch zu sehen der Dotcom-Crash von 2003. Da ist plötzlich das Vertrauen aus dem Markt so rausgenommen, also, einer hat das Ventil abgelassen, weil irgendwas kaputt gegangen ist. Und dann haben alle darauf gehofft, dass sie sich jetzt refinanzieren können für die nächste Verlustphase. Und dann ist praktisch der Markt ja zusammengebrochen, und dann haben die Leute gesagt: Wir geben jetzt nicht mehr 100 Millionen für zehn Prozent, sondern für alles. Dann will eigentlich gar keiner mehr Geld geben. Und dann sind sie alle pleite gegangen. Das ist der Nachteil. Wenn man sicher sein will, verdient man aber nicht so viel Geld, dann nimmt man sehr viel Geld ein und gibt sehr viel von seiner Firma davon ab. Das mögen die meisten Leute nicht so. Das ist so eine Art Spiel. Das kann so eine Massenpanik dann auslösen und einen Crash auslösen, muss man gucken.