Warum dominiert Mangelverwaltung das Bildungssystem? Politiker werden doch nicht müde zu betonen, wie entscheidend gute Schulen für unsere Gesellschaft sind. Schaffen wir es, dass die besten Köpfe vor der Klasse stehen? Wolf-Rüdiger Feldmann, Vorstandsmitglied der Franz Cornelsen Unternehmensstiftung, geht mit der Lehrerausbildung hart ins Gericht. Denn an vielen Hochschulen ist das Lehramtstudium nur das fünfte Rad am Wagen.
Jede Woche neu beim Stifterverband:
Die Zukunftsmacher und ihre Visionen für Bildung und Ausbildung, Forschung und Technik
Autorin: Corina Niebuhr
Produktion: Webclip Medien Berlin
für den YouTube-Kanal des Stifterverbandes
Wir haben eine gut entwickelte Gesellschaft in Deutschland. Und dennoch machen wir Fehler.
Einen der größten Fehler, den wir machen und den seit Jahrzehnten, ist, dass wir zu wenig Geld für das Thema Bildung ausgeben. Und das, was die Politik dazu erzählt, einfach falsch ist. Natürlich ist es so, dass Schule eigentlich in Deutschland mit Mangelverwaltung umgeht. Das betrifft die personelle Ausstattung. Das betrifft die sachliche Ausstattung. Und die Kritik, die ich an dieser Stelle äußern würde, wäre eigentlich die, dass wir bei den politischen Akteuren zu wenig Lösungsorientierung haben, zu viel Fokussierung auf die nächste Wahl, auf die Wiederwahl, und zu wenig Bereitschaft und Mut, auch Lösungen zu präsentieren, die möglicherweise schmerzhaft sind, weil sie Geld kosten. Weil sie unsere Gesellschaft an irgendeiner Stelle besonders fordern oder wie auch immer. Politik neigt dazu, Misserfolge als kleine Erfolge zu verkaufen. Und deswegen kann man auch immer wieder mit Spannung die Kommentare aus den einzelnen Bundesländern nach der Veröffentlichung von Vergleichsstudien lesen. Es wird an der Stelle viel überdeckt. Und natürlich können wir auch die Abiturientenquote steigern, indem wir die Anforderungen nach unten setzen. Auch das geht. Und können das dann als Erfolg verkaufen. Das führt uns nur gesellschaftlich nicht weiter.
Nur alleine der Ruf nach mehr Geld für das System bringt's natürlich nicht. Der ist nicht qualitätssteigernd. Der Schlüssel liegt, wie ich finde, im hochschulischen Bereich in der Lehrerausbildung. Wenn man sich überlegt, dass die Weichen für eine erfolgreiche, für eine möglicherweise, nennen wir sie allgemein: glückliche Biografie in der vorschulischen Phase, in der schulischen Phase letztendlich gestellt werden, dann wird klar, welche Rolle, welche Bedeutung auch für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung Lehrer haben. Und insofern ja braucht auch der wissenschaftliche Lehrkörper eine Beschäftigung mit der Frage: Wie wichtig sind uns eigentlich die Menschen, die später unterrichten? Und welche Relevanz und Bedeutung haben sie für uns? Das Lehramt darf kein Abfallprodukt einer Fakultät sein, sondern das muss in seinem Ranking hoch notiert werden und auch mit den entsprechenden Kompetenzen und auch mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden.
Warum gibt es in Deutschland keinen Bundesland übergreifenden Standard für die Ausbildung zum Lehrer? Und zwar nicht als Minimalkonsens so wie die Vergleichbarkeit von Abituraufgaben, wo man sich immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt, sondern als Maximalanforderung an die Universitäten, an die Seminare, an die Ausbildungsschulen. Warum gibt es keine Initiative der Wissenschaft zu sagen: Wir verständigen uns mal auf einen solchen Kanon und sagen: Das ist das, was wir erreichen wollen. Es ist ein kleiner Ansatz, der dafür sorgt, dass wir eine vergleichbare Lehrerausbildung kriegen, dass wir die Qualität an allen Hochschulstandorten in allen Bundesländern, die Lehrer ausbilden, nach oben entwickeln. Und das ganze empirisch begleiten, messen, Ergebnisse messen, hingucken: Was kommt am Ende dabei rum? Darüber kommunizieren und so den Standard in der Lehrerausbildung, den es nicht gibt, den peu-a-peu nach oben zu entwickeln. Das hielte ich für einen noch gangbaren Weg, der bis jetzt nicht gegangen wird, der auch nicht so wahnsinnig viel Geld kostet. Auf der anderen Seite steht die föderale Struktur und auch das Selbstverständnis der hochschulischen Lehre eben natürlich ein Stück weit entgegen. Das muss man ganz klar sehen. Aber an einem solchen Thema würde es sich lohnen, sich abzuarbeiten.