Zukunftsorientierte Lernräume

 
Vom Konzept bis zur Umsetzung: Eine gemeinsame Community of Practice, die Expertisen bündelt, um aktuellen Challenges zu begegnen – eine Initiative des Stifterverbandes und der Dieter Schwarz Stiftung innerhalb des Programms "Lernarchitekturen"

Lernarchitekturen (Logo)

 
Zukunftsorientierte Bildung braucht zukunftsorientierte physische Lernräume, die sich an entstehenden Bedarfen von Nutzerinnen und Nutzern und sich verändernden Lernformaten orientieren. Für die Entwicklung und Umsetzung solcher Räume gibt es noch keine Standardprozesse, aber in den Hochschulen sehr heterogen verteiltes Erfahrungswissen und Fachexpertisen. 

Die bestehenden Hochschulgebäude und Lernräume sind mehrheitlich nicht für neue, kompetenzorientierte Lehr-/Lernformate und Lehr-/Lernsettings ausgestattet und gestaltet, um situationsgerecht individualisiertes, kollaboratives, projektbasiertes, forschendes und digitales Lernen zu ermöglichen und zu fördern. Für eine sich ständig wandelnde Gesellschaft und zukünftige Arbeitswelt ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass hochschulische Lernräume diesen neuen Bedarfen Rechnung tragen und flexibel solche Lehr-Lernprozesse unterstützen.

In Neubau-, Umbau- sowie Umgestaltungsprozessen bedeutet dies, dass es neue Lernraumgestaltungsprozesse braucht, die von der vorherrschenden Norm der Leistungsphasen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Bauprozessen abweichen und sie erweitern. So können in einer vorbereitenden Leistungsphase (Leistungsphase 0) Bedarfsanalyse, Partizipationsprozesse, Visionsentwicklung und Bedarfsplanung angesiedelt werden. Eine weitere Leistungsphase (Leistungsphase 10) kann die Überprüfung und Optimierung physischer Lernräume im Bestand verstetigen sowie Evaluations- und Feedbackformate, das Ausbilden von Raumkompetenzen und die stetige Anpassung an sich weiterentwickelnde Bedarfe umfassen.

Hochschulen, die sich auf den Weg neuartiger Lernraumgestaltungprozesse machen, begegnen häufig ähnlichen Herausforderungen. Fehlende Prozessstrukturen zur Bedarfsanalyse zukünftiger Lernräume, mangelnde Ressourcen, unklare Verantwortlichkeiten oder wenig Wissen über lernfördernde Raumgestaltung sind einige von vielen Herausforderungen, die eine Transformation von Bestandsgebäuden zum zukunftsorientierten Campus sowie Neubau zukunftsorientierter Hochschulgebäude mit sich bringen.

 

Ziel der Community of Practice

Der Stifterverband und die Dieter Schwarz Stiftung möchten mit einer hochschulübergreifenden Lernraum-Community die praxisbezogenen Herausforderungen solcher Lernraumgestaltungsprozesse adressieren und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit etablieren.

Dafür wurden Expertinnen und Experten (Experts) von Hochschulen auf dem Gebiet der Lernraumgestaltung identifiziert und mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Hochschulen (Challengers) vernetzt. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an deutschen Hochschulen waren eingeladen, sich an diesem Call for Participation zu beteiligen. Auf der einen Seite konnten sie sich als Challengers mit einer konkreten Herausforderung ihrer Hochschule bewerben, die sie hinsichtlich der (Weiter-)Entwicklung und Umsetzung zukunftsorientierter Lernarchitekturen an ihrer Institution begegnen. Das Spektrum der Herausforderungen ist sehr divers, und es werden sowohl Neu- und Umbau als auch Umgestaltung im Bestand adressiert. Auf der anderen Seite waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeladen, sich als Experts zu bewerben, um ausgehend von den eingereichten Herausforderungen der Hochschulen zusammen mit den Challengers an gemeinsamen, institutionsübergreifend wirksamen Lösungsansätzen zu arbeiten, die auch für Hochschulen zur Verfügung gestellt werden, die nicht aktiver Teil der Community of Practice sind.

 

An der Community of Practice teilnehmende Hochschulen

Im Juni 2023 startete die Arbeit der Community of Practice. Es wurden insgesamt 15 Angehörige von Hochschulen ausgewählt, um gemeinsam Lösungsansätze und -konzepte (weiter) zu entwickeln.

Zu den Challengers, den Hochschulen, die herausragende Konzepte umsetzen wollen und vor Herausforderungen stehen, gehören:

Universität Hamburg

Herausforderung: Wie können agile Ansätze aus der Software-Entwicklung genutzt werden, um physische Lernräume reversibel zu gestalten, damit sie flexible Raumnutzung und didaktische Innovation ermöglichen?

Die Universität Hamburg steht vor der Aufgabe, eine digitale Lernlandschaft als Experimentierraum für didaktische Innovation aufzubauen. Dabei sollen partizipative Prozesse realisiert werden, um innovative Ideen für Lehr- und Lernprozesse sowie Raumkonzepte zu generieren. Der Ansatz des Projektteams ist es, agile Ansätze aus der Software-Entwicklung auf die Entwicklung physischer Lernräume zu übertragen. Als wesentlicher Aspekt ist die Erreichung einer großen Reversibilität der Räume hinterlegt, um flexibel auf technologische Veränderungen und neue Anforderungen reagieren zu können. Die Universität Hamburg hat die Entwicklung zukunftsorientierter Lernräume als strategisches Thema identifiziert, und die digitale Lernlandschaft soll als Prototyp in einem sanierten Altbau entstehen. Die Fertigstellung ist für Ende 2025 geplant. In einem partizipativen Prozess werden Lehrende sowie Fachplanerinnen und Fachplaner gemeinsam Konzepte für reversible leere Räume entwickeln, die eine flexible Raumgestaltung ermöglichen. Erste Workshops zur Konkretisierung der Raumgestaltung sind zurzeit in Planung. 

Begleitet wird die Challenge-Geberin Christina Schwalbe, Leiterin des Büros für digitale Lehre, von den Experts Christos Chantzaras, Managing Director Venture Lab Built Environment an der TU München, Julius Othmer, Leiter Projekthaus an der TU Braunschweig, und Janina Becker, Leiterin von The Basement am Leibniz-Institut für Bildungsmedien.

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau

Herausforderung: Wie können – mit einem kleinen Budget und minimalinvasiven Maßnahmen – bedarfsgerechte Pilotflächen für informelles studentisches Lernen an mehreren Hochschulstandorten gemeinsam mit Studierenden zügig konzipiert und umgesetzt werden?

Die Herausforderung der RPTU besteht darin, die vielfältigen studentischen Perspektiven, Erfahrungen und Expertisen zweier Standorte, Kaiserslautern und Landau, in einem hochschulweiten Prozess zur Entwicklung zukünftiger Lernräume zu integrieren. Hierfür wird eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe, die "Raumwandel AG", initiiert, um als Austausch- und Reflexionsforum für alle relevanten Stakeholder zu dienen. Die AG greift Impulse der Community of Practice auf und implementiert sie in ihre Prozesse. Dabei stehen die Ermittlung studentischer Bedarfe, die Identifikation von Räumen für informelles Lernen und die Begleitung der studentischen Raumwandel-Community im Fokus. Die Challenge liegt darin, einen großen Innovationsbedarf mit begrenzten finanziellen Ressourcen umzusetzen, indem bestehende Räume umgenutzt und umgestaltet werden.

Unterstützt wird die Challenge-Geberin Dr. Dorit Günther, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZIDiS, von den Experts Prof. Christine Gläser, Professorin für Informationsdienstleistungen, elektronisches Publizieren, Metadaten und Datenstrukturierung an der HAW Hamburg, und Diana Lucas-Drogan, Projektleitung Digital Innovation and Learning Lab an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.

Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm

Herausforderung: Wie gelingt eine erfolgreiche Errichtung eines SCALE-UP-Konzept-Raums, der aktivierenden Unterricht für große, studentische Anfängergruppen fördert, unter Berücksichtigung der Kompetenzerweiterung der Lehrenden?

Das Anliegen besteht darin, einen SCALE-UP Raum als Graswurzelbewegung umzusetzen und zu etablieren. Hierbei stellt sich die Frage, welche Parameter von Raumgestaltung in Betracht gezogen und welche Stakeholder überzeugt werden müssen. Außerdem spielen sowohl eine strategische Raum- und Vorlesungsplanung als auch die Initiierung eines Sinneswandels für neue Raumkonzepte eine entscheidende Rolle. Ziel ist es, Fakultäten und Dozierende zu gewinnen, um eine breite Nutzung und unterstützende Haltung für den Raum zu erreichen. Zwischenschritte wie IC, Just-in-Time-Teaching (JiTT) und Team-Teaching sollen den Weg zu SCALE-UP ebnen. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Frage, wie sichergestellt werden kann, dass SCALE-UP Räume den Lernerfolg marginalisierter Gruppen positiv beeinflussen. Zeitliche Raumbelegung und finanzielle Herausforderungen spielen dabei ebenfalls eine entscheidende Rolle. Dazu ist zu überlegen, auf welche Weise Drittmittel akquiriert werden könnten, um die finanziellen Herausforderungen für die Umsetzung der SCALE-UP Räume zu bewältigen.

Umfangreiche Expertise bekommt die Challenge-Geberin Prof. Dr. Christine Niebler, Professorin an der Fakultät Elektrotechnik Feinwerktechnik Informationstechnik, dabei von den Experts Prof. Dr. Marc Kirchbaum, Professor für Architekturtheorie und Entwerfen an der SRH Hochschule Heidelberg, und Prof. Dr. Tobias Schmohl, Professor für Hochschul- und Mediendidaktik im Fachbereich Medienproduktion an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe.

Hochschule RheinMain

Herausforderung: Wie sieht eine innovative Lernraumtypologie aus, die ganzheitliches Lernen fördert, Experimentierfreiraum öffnet und Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Hochschulidentität zusammendenkt? 

Mit dieser Frage steht die Hochschule RheinMain vor der Herausforderung, eine Lernraum-Typologie zu entwickeln, die ganzheitliches Lernen, didaktische Lernarrangements, (IT-)Infrastruktur, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und identitätsstiftende Räume berücksichtigt. Dabei gilt es, einen effektiven und partizipativen Prozess zu gestalten. Diese Initiative wird in Anbetracht umfangreicher Neubau- und Renovierungsmaßnahmen als zentraler Bezugspunkt dienen und die Kommunikation im Planungsprozess effizienter gestalten. Das erste Anwendungsprojekt ist die Gestaltung eines Neubauprojekts des LehrLernZentrums.  

Bei der Umsetzung werden die Challenge-Geberinnen Dr. Anika Limburg, Leiterin des LehrLernZentrums, sowie Gudrun Bolduan und Dr. Isabella Buck, Mitarbeiterinnen an der HSRM am Competence & Career Center, von den Experts Prof. Dr. Katja Ninnemann, Professorin für Digitalisierung und Workspace Management, Fachbereich 2 Ingenieurswissenschaften an der HTW Berlin), und Tobias Scheeder, Mitarbeiter der Fakultät für Architektur an der TH-Köln, begleitet.

Universität Vechta

Herausforderung: Wie lässt sich Campus durch neue kollaborative Verständigungsprozesse und partizipative Gestaltung von einem Vermittlungsort zu einem lebendigen Begegnungsort weiterentwickeln?

Die Universität Vechta plant die Entwicklung innovativer Lernräume (“Campus Spaces”), die kollaborative Lehr- und Lernformate fördern. Ziel dabei ist es insbesondere, das Innovationspotenzial dieser Räume für studentische Lernprozesse und kollaborative Lehr-Lernformate hochschulweit sichtbar und nutzbar zu machen sowie einen partizipativen Prozess für anstehende Baumaßnahmen unter den Bedingungen aktueller Raumknappheit zu etablieren. Dabei werden bereits bestehende Projekte wie "ViBeS" und "Zwischen:Räume" als Prototypen für Campus Spaces genutzt.

Die Herausforderung wird auch als Chance gesehen, ein studentisches Gesundheitsmanagement (SGM) mit der Lernarchitektur zu verknüpfen. Dies geschieht durch die visuelle Gestaltung der Räume, flexiblere, barrierearme Möblierung und gesundheitsfördernde Impulse zur Unterstützung der studentischen Lern- und Arbeitshaltung. Kurzfristig wird ein Seminarraum zu einem flexiblen Lehrraum umgestaltet. Mittelfristig entsteht ein offenes Zentrum für Lehre und Lernen, das moderne und flexible Lernmöglichkeiten mit multistilistischer und technologiegestützter Hochschullehre verbindet.  

Unterstützt wird der Challenge-Geber Lars Gerber, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektkoordinator Zwischen:Räume, von den Experts Prof. Dr. Carina Leue-Bensch, Professorin für Innovation and Corporate Entrepreneurships an der Hochschule Worms, und Prof. Dr. Bettina Mons, Professorin für Architektur, Planungstheorie und Projektsteuerung an der Hochschule Bielefeld.

Zu den Hochschulen, die innovative Raumkonzepte umgesetzt haben und ihre Expertise teilen, gehören:

  • Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
  • Hochschule Bielefeld
  • Technische Universität Braunschweig
  • Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
  • HAW Hamburg
  • SRH Hochschule Heidelberg
  • Technische Hochschule Köln
  • Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe
  • Technische Universität München
  • Hochschule Worms

 

Weiterführende Informationen zur Community of Practice

  • Während der Programmphase wird die Community of Practice in drei moderierten Peer-to-Peer-Veranstaltungen begleitet.
  • Die beteiligten Hochschulen werden mit jeweils 10.000 Euro gefördert, um Reisekosten und Ausfallkosten zu decken, ein Budget für Veranstaltungen und Aktivitäten im Rahmen der Communityarbeit zu stellen und die Umsetzung der Lernraumprojekte der Hochschule zu unterstützen.
  • Nicht ausgewählte Bewerberinnen und Bewerber werden in einen Pool aufgenommen und können bei Interesse als Sounding Board innerhalb der Programmphase für Feedback und Peer-Reviewing angefragt und eingesetzt werden.
  • Für die (Weiter-)Entwicklung der Lösungsansätze wird von den individuellen Herausforderungen der Hochschulen ausgegangen, um darauf aufbauend institutionsübergreifend wirksame Lösungen zu entwerfen.
  • Die Peer-to-Peer-Veranstaltungen unterstützen diesen Prozess und setzen den Rahmen der Zusammenarbeit, um den Fortschritt der Community of Practice zu konsolidieren, Raum für Austausch zu schaffen, Feedback zu geben und Impulse zu setzen. Die Durchführung der Veranstaltungen verfolgt einen Ansatz, der sich an den Bedürfnissen der beteiligten Stakeholder, der Idee der Kollaboration und an einer ganzheitlichen Betrachtung der jeweiligen Herausforderung orientiert.
  • In der ersten Peer-to-Peer-Veranstaltung finden sich die Challengers mit den Experts als Teams zusammen. Die folgenden Peer-to-Peer-Veranstaltungen dienen dazu, in eine Feed-Forward-Review mit den anderen Teams zu kommen und die mögliche Erprobung und Evaluation der Lösungsansätze in der Praxis zu diskutieren.
  • Die Teams arbeiten auch zwischen den Peer-to-Peer-Veranstaltungen zusammen und treiben die Entwicklung und Umsetzung der Lösungsansätze voran. Währenddessen gibt es punktuelle Unterstützung mit bilateralen Gesprächen und niedrigschwelligen Community-Formaten durch den Stifterverband.
  • Ziel ist es, die von den Teams entwickelten Lösungsansätze in aufbereiteter Form anderen Hochschulen für den Transfer zur Verfügung zu stellen.

 

Kontakt

Carlotta Esser

ist Programmmanagerin im Bereich 
"Programm und Förderung".

T 030 322982-545

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Silke Müller (Foto: Marcel Schwickerath)

Silke Müller

ist Programmmanagerin im Bereich
"Programm und Förderung".

T 0173 7674882

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